Kompromissloser Radikalismus - Gedenkfeier für getöteten CDU-Politiker gewürdigt
Bei einer Gedenkveranstaltung in der Kasseler Martinskirche versammelten sich etwa tausend Gäste, um Walter Lübcke, den fünf Jahre zuvor von einem rechtsextremen Täter ermordeten CDU-Politiker, zu ehren. Unter ihnen war der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der Lübcke, einen ehemaligen Kasseler Regierungschef, für seine Integrität als Demokrat und seine unerschütterliche Verpflichtung preisgab. "Wir hofften, dass Walter Lübcke weiterhin sein sei, was er bis zum 2. Juni 2019 war: ein moralisch sauberer Demokrat, der Verantwortung übernahm. Ein Politiker, der Veränderungen forderte, ein neugieriger und nachdenklicher Mensch. Ein Held", sagte Steinmeier.
Der unerschütterliche Stand als Demokrat führte zu seinem Tod. Steinmeier bezeichnete das Mordkomplott als rechtsextremistischen Terrorakt. "Walter Lübcke wurde uns am 2. Juni 2019 genommen, unter uns. Er starb, weil er unsere gesellschaftlichen Werte verteidigte." Also, dieses Ereignis war nicht nur für ihn, sondern für uns alle. Dennoch betonte Steinmeier: "Dieses Ereignis wird uns nie ruhig lassen."
Beim Gottesdienst forderte Steinmeier Einheit in der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus, das geht nicht von selbst. "Jedoch täglich beobachten wir Versuche, Anstand und die gemeinsame Gesellschaftsverständnis mit Worten zu verfälschen. Und oft gelingt es ihnen." Das schreckliche Nachspiel - physische Gewalt. Deshalb äußerte sich Steinmeier besorgt: "Besonders in den letzten Zeiten lesen wir und hören wir regelmäßig über engagierte Menschen und Amtsträger, die physisch angegriffen werden. Wir dürfen nicht Gewalt in politischen Auseinandersetzungen akzeptieren."
Um dies zu verhindern, rief Steinmeier zur Widerstandsinitiative auf, wenn Hass auftritt. "Das Anliegen, Hass zu bekämpfen, entsteht aus der Verantwortung, die wir alle tragen." Er glaubte, dass die Mehrheit in diesem Land demokratische Werte unterstützt, sagte der Bundespräsident.
Die Gedenkveranstaltung wurde von der Evangelischen Kirchengemeinde Kassel-Mitte, dem Kasseler Regierungspräsidium und der Vielfalt fördernden Initiative "Offen für Vielfalt" organisiert. Zu den Teilnehmern gehörten auch Angehörige von NSU-Terrorzellenopfern in Kassel sowie verschiedene Politiker, darunter der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU). Lübcke wurde am 2. Juni 2019 von dem rechtsextremen Stephan E. auf seinem Balkon in Wolfhagen-Istha erschossen. Der Grund - die Ablehnung von Lübcke's Asylpolitik-Position. Der Täter sitzt jetzt in Haft und dient lebenslänglich. Das Mordopfer markierte den ersten politisch motivierten Mord an einem bundesdeutschen Polizeipolitiker durch ein Neonazi.