Feiertage - „Früher gab es mehr Lametta“ – Wohnungspsychologin erklärt, warum uns Weihnachtsdekoration so wichtig ist
„Früher gab es mehr Lametta“ – so heißt es in einer berühmten Skizze. Haben wir in der Vergangenheit wirklich besser dekoriert – um Weihnachten und Advent besinnlicher und gemütlicher zu machen?
Barbara Perfahl: Mein Eindruck ist, dass der Umfang der Weihnachts- und Adventsdekoration heutzutage viel größer geworden ist. Früher sah die Weihnachtsdekoration in allen Wohnungen tatsächlich gleich aus. Einige Traditionalisten setzen stark auf Grün, Rot und Gold, während andere ein wenig davon abweichen und vielleicht ein oder zwei Rosa aufhängen. Aber im Grunde ist es sehr ritualistisch. Das Design sowie die zeremoniellen Aspekte der Gestaltung haben sich geändert und heute ist mehr als nur Adventsdekoration erlaubt. Vor dreißig Jahren hätte man einen Adventskranz wie den, den ich hier habe (eine Glasschachtel mit vier Kerzen), nicht als solchen angesehen.
Sie haben gerade Rituale erwähnt. Für viele Familien ist es Tradition, am 22. oder 23. Dezember gemeinsam ihre Weihnachtsbäume zu schmücken. Ist die Dekoration selbst nicht wichtig?
Im Kern ist das Ritual wichtig. Dekoration ist einfach ein Symbol, ein Bild oder das Ergebnis eines Rituals. Jeden Morgen schaue ich auf meine weihnachtlich geschmückte Wohnung und werde daran erinnert, dass wir uns im Advent befinden. Vielleicht schauen wir mit unseren Kindern auf den Adventskalender und erinnern uns an die schönen Momente der Weihnachtszeit unserer Kindheit. Was uns letztendlich die Sterne im Fenster, die Kugeln am Baum oder die Kerzen im Kranz so wichtig macht, ist nicht die Dekoration selbst, sondern das Ritual dahinter. Dekorationen bereiten uns auf Weihnachten vor und sorgen für gute Laune.
Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die früher dekorieren, glücklicher und voller Vorfreude auf Weihnachten sind.
Bei solchen Studien geht es immer um die Frage nach Ursache und Wirkung: Dekorieren Menschen früh, weil sie sich auf Weihnachten freuen, oder sorgt das Dekorieren für eine positive Stimmung? Aber: Rituale geben uns grundsätzlich Sicherheit. Weihnachten als Fest der Liebe und Familie hat für die meisten Menschen eine positive Konnotation. Deshalb dekorieren die Menschen Wochen im Voraus, um die Symbole dieses Feiertags in ihre Häuser zu bringen.
Manche Menschen neigen dazu, Perfektionisten zu sein, wenn es um Weihnachtsdekorationen geht. Bringt eine Renovierung also auch Frust mit sich?
Natürlich hängt es davon ab, wie wir verkabelt sind und welche Lebensbedürfnisse wir haben. Wenn es Ihnen zum Beispiel wichtig ist, dass Ihre eigenen vier Wände etwas repräsentieren und Sie eine dekorierte Wohnung als Repräsentation nutzen, neigen Sie vielleicht zu perfektionistischen Tendenzen. Dazu gehört unter Umständen auch, das Haus weihnachtlich perfekt zu dekorieren, und dann wird es noch mühsamer, was zusätzlich zu all den anderen Weihnachtsvorbereitungen für Stress und Frustration sorgen kann.
Eine Studie aus dem Jahr 1989 kam zu dem Schluss, dass unsere Nachbarn uns als freundlicher betrachten, wenn unsere Häuser zu Weihnachten schön dekoriert sind. Hängen wir also nicht eigentlich Weihnachtssterne für uns selbst auf?
Auch die Weihnachtsdekoration von Haus und Garten ist eine kleine Show. Ich habe eine Zeit lang in Hamburg gelebt und erinnere mich an ein Haus in der Nähe des Flughafens, das so geschmückt war, dass ich und viele andere das Haus an Heiligabend besuchen mussten. Sie hängen oder platzieren solche Dekorationen, um Aufmerksamkeit zu erregen oder Ihre eigenen künstlerischen Talente zur Schau zu stellen. In vielen Familien ist Weihnachten die Zeit im Jahr, in der alle Familienmitglieder zusammenkommen. Zu Hause empfängt man Besucher und das Haus soll die Gäste repräsentieren.
Im Laufe des letzten Jahrzehnts sind an vielen Orten ganze Straßen entstanden, weil die Menschen ihre Häuser aufs Äußerste dekoriert und sie in echte Weihnachtswunderländer verwandelt haben. Woher kommt die Liebe zu dieser kunstvollen Dekoration?
Es ist schwer zu sagen, warum das passiert. Natürlich können wir durch Reisen, Fernsehfilme oder Reportagen sehen, wie andere Länder zu Weihnachten dekorieren. Besonders vertraut sind uns die bunten Lichter im Garten und der große Weihnachtsmann aus Amerika. Auch hier übernehmen manche Menschen diesen Einrichtungsstil, weil er ihnen gefällt. Warum manche Menschen zu weit gehen, kann eine Form der Selbstdarstellung, ein Wettbewerb untereinander oder einfach nur ein Hobby sein.
Doch angesichts steigender Strompreise und der Energiekrise können viele Menschen möglicherweise nicht viele Lichterketten oder riesige leuchtende Figuren in ihren Gärten haben. Wenn es um Weihnachtsdekorationen geht, müssen viele von uns vielleicht etwas langsamer angehen. Wie wirkt sich das auf die Menschen aus?
Wie Sie sich vorstellen können, gehen viele Familien beim Dekorieren wirklich langsam vor. Wir werden uns stärker auf eine kontemplativere, minimalistischere und traditionellere Einrichtung konzentrieren. Es gibt keine riesigen Leuchtfiguren, sondern nur Bäume, Krippen und Adventskränze. Dadurch könnte sich Weihnachten optisch wieder besinnlicher anfühlen. Leben und Dekoration werden immer stark von dem beeinflusst, was in der Gesellschaft passiert. Die vergangenen Jahre der Pandemie und des Krieges in der Ukraine waren für viele Menschen ungewöhnlich und belastend. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass sich das auch in der Weihnachtsdekoration widerspiegeln wird – genaues Wissen werden wir aber erst nach Weihnachten erfahren.
Schlüsselwörter Traditionelle Weihnachtsdekorationen – einschließlich Rot, Grün und Gold. Wie wirken sich diese Farben auf unsere Emotionen aus?
Viele Menschen denken zu Weihnachten an verschneite Wälder und durch Weihnachtsbäume und Grün bringen wir die Natur in unsere Häuser. Gold ist ein Luxusartikel und ein Symbol für Freude und Feier. Rot ist die Farbe des Lebens. Rot ist oft eine Farbe, die irritiert oder aggressiv macht. Zur Weihnachtszeit ist Rot in Kombination mit Grün und Gold aufregend und kann sogar beruhigend wirken. Letztlich sind diese Farben natürlich auch im religiösen Kontext zu sehen, da Weihnachten ein wichtiges Fest ist.
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Quelle: www.stern.de