zum Inhalt

Experten nennen neue Risikofaktoren für Demenz

Experten nennen neue Risikofaktoren für Demenz

Demenz wird immer mehr zu einem bedeutenden Problem, was frühzeitiges Eingreifen erforderlich macht. Eine renommierte Kommission hat bisher zwölf Risikofaktoren für diese neurodegenerative Erkrankung identifiziert, wobei zwei neue kürzlich hinzugefügt wurden.

Das Risiko von Demenz hat sich aufgrund von Faktoren wie Rauchen, Adipositas, Einsamkeit, Luftverschmutzung und anderen bewiesen. Ein neuer Bericht der internationalen Lancet-Kommission hat diese Liste nun um hohe Cholesterinwerte und abnehmende Sehkraft erweitert. Wenn alle vierzehn beeinflussbaren Risikofaktoren eliminiert würden, könnten laut Bericht etwa die Hälfte der globalen Demenzfälle verhindert oder verzögert werden. Allerdings ist die Berechnung nicht so einfach.

Keine Heilung, aber Prävention ist möglich

Laut der Deutschen Alzheimer Gesellschaft leiden schätzungsweise 1,8 Millionen Menschen in Deutschland an Demenz. Der Begriff umfasst verschiedene Krankheiten, darunter Alzheimer, die zu einem Verlust kognitiver Fähigkeiten führen. Es gibt derzeit keine Heilung.

Wie im neuen Bericht der "Lancet Commission on dementia prevention, intervention, and care" erwähnt, könnten 45 Prozent der Demenzfälle verhindert oder verzögert werden, wenn diese vierzehn Risikofaktoren eliminiert würden. Im Jahr 2020 stellte diese internationale Gruppe zwölf dieser Risikofaktoren vor: niedrige Bildung, Hörverlust, hoher Blutdruck, Rauchen, Adipositas, Depression, körperliche Inaktivität, Diabetes, übermäßiger Alkoholkonsum, traumatische Hirnverletzungen, Luftverschmutzung und soziale Isolation.

Der Bericht hat nun zwei weitere Faktoren hinzugefügt, die neun Prozent aller Demenzfälle zugeschrieben werden können: etwa sieben Prozent können auf hohe LDL-Cholesterinwerte ab dem Alter von 40 Jahren zurückgeführt werden, und zwei Prozent auf unbehandelte Sehverluste im Alter.

Risikofaktoren können sich gegenseitig verstärken

Das bedeutet, dass die Demenzgefahr tatsächlich verringert werden kann, wenn abnehmende Sehkraft korrigiert und LDL-Werte im mittleren Lebensalter optimiert werden, erklärt Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). Diese Zusammenhänge waren erwartet, aber durch den Lancet-Bericht bestätigt und sollten in der medizinischen Behandlung berücksichtigt werden, zum Beispiel von Hausärzten.

Der Neurologe betont die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Risiken: Wenn abnehmendes Hör- und Sehvermögen nicht rechtzeitig korrigiert werden, können sie die Kommunikation beeinträchtigen, was wiederum kognitive Fähigkeiten und soziale Interaktionen beeinflusst. "Regelmäßiges kognitives Training und soziale Isolation sind auch Faktoren, die bei der Demenzerkrankung eine Rolle spielen."

Was die vom Lancet Commission geschätzte Präventionspotential betrifft, ist Berlit vorsichtig: Die 45-Prozent-Figur basiert auf der Summe aller genannten Risikofaktoren und setzt voraus, dass diese seit der Kindheit vermieden wurden: "Natürlich ist das unrealistisch." Trotzdem könnten Significant Effekte erzielt werden, wenn Individuen und Politik entsprechende Maßnahmen ergreifen.

Auch Stefan Teipel vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Rostock stimmt zu, dass die Gesamtzahl der vermeidbaren Demenzfälle über alle Risikofaktoren hinweg wahrscheinlich niedriger ist: "Die Studie addiert die einzelnen beeinflussbaren Risiken auf fast 45 Prozent. Allerdings gibt es synergistische Effekte, wenn mehrere Risikofaktoren beeinflusst werden, so dass die Wirkungen der Risikoreduktion nicht einfach für individuelle Personen addiert werden können."

Was gut für das Gehirn ist, ist auch gut für das Herz

Berlit betont, dass die Demenzprävention auf individueller Ebene nicht nur auf Gehirntraining wie Kreuzworträtsel, Fremdsprachenlernen oder Musizieren beschränkt ist: "Alles ist wichtig. Es ist jedoch auch bewiesen, dass eine gesunde Ernährung wie die Mittelmeer-Diät, minimaler Alkoholkonsum, ausreichende körperliche Aktivität und ein gesundes Körpergewicht das Demenzrisiko verringern können." All dies ist nicht nur gut für das Gehirn, sondern auch für das Herz. Ein solches Verhalten könnte durch Bonuszahlungen der Krankenkassen gefördert werden.

Politiker werden hingegen aufgefordert, Risikofaktoren wie Luftverschmutzung und Zugang zu Bildung anzugehen - entsprechende Empfehlungen finden sich auch im Bericht. Insbesondere Kinder aus benachteiligten Familien sollten von Anfang an unterstützt werden, sagt Berlit. Eine weitere politische Aufgabe in diesem Zusammenhang ist es, die Folgen der Klimakrise zu bekämpfen: "Wir wissen bereits, dass das Risiko von Schlaganfällen durch den Mangel an nächtlicher Abkühlung erhöht ist." Im Bereich Demenz ist die Evidenz noch nicht ausreichend, aber relevante Studien sind bereits im Gange und werden wahrscheinlich in zukünftigen Lancet-Berichten eine Rolle spielen.

Prävention von Kindesbeinen an

Berlit betont, dass präventive Maßnahmen in einem Alter ergriffen werden sollten, in dem Demenz noch keine Rolle spielt. Dazu ist es entscheidend, die Inhalte des Berichts so weit wie möglich bekannt zu machen. Der Arzt betont: "Jeder muss wissen, dass er durch eine Änderung seines Lebensstils einen Significanten Beitrag zur Risikominimierung gegen Demenz, aber auch gegen andere Krankheiten leisten kann."

Eine solche Demenzprävention durch einen gesünderen Lebensstil findet bereits statt, laut Frank Jessen: "Die Prävalenz von Demenzen sinkt in vielen Ländern, einschließlich Deutschland, im Alter in Prozent." Allerdings wächst die Zahl älterer Menschen rapide, so dass die Gesamtzahl der Demenzfälle immer noch leicht steigt, sagt der Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Köln: "Wenn wir uns ungesünder ernähren und weniger auf Faktoren wie Blutdruck, Bewegung und Ernährung achten würden, wäre die Zahl der Demenzfälle höher."

Eine deutsche Forschungsgruppe hat letztes Jahr berechnet, welchen Einfluss eine Reduzierung von Risikofaktoren in Deutschland haben könnte. Ihre in der "Deutschen Medizinischen Zeitschrift" veröffentlichte Studie ergab, dass eine Reduzierung dieser Faktoren um 15 Prozent bis 2033 die Zahl der Demenzfälle um 138.000 oder 15 Prozent reduzieren würde. "Hinter jedem Demenzfall steht eine Tragödie, für die betroffene Person, ihre Angehörigen und die Solidargemeinschaft in Bezug auf die Krankheitskosten. Das ist ein gewaltiger Effekt!", erklärt Steffi Riedel-Heller, Direktorin des Instituts für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) an der Universität Leipzig. Und sie fordert eine "Gesundheitsagenda für das Gehirn" in Deutschland, um dieses Wissen über modifizierbare Risikofaktoren an die Bevölkerung und insbesondere an politische und gesellschaftliche Entscheider zu bringen.

Der neue Bericht der Lancet-Kommission hat nun erhöhte LDL-Cholesterinwerte und abnehmende Sehkraft als zwei weitere Risikofaktoren für die Krankheit hinzugefügt, die jeweils etwa sieben Prozent und zwei Prozent aller Demenzfälle ausmachen. Wenn diese zusätzlichen Risikofaktoren angegangen werden, kann das Risiko von Demenz reduziert werden, wie Peter Berlit erklärt.

Durch die Behandlung dieser modifizierbaren Risikofaktoren können significativa Effekte auf die Demenzprävention erzielt werden, so Stefan Teipel. Allerdings kann die Gesamtzahl der vermeidbaren Demenzfälle aufgrund synergistischer Effekte, wenn mehrere Risikofaktoren beeinflusst werden, niedriger sein.

Lesen Sie auch:

Kommentare

Aktuelles