Ratlosigkeit entsteht durch folgende Aussage - Experten bestreiten Lauterbachs Behauptung, dass sich die Zahl der Pflegebedürftigen unerwartet versiebenfacht hat.
Es gab in Deutschland eine merkliche Steigerung der Anzahl von Menschen, die Pflegehilfe benötigen, wie geschätzt von Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Gemäß ihm sollte die Anzahl dieser Personen um ungefähr 50.000 zunehmen, doch die tatsächliche Zahl überstieg 360.000. Das Pflegeversicherungssystem steht vor einem schweren Dilemma.
Die Kosten für Pflege in Altenheimen steigen, was dazu führt, dass die Beiträge für die Abhängigen stark ansteigen. Ab dem 1. Januar 2023 betrugen die durchschnittlichen monatlichen Selbstzahlungen in Altenheimen in Deutschland 2576 Euro - ein beträchtlicher Anstieg von den ursprünglichen 2411 Euro im Jahr 2023.
Fragt sich, wie Lauterbach und seine Regierung diese starke Erhöhung von mehr als 300.000 Menschen im Vorjahr nicht vorhergesehen haben.
Lauterbachs Theorie: Demografischer Sandwich-Effekt
Lauterbach vermutet, dass der plötzliche Anstieg an Menschen, die Pflege benötigen, auf einen "Sandwich-Effekt" in der Demographie zurückzuführen ist. Nach seiner Ansicht treffen alte, bedürftige Personen auf die erste Baby-Boomer-Generation, die jetzt auch Pflegeunterstützung benötigen. Die Baby-Boomer und ihre alternden Eltern benötigen Pflege gleichzeitig, was dieses Phänomen verursacht.
Allerdings wird diese Theorie von Prof. Heinz Rothgang, einem Gesundheitsfachmann, bestritten, der hervorhebt, dass die Zahlen nicht nur plötzlich, sondern auch ungenau sind. Er verweist auf zuverlässige Zahlen, die von der GKV (das Dachverband der gesetzlichen Krankenkassen) veröffentlicht wurden, die seit 2017 einen jährlichen Anstieg von ungefähr 326.000 Personen aufzeigen. Zwar wurde in den Corona-Jahren eine leicht niedrigere Zahl verzeichnet.
Die Baby-Boomer-Illusion
Lauterbachs Überzeugung, dass die Baby-Boomgeneration, die zwischen 1946 und 1964 geboren wurde, für den Bevölkerungsschub in den Pflegebedürftigen verantwortlich ist, wird auch bestritten. Er behauptet, dass die medizinischen Fortschritte und Überlebensraten dieser Generation zu einem Ansturm jüngerer Menschen in Pflegebedürftigen führen.
Meine Ansicht, wie ich im Tagesspiegel ausgedrückt habe, ist, dass medizinische Fortschritte seit der Entstehung der Medizin vorhanden sind, nicht nur in den letzten drei Jahren. Eine signifikante Steigerung wurde bei 1,19 und 1,35 Millionen Personen beobachtet, wobei die Steigerung in allen Altersgruppen stattfand und nicht auf die Baby-Boomer-Generation beschränkt war.
Um eine annähernde Prognose für die Zukunftszahlen und vernünftige Entscheidungen über mögliche Krisen treffen zu können, könnte man sich auf die Modelle der Bundesstatistik berufen. Durch die Berücksichtigung der vorhandenen Daten und der verschiedenen Unsicherheiten, einschließlich Pandemien und demografischen Ereignissen, könnte man einen genaueren Vorhersagewert für die Zunahme der Anzahl der Pflegebedürftigen bis zum Jahr 2070 ermitteln.
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Quelle: www.stern.de