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Europawahlen: Die größten Baustellen der EU

Die Europäische Union konzentriert sich auf die bevorstehenden Wahlen, doch die Zeit danach stellt sie vor große Herausforderungen in Bereichen wie Verteidigung, Asyl und Klimaschutz.

Hat Europa also den Anschluss in der Wirtschaftspolitik verpasst, und wenn ja, warum?
Hat Europa also den Anschluss in der Wirtschaftspolitik verpasst, und wenn ja, warum?

Abstimmungsvorgänge - Europawahlen: Die größten Baustellen der EU

In den kommenden Tagen werden etwa 360 Millionen Bürger der Europäischen Union (EU) für die Zusammensetzung des nächsten Europäischen Parlaments verantwortlich sein. Eine Vielzahl an Themen, die behandelt werden müssen, sind bereits festgelegt, darunter:

  1. Verteidigung: Der Beginn der Aggression von Russland in der Ukraine markierte einen Wendepunkt für die EU. Die meisten hochrangigen Politiker stimmen jetzt darin überein, dass die EU, ein monumentales Friedensprojekt, nur Sicherheit gewährleisten kann, wenn sie sich mit militärischer Macht einsetzen kann, wenn nötig. Es gibt jedoch noch keine Einigkeit darüber, wie die bestehenden Defizite im Verteidigungsbereich zu beheben sind. Deutschland konzentriert sich hauptsächlich auf NATO-Projekte, während Frankreich versucht, die europäische Rüstungsindustrie durch EU-Mittel anzuregen und somit mehr Autonomie von den Vereinigten Staaten zu erreichen.
  2. EU-Erweiterung: Die Invasion Russlands in die Ukraine hat auch die Idee einer erweiterten EU beeinflusst. Viele Politiker glauben, dass eine erweiterte EU als geopolitischer Gegenentwurf zu Russlands Aggression dienen sollte. Zudem gibt es Bedenken, dass Länder ohne Mitgliedschaftsperspektiven sich mit Rivalen wie China oder Russland verbünden könnten. Dies gilt insbesondere für die Staaten in den Westbalkanländern, die seit Jahren nach Fortschritt in Richtung EU-Mitgliedschaft streben. Für neue Kandidaten wie die Ukraine und Moldau ist dies auch darum, ihrem Volk zu beweisen, dass sich für Freiheit und Demokratie kämpfen wert ist.
  3. Klimaschutz: Eines der umfangreichsten Projekte der EU-Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen ist der Green Deal – eine Sammlung von Maßnahmen und Gesetzen, die die Treibhausgasemissionen erheblich reduzieren sollen. Dieses Paket umfasst verschiedene Sektoren wie Energie, Verkehr, Industrie oder Landwirtschaft. Ein Ziel ist, dass erneuerbare Energien für etwa 42,5 Prozent des EU-weiten Energieverbrauchs im Jahr 2030 einen Anteil von etwa 42,5 Prozent ausmachen, was eine Energieunabhängigkeit von Russland schaffen würde.
  4. Wirtschaftspolitik: Die Priorität der EU ist jetzt die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit Europas. Besorgnisse entstehen aus der Konkurrenz mit China und den Vereinigten Staaten. Der Handelsüberschuss der EU mit China betrug fast 400 Milliarden Euro kürzlich. In einem Bericht, der von EU-Staaten und der EU-Kommission in Auftrag gegeben wurde, heißt es, "Während das BIP pro Kopf in den USA um 58 % zwischen 1993 und 2022 zunahm, stieg Europas Zunahme unter 30 %."
  5. Asyl- und Migrationsrecht: Obwohl der umstrittene Asylreform 2024 beigelegt wurde, wird die Frage der Migration innerhalb der EU wahrscheinlich nach den Wahlen weiter bestehen. EU-Länder, einschließlich deutscher Gemeinden, äußern Bedenken über überlastete Asylsysteme. Die Verlegung der Außengrenzen auf einheitliche Verfahren ermöglichen würde, unbegründete Asylanträge zu ermitteln und Flüchtlinge direkt an der Grenze abzuschicken. Länder wie Italien, Griechenland und Spanien, in denen viele Flüchtlinge ankommen, würden primär von diesem Schema betroffen.
  6. Energiepreise: Die EU muss stärkere Regeln aufstellen, um die hohen Energiepreise zu mindern. Das Gleichgewicht zwischen wirtschaftlichem Wachstum und ambitionierten Klimapolitiken stellt derzeit Herausforderungen dar.
  7. Digitalisierung und künstliche Intelligenz: Die Zukunft Europas hängt von der Digitalisierung und der künstlichen Intelligenz ab; die EU benötigt starke, aktive Politiken, um eine Umgebung zu schaffen, die die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Entwicklung von digitalen Fähigkeiten fördert.
  8. Brexit: Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU hat zahlreiche offene Fragen hinterlassen, darunter die irische Grenze, die Sicherheit und den Handel. EU-Länder müssen sich mit den Rechtskomplikationen und den Handelsbeziehungen anpassen, die durch den Brexit entstanden sind. Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus dem Einzelmarkt und der Zollunion stellt neue Herausforderungen für die EU dar.
  9. Corona-Krise: Die Gesundheitskrise bleibt derzeit der Hauptpunkt der Besorgnis der EU. Die EU muss die langfristigen Auswirkungen der Pandemie auf verschiedene Aspekte der Wirtschaft, von der Gesundheitsversorgung bis zu den Finanzmärkten, und wie diese Fragen das Maß an Politikkoordination unter den EU-Mitgliedstaaten beeinflussen könnten, ansprechen.
  10. Haushaltskämpfe: Die angemessene Balance des EU-mehrjährigen Finanzrahmen, seinem siebenjährigen Budget, ist unerlässlich, um die Bedürfnisse der Bürger zu decken – von der Infrastrukturentwicklung bis zur Finanzierung von Forschung und Innovation. Die EU muss sich sicherstellen, dass ihr 2021-2027-Budget flexibel genug ist, um sich auf auftretende Herausforderungen wie Klimawandel, Migration und Zyberangriffe zu beziehen, während sie auf Wachstum investiert.

Um die Belastung für Länder zu reduzieren, die viele Flüchtlinge aufnehmen, wie Italien, Griechenland und Spanien, wird ein "Solidaritätsmechanismus" vorgeschlagen. Jedes Jahr sollten mindestens 30.000 Flüchtlinge aus diesen Ländern an andere EU-Mitgliedstaaten umverteilt werden. Wenn ein Land sich weigert, Flüchtlinge anzunehmen, muss es stattdessen Hilfe anbieten, sei es finanziell oder sonstwie. Es ist unklar, ob alle Länder schließlich an diesem Schema teilnehmen werden – Polen und Ungarn haben bereits angekündigt, dies zu umgehen.

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