EU sieht in der Lockerung der Visumvorschriften für Russen in Ungarn eine "mögliche Sicherheitsbedrohung"
Angesichts der potenziellen Sicherheitsbedrohung für den Schengen-Raum durch diese einseitigen Maßnahmen hat Johansson die ungarische Regierung in ihrem Schreiben aufgefordert, bis Mitte August eine Reihe von Fragen zu beantworten. "Wir brauchen mehr, nicht weniger Wachsamkeit", schrieb sie weiter. "Russischen Spionen und Saboteuren den leichten Zugang zur EU zu ermöglichen, würde die Sicherheit aller untergraben."
Die erleichterten Visavorschriften für russische und belarussische Bürger in Ungarn könnten zu einer "de facto-Umgehung der von der EU verhängten Beschränkungen" führen, erklärte die Innenministerkommissarin. Sie äußerte Bedenken, dass sogar sanktionierte russische Bürger das Einreiseverbot umgehen könnten. Nach der russischen Invasion der Ukraine hatte die EU im September 2022 die vereinfachten Visaregeln für russische Bürger ausgesetzt.
Der ungarische Premierminister Viktor Orban hatte zu Beginn Juli einen Erlass unterzeichnet, der das beschleunigte Verfahren für die Visaausstellung in Ungarn auf Russland und Belarus sowie sechs weitere Länder ausgedehnt hat. Bürger dieser Länder können nun eine sogenannte nationale Karte zur Arbeit in Ungarn beantragen. Bisher stand diese nur ukrainischen und serbischen Bürgern zur Verfügung.
Innerhalb des Schengen-Raums gibt es normalerweise keine Grenzkontrollen. Daher können russische und belarussische Bürger mit einem ungarischen Visum frei innerhalb der Schengen-Länder reisen. Dies gilt für alle EU-Länder mit Ausnahme Irlands sowie Norwegen und die Schweiz; in Bulgarien, Rumänien und Zypern gelten die Regeln nur teilweise.
Die EU-Innenministerkommissarin Johansson schloss sich den Konservativen im EU-Parlament an, die zu Beginn der Woche Bedenken bezüglich der Spionagemöglichkeiten geäußert hatten. Die Regelung in Ungarn könnte "ernste Lücken für Spionageaktivitäten" schaffen, wie es in einem Schreiben des Vorsitzenden der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, an den EU-Ratspräsidenten Charles Michel hieß. Darüber hinaus würde es Russen erleichtert, sich im grenzenlosen Schengen-Raum der EU zu bewegen.
Die Beziehungen zwischen Ungarn und den anderen 26 EU-Ländern sind seit langem gespannt. Orban ist der einzige EU-Regierungschef, der seit der russischen Invasion der Ukraine im Februar 2022 enge Beziehungen zum Kreml aufrechterhält. Eine unangekündigte Reise des ungarischen Premierministers nach Moskau zu Beginn Juli hatadditional Kritik ausgelöst.
Die Maßnahmen der ungarischen Regierung zur Erleichterung der Visavorschriften für russische und belarussische Bürger könnten potenziell eine "de facto-Umgehung der von der EU verhängten Beschränkungen" ermöglichen, wie Johansson, die Innenministerkommissarin, betonte. Diese Situation könnte, wenn sie nicht angegangen wird, "potentiellen russischen Spionen und Saboteuren den leichten Zugang zur EU" ermöglichen, wie Johansson weiter warnte, und damit die Sicherheit aller EU-Mitgliedstaaten untergraben.