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Elon Musk überreagiert auf den Gehirnchip für Blinde

Selbst ein Chip mit Millionen Elektroden kann höchsten undeutliche Bilder im Gehirn erzeugen.
Selbst ein Chip mit Millionen Elektroden kann höchsten undeutliche Bilder im Gehirn erzeugen.

Elon Musk überreagiert auf den Gehirnchip für Blinde

Elon Musk behauptet, dass ein neuer Chip von seiner Firma Neuralink die menschliche Sehkraft übertreffen wird. US-Wissenschaftler bewerten dies und kommen zu dem Schluss, dass diese Behauptung "höchstens unrealistisch" ist.

Elon Musks Start-up Neuralink ist zweifellos ein beeindruckendes Unternehmen, das beeindruckende Fortschritte bei Hirnimplantaten macht. Sein neuestes Projekt, "Blindsight", ist ein Chip, der blindem Menschen das Sehen ermöglichen soll. Musk behauptet auf X, dass der Chip sogar die menschliche Sehkraft übertreffen werde. Forscher der University of Washington finden diese Behauptung jedoch nicht nur übertrieben, sondern auch gefährlich. Sie schreiben, dass die Aussage "höchstens unrealistisch" sei.

Die Wissenschaftler erstellten eine Studie, die in Scientific Reports veröffentlicht wurde und simulierte, was eine Person sehen könnte, wenn sie einen Chip mit 45.000 Elektroden im Sehzentrum des Gehirns hätte, der die vom Auge empfangenen Informationen verarbeitet. Zum Vergleich: Das Implantat, das Neuralink früher in diesem Jahr einem gelähmten Patienten eingesetzt hatte, hatte nur 1024 Elektroden.

Elektroden sind keine Pixel

Eine Simulation zeigt, dass ein Video einer Katze mit einer Auflösung von 45.000 Pixeln kristallklar ist, aber der virtuelle Patient sieht nur ein unscharfes Bild, in dem das Tier kaum zu erkennen ist. Dies liegt daran, dass Musks Vorhersage auf der fehlerhaften Annahme basiert, dass ein Implantat mit Millionen winziger Elektroden im Sehzentrum zu hoher Auflösung führen würde, erklärt Ione Fine. Sie ist Professorin für Psychologie an der University of Washington und Hauptautorin der Studie.

"Ingenieure denken oft, dass Elektroden Pixel erzeugen", sagt Fine, "aber die Biologie funktioniert eben nicht so. Wir hoffen, dass unsere Simulationen auf der Grundlage eines einfachen Modells des Sehsystems Erkenntnisse darüber liefern können, wie diese Implantate funktionieren werden. Diese Simulationen weichen stark von der Intuition ab, die ein Ingenieur hat, wenn er in Begriffen von Pixeln auf einem Computerbildschirm denkt."

Auf einem Display sind Pixel winzige Punkte, aber ein Gehirn funktioniert completely differently. Im Sehzentrum informiert jeder Neuron das Gehirn über Bilder in einem kleinen Bereich des Sichtfelds, genannt "rezeptives Feld". Die rezeptiven Felder von Neuronen überlappen sich. Dies bedeutet, dass ein einzelner Lichtpunkt einen komplexen Pool von Neuronen stimuliert. Daher wird die Bildschirmauflösung nicht von der Größe oder Anzahl einzelner Elektroden, sondern davon bestimmt, wie die Informationen von Tausenden von Neuronen im Gehirn interpretiert werden.

Der Code fehlt

Neuralink macht wichtige technische Fortschritte, aber die große Herausforderung besteht darin, einen neuronalen Code zu erzeugen. "Um typische menschliche Sehkraft zu erreichen, müsste man nicht nur eine Elektrode auf jede Zelle im Sehzentrum richten, sondern sie auch mit dem entsprechenden Code stimulieren", sagt Fine. "Das ist unglaublich komplex, weil jede einzelne Zelle ihren eigenen Code hat. Man kann nicht 44.000 Zellen eines Blinden stimulieren und sagen: 'Zeichne, was du siehst, wenn ich diese Zelle stimuliere.' Das würde buchstäblich Jahre dauern, um jede einzelne Zelle aufzuzeichnen."

Bisher ist dieser Code nicht bekannt, sagt die Wissenschaftlerin. Vielleicht wird ihn eines Tages jemand entschlüsseln, oder ein Weg gefunden werden, damit Benutzer eines Implantats sich an einen "falschen Code" gewöhnen. Doch es gibt derzeit keine Anzeichen dafür.

"Musks Aussage ist gefährlich"

Die für die Studie entwickelten Modelle könnten von Forschern und Unternehmen genutzt werden, um bestehende Implantate optimal einzusetzen oder neue Technologien zu entwickeln, sagt Fine. Sie hält jedoch Elon Musks Aussage, dass der Hirnchip besser als die menschliche Sehkraft funktionieren werde, für gefährlich, da sie falsche Hoffnungen wecken könnte.

"Viele Menschen werden erst im Alter blind", erklärt die Psychologieprofessorin. "Wenn man mit 70 Jahren erblindet, ist es sehr schwierig, die neuen Fähigkeiten zu erlernen, die man braucht, um als Blinder durchs Leben zu kommen. Viele werden depressiv. Der Wunsch, das Augenlicht wiederzuerlangen, kann verzweifelt sein."

Das Bild einer Katze auf einem Monitor links, rechts, wie von einer Person mit einem Implantat gesehen.

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