Ein Gürtelroseimpfstoff könnte die Demenz verzögern
Demenz ist eine gefürchtete altersbedingte Krankheit, die in Zukunft vermehrt Menschen betreffen wird. Forscher haben nun Hinweise darauf, dass eine relativ neue Gürtelrose-Impfung nicht nur Gürtelrose verhindert, sondern auch Demenz stoppen könnte.
Die Verwendung der Gürtelrose-Impfung Shingrix hat zu einer Abnahme von Demenzfällen bei Menschen im Alter von 65 Jahren und älter in den USA geführt, wie Forscher der Universität Oxford berichten. Der Effekt war bei Frauen und Männern beobachtbar, jedoch stärker bei Frauen, wie die Forscher in ihrem im Journal "Nature Medicine" veröffentlichten Ergebnis schreiben.
Die Einführung der neuen Shingrix-Impfung, die seit 2017 in den USA verwendet wird, bot einen guten Ausgangspunkt für die Forschung. Bisher war es nur möglich, die Nebenwirkungen von Gürtelrose-Impfungen bei Geimpften mit denen von Ungeimpften zu vergleichen. Da bekannt ist, dass Geimpfte insgesamt gesünder leben, waren diese Forschungsergebnisse fehleranfällig und daher nur teilweise sinnvoll. Mit der neuen Zulassung von Shingrix konnte das Forschungsteam jedoch die Nebenwirkungen verschiedener Impfstoffe vergleichen.
Daten aus elektronischen Gesundheitsakten
Angesichts früherer Hinweise auf schützende Effekte von Gürtelrose-Impfungen gegen Demenz nahm das von Paul Harrison geleitete Team einen genaueren Blick auf die Auswirkungen der neuen Shingrix-Impfung. Die Wissenschaftler analysierten die Daten aus den elektronischen Gesundheitsakten von über 200.000 Menschen im Alter von 65 Jahren und älter, die gegen Gürtelrose geimpft wurden.
Dazu wurden zwei Gruppen aus den Daten der elektronischen Gesundheitsakten gebildet, die so ähnlich wie möglich waren. Die erste Gruppe bestand aus etwa 104.000 Senioren, die zuvor mit der herkömmlichen Impfung Zostavax gegen Gürtelrose geimpft wurden. In der zweiten Gruppe, mit der gleichen Anzahl von Senioren, wurden alle mit Shingrix geimpft. Die Beobachtungszeit betrug sechs Jahre nach der letzten Impfdosis.
Bei der Auswertung der Daten stellten die Forscher fest, dass bei denen, die mit Shingrix geimpft wurden, eine Demenz-Diagnose 17% später gestellt wurde als bei denen, die mit Zostavax geimpft wurden. Das bedeutet, dass die mit Shingrix Geimpften im Durchschnitt 164 Tage länger ohne Demenz-Diagnose lebten.
In einer weiteren Untersuchung verglichen die Forscher die Ergebnisse der beiden Gürtelrose-Impfstoffe mit verschiedenen Impfstoffen gegen Grippe, Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten. Auch hier zeigte Shingrix die besten Ergebnisse mit einer Verzögerung von 14 bis 27% bei der Demenz. "Die Ergebnisse sind faszinierend und ermutigend. Angesichts der großen und wachsenden Zahl der Betroffenen ist alles willkommen, was das Risiko von Demenz reduzieren könnte", wird Harrison in einer Universitätsmitteilung zitiert.
Ursache des schützenden Effekts noch unklar
Die Forscher können noch nicht sagen, wie der schützende Effekt zustande kommt. "Eine Möglichkeit ist, dass eine Infektion mit dem Herpes-zoster-Virus das Risiko von Demenz erhöhen könnte. Durch die Hemmung des Virus könnte die Impfung dieses Risiko reduzieren. Alternativ enthält die Impfung auch Chemikalien, die möglicherweise separate positive Effekte auf die Hirngesundheit haben", sagt John Todd, der ebenfalls an der Studie beteiligt war.
Bevor die Verwendung der Gürtelrose-Impfung als Demenz-Verzögerung empfohlen wird, sind weitere Untersuchungen erforderlich. Allerdings sollten sich Menschen gegen eine Infektion mit dem Varizella-Zoster-Virus, das schmerzhafte Gürtelrose und in einigen Fällen schmerzhafte Nervenentzündungen verursachen kann, durch eine Impfung schützen. In Deutschland wird eine Impfempfehlung mit zwei Dosen für alle ab 60 Jahren und für alle ab 50 Jahren mit einer Grunderkrankung wie Diabetes oder rheumatoider Arthritis oder einem geschwächten Immunsystem gegeben. In besonderen Fällen können auch Erwachsene ab 18 Jahren geimpft werden.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die neue Shingrix-Impfung, die vielversprechende Ergebnisse bei der Verhinderung von Gürtelrose gezeigt hat, auch das Einsetzen von Demenz verzögern könnte. Wie von Harrison erwähnt, erhielten Individuals, die mit Shingrix geimpft wurden, eine Demenz-Diagnose 17% später als diejenigen, die die herkömmliche Impfung Zostavax erhielten, was auf einen potentiellen Langlebigkeitsvorteil von etwa 164 Tagen ohne Demenz-Diagnose hindeutet.