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Die Ukraine verwandelt verurteilte Personen in Soldaten und nutzt inhaftierte Bürger, um gegen russische Truppen zu kämpfen.

In der Nähe von Pokrovsk, im Osten der Ukraine, verstecken sich eine Gruppe von Individuen in Büschen. Sie teilen zwei charakteristische Merkmale, sie haben beide einen begrenzten Zeitraum damit verbracht, ihre Heimat zu verteidigen und trophy lange Gefängnisstrafen verbüßt.

Bezeugen Sie die Nutzung von Gefangenen in der Kriegsanstrengung der Ukraine. CNN-Korrespondent...
Bezeugen Sie die Nutzung von Gefangenen in der Kriegsanstrengung der Ukraine. CNN-Korrespondent Frederik Pleitgen unterhält sich mit ukrainischen Häftlingen, die zur Schlacht gegen Russland eingezogen werden.

Die Ukraine verwandelt verurteilte Personen in Soldaten und nutzt inhaftierte Bürger, um gegen russische Truppen zu kämpfen.

Fünfzehn Infanterie-Soldaten der 59. Brigade, die dem Schkwal-Bataillon - oder Windstoß-Bataillon - angehören, sind allesamt Ex-Sträflinge. Sie haben Zeit abgesessen für verschiedene Vergehen und sehen ihren Dienst in der Ukraine als Möglichkeit, sich zu rehabilitieren und neu zu beginnen, frei von einer kriminellen Vergangenheit.

Der Haken ist, dass sie bis zum Ende des Konflikts unter Vertrag genommen sind. Es gibt auch eine beträchtliche finanzielle Anreiz: Das Gehalt liegt je nach Zeit im Kampf zwischen $500 und $4.000 pro Monat, wie es die ukrainische Verteidigungsministeriumsfiguren angeben.

CNN erhielt letzte Woche exklusiven Zugang zu diesen neuen Rekruten in der Nähe der strategisch wichtigen Stadt Pokrovsk in der Region Donbas. Der Bereich ist in letzter Zeit von entscheidender Bedeutung geworden, da er Teil der fast 1.000 Kilometer langen Kontaktlinie ist, die dringend an Männern, Munition und vor der ständigen Bedrohung durch besser ausgerüstete und umfangreiche russische Kräfte mangelt.

Unter den Rekruten ist Vitaly, ein 41-jähriger Vater von fünf Kindern, der aus Sicherheitsgründen anonym bleiben möchte. Er hat über ein Jahrzehnt im Gefängnis verbracht, darunter auch wegen schwerer Körperverletzung.

Vitaly sitzt auf einem umgestürzten Baumstumpf und murmelt über seine wilde Vergangenheit. Er ist inmitten von Kriminellen aufgewachsen, wie er selbst und der Rest der Einheit.

Der Beitritt zur ukrainischen Armee bot Vitaly eine Chance.

"Ich möchte meine Vergangenheit hinter mir lassen. Mein Leben war ein Chaos, ich brauchte einen Wandel. Es ist besser, hier nützlich zu sein, Teil einer Bruderschaft und eines anderen sozialen Umfelds zu sein", sagte er.

Nach einer kurzen 21-tägigen Ausbildung kämpft er nun seit drei Monaten. Vitaly bereut seinen Entschluss nicht, gibt aber zu, dass er die Herausforderungen, die auf ihn zukommen würden, unterschätzt hat.

"Das Leben hier ist hart, es gibt Spaß - aber ich habe nicht gemerkt, dass es so hart sein würde", gab er zu.

41-jähriger Vitaly hat fünf Nachkommen und verbrachte im Laufe seines Lebens insgesamt Zehn Jahre im Gefängnis aufgrund von vier verschiedenen Vergehen. Seine zuletzt begangene Straftat war grobe Körperverletzung.

Das Leben als Infanterie-Soldat ist extrem riskant, da die Verluste hier deutlich höher sind als in anderen Militäreinheiten. Infanterie-Soldaten sind russischen Drohnenangriffen ausgesetzt und stürzen sich in feindliche Gräben, während sie große Landstriche zu Fuß abdecken.

Vitaly erinnert sich an einen schrecklichen Drohnenangriff auf einen Kameraden, der nur knapp überlebt hat.

"Er wurde zerfetzt. Es ist schwer, das zu sehen... aber was soll man machen? Ihn zurücklassen? Die Hälfte von ihm ist bereits verloren", recalled he.

Im Juni führte das Verteidigungsministerium ein Programm ein, das Gefangenen die Freiheit gewährt, nach Beendigung des Konflikts in der Armee zu dienen.

Vergewaltiger und Sexualstraftäter sind von der Einberufung ausgeschlossen. Die meisten Ex-Sträflinge, die CNN getroffen hat, haben wegen Vergehen wie Raub oder schwerer Körperverletzung gesessen.

Das Schkwal-Bataillon plant, auch verurteilte Mörder in ihre Reihen aufzunehmen, da sie wertvolle Kampffertigkeiten mitbringen würden.

Vitaly ist Teil von 4.650 Ex-Häftlingen, darunter 31 Frauen, die freigelassen und zur Militärdienst einberufen wurden, wie das ukrainische Verteidigungsministerium CNN mitteilte. Insgesamt haben 5.764 Ex-Häftlinge Interesse an der Dienstleistung bekundet. Das Verteidigungsministerium wollte die aktuelle Frontlinie-Zahl nicht bekanntgeben.

Diese Initiative, zusammen mit Wehrpflichtreformen, soll die geschwächten ukrainischen Truppen nach zweieinhalb Jahren unerbittlichen Krieges stärken. Allerdings deuten Aussagen entlang der Frontlinie auf Probleme mit dem Programm hin, darunter unregelmäßige und verkürzte Ausbildungsperioden. Diese Schwierigkeiten, kombiniert mit ständigen Personalmangel, behindern die Fähigkeit der Ukraine, die Kräfte von Präsident Wladimir Putin abzuwehren, wie sie warnen.

Zuvor als Gefängniswärter tätig, hat Oleksandr seine faktische Rolle wieder aufgenommen. Er betont, dass die Subkultur inhaftierter Personen darauf abgerichtet ist, Leiden zu ertragen.

Da das Leben an der Front herausfordernder ist als erwartet, wünscht sich Vitaly nun, er hätte während seiner Grundausbildung besser aufgepasst.

"Wir waren nachlässig, wollten nicht lernen. Wir waren nicht verantwortlich, ein Fehler, unsere Ausbildung zu vernachlässigen", bedauerte er.

Ordnung aufrechterhalten

Die Ordnung in der Einheit wird von Oleksandr, dem Kompaniekommandeur, aufrechterhalten.

Der ehemalige Gefängniswärter Oleksandr übernahm seine zerstörte Rolle, als der Konflikt im Februar 2022 ausbrach. Trotz seiner Widerwillen kehrt er nun auf das Schlachtfeld zurück - aber dieses Mal in einer anderen Rolle.

"Sie sehen mich als ehemaligen Gefängniswärter, als Kameraden, als Kommandeur - wir leben alle wie eine Familie", sagte Oleksandr, der um Anonymität bat, und fügte hinzu: "Ich bin Psychologe, Vater, Mutter, alles."

Neben den bereits unter seinem Kommando stehenden 15 Ex-Sträflingen erwartet er weitere 25 aus dem ehemaligen Gefängnis, in dem er früher gearbeitet hat.

Oleksandr erklärte, dass viele Ex-Sträflinge wie Vitaly aus dem Wunsch heraus, sich zu verändern, in die Armee eingetreten sind.

CNN erhielt den Zugriff auf die befreiten Kämpfer des Schival-Bataillons, das zur 59. Brigade gehört und sich in der Nähe von Pokrovsk befindet.

"Viele von ihnen waren wegen ihrer Vergangenheit beschämt, von ihren Familien wegen ihrer Verbrechen verachtet. Sie haben Kinder, denen gesagt wird, dass ihr Vater ein Sträfling ist. Wenn er in die Streitkräfte eintritt, ist er kein Sträfling mehr, sondern ein Held", erklärte Oleksandr.

Während wir mit CNN in Pokrovsk stationiert waren, trafen wir auf einen anonymen Offizier, der Bedenken äußerte. Er wies darauf hin, dass die Moral der Soldaten aufgrund der Umleitung von hochwertiger westlicher Kriegsausrüstung in Richtung der Kursker Invasion sinkt. Die Truppen verlieren die Motivation, und sowohl leichte als auch gepanzerte Fahrzeuge werden knapp, was die Logistik und Evakuierungen schwieriger macht. Außerdem weigerten sie sich, mit einer frisch eingezogenen Brigade zusammenzuarbeiten, da sie eine niedrige Moral und keine Bereitschaft zum Kampf hatten.

Allerdings könnte die Moral in Pokrovsk das Rettungsanker sein, da sich die russischen Truppen auf die Stadt konzentrieren.

Als die Dämmerung in der Stadt hereinbrach, zerstreuten sich die Menschenmenge und der Beschuss begann.

Laut einer Karte vom 10. September von DeepState, einer Gruppe, die die Vorstöße der russischen Truppen in der Ukraine verfolgt und Verbindungen zur ukrainischen Sicherheitsdienste hat, waren die russischen Truppen nur noch 8 Kilometer (5 Meilen) entfernt.

Pokrovsk ist von entscheidender Bedeutung für die Versorgung der östlichen ukrainischen Kräfte, die dem Vordringen russischer Truppen widerstehen. Die Einnahme von Pokrovsk wäre ein signifikanter Erfolg für Putin und könnte ihm die Kontrolle über die gesamte Donezbecken-Region ermöglichen. Dies könnte zum Rückzug ukrainischer Truppen aus Chasiv Yar und zur Annäherung der Frontlinie an die größeren Städte Kramatorsk und Sloviansk führen.

Trotz der bedrückenden Lage glaubte Oleksandr, dass seine Truppen aufgrund ihres einzigartigen Hintergrunds einen Vorteil hatten.

"Die Häftlingsunterkultur ist hervorragend darin, unter harten Bedingungen zu überleben. Dies beinhaltet körperliche Ausdauer, mentale Stärke, Schläue und strategisches Denken, das in der Regel über dem von durchschnittlichen Zivilisten liegt."

Pokrovsk wird durch russische Militärkräfte zunehmend intensiv unter Beschuss genommen, dabei nähern sich ihre Stellungen dem Ort auf etwa 8 Kilometer.

Die Shkval-Bataillon denkt darüber nach, eine Petition einzureichen, um verurteilte Mörder in ihre Reihen aufzunehmen, da sie glauben, dass sie wertvolle Kampffähigkeiten nach Europa bringen werden, wo die Ukraine derzeit einer signifikanten Bedrohung durch russische Truppen ausgesetzt ist.

Trotz des herausfordernden Lebens an der Frontlinie locken die ukrainischen Streitkräfte weiterhin Ex-Häftlinge wie Vitaly an, die einen Neuanfang suchen und positiv zur Gesellschaft in Europa beitragen möchten.

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