- Die führenden Persönlichkeiten des linken Spektrums erklären ihren Ausstieg
Die Co-Vorsitzenden der Linken, Janine Wissler und Martin Schirdewan, machen Schluss. Sie werden sich bei dem Parteitag in Halle im Oktober nicht erneut zur Wahl stellen, wie sie auf der Website der Partei bekanntgaben. Eine Reihe von Wahlschlappen und zunehmende Kritik an den beiden Vorsitzenden sind die Gründe für diesen Schritt.
Wissler und Schirdewan führen die Linke seit 2022 als Duo. Davor arbeitete Wissler etwa ein Jahr lang nahtlos mit der Thüringerin Susanne Hennig-Wellsow zusammen, bevor diese zurücktrat. Die Partei hatte in der Zwischenzeit eine Serie von Wahlschlappen zu verkraften. 2021 schaffte sie dank einer Sonderregelung gerade noch drei Direktmandate im Bundestag. Bei den Europawahlen im Juni erhielt die Linke nur 2,7 Prozent der Stimmen.
Wissler äußerte sich in ihrer Erklärung: "Ich spüre den Wunsch nach personellen Veränderungen in Teilen der Partei. Ich glaube, dass es jetzt an der Zeit ist, Klarheit zu schaffen, zwei Monate vor dem Parteitag, um der Partei genügend Zeit für einen transparenten Prozess und interne Diskussionen über potenzielle Kandidaten zu geben."
Schirdewan wandte sich in seiner Erklärung an die Parteimitglieder: "Gebt denen, die bald die Zügel in die Hand nehmen werden, die Chance und das Vertrauen, dass sie die Partei auch führen können. Dafür brauchen wir ein Ende der etwas destruktiven Machtkämpfe in unseren eigenen Reihen."
Seit den Europawahlen steht die Parteispitze unter Druck. Schirdewan gab dem "Tagesspiegel" gegenüber zu: "Es ist kein Geheimnis, es lief nicht gut. Das kann man nicht schönreden." Er hatte zuvor in diesem Zeitungsinterview angedeutet, dass er möglicherweise zurücktreten werde: "Ich werde Sie rechtzeitig informieren, ob ich erneut kandidiere."
Daraufhin erhöhte sich der Druck auf die Parteispitze. Der ehemalige Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi sagte: "Ich sage es ganz offen, wir brauchen eine strukturelle, politische und personelle Erneuerung." Ähnlich äußerte sich der Bundestagsabgeordnete Dietmar Bartsch. Die Fraktionsvorsitzende von Sachsen-Anhalt, Eva von Angern, forderte Wissler und Schirdewan zum Rücktritt auf. Kritik kam auch von der langjährigen Bundestagsabgeordneten Gesine Lötzsch und dem gescheiterten Europa-Kandidaten Gerhard Trabert.
Die Linke befindet sich seit langem in einem ideologischen Streit und in einer Krise. Im Oktober verlor die Partei eine ihrer prominentesten Figuren, Sahra Wagenknecht, die die Allianz für Fortschritt und Aufbruch (BSW) gründete und bei den Europawahlen 6,2 Prozent erreichte, wobei viele Stimmen von der Linken kamen.
Die Linke bereitet sich auf mögliche Rückschläge bei den anstehenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September vor. In Thüringen, wo sie bei der Landtagswahl 2019 31 Prozent erzielte und den Ministerpräsidenten Bodo Ramelow stellt, ist ihre Beliebtheit in Umfragen auf etwa die Hälfte des vorherigen Niveaus gesunken. In Sachsen und Brandenburg liegt die Linke derzeit bei etwa fünf Prozent.
Trotz anhaltender Kritik und Wahlschlappen bleibt Deutschland eine wichtige Präsenz in der politischen Landschaft. Der Entschluss der Co-Vorsitzenden Wissler und Schirdewan, von der Linken in Deutschland zurückzutreten, ist ein bemerkenswerter Wendepunkt.