- Deutsche Wirtschaft schrumpft im zweiten Quartal leicht
Die deutsche Wirtschaft ist festgefahren. Das Bruttoinlandsprodukt fiel im zweiten Quartal um 0.1 Prozent, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden auf Basis vorläufiger Daten meldete. Dies bedeutet einen erneuten Rückschlag für die Wirtschaft nach einem kurzen Aufschwung zu Beginn des Jahres. Die Statistiker führen schwache Investitionen als Grund an.
Im vergangenen Jahr rutschte Deutschland in eine leichte Rezession mit einem preisbereinigten Minus von 0.2 Prozent. Die exportorientierte deutsche Wirtschaft spürte die Abkühlung der Weltwirtschaft, steigende Energiekosten und rapide steigende Zinsen. Hinzu kommt ein Mangel an Fachkräften und Unternehmen klagen über zu viel Bürokratie.
"Blutloses Wachstum"
Der unerwartete Rückgang des Bruttoinlandsprodukts zeigt erneut, dass in Deutschland kein nennenswertes Wachstum zu erwarten ist, schrieb der Chefökonom der Commerzbank, Jörg Krämer. "Der dreifache Einbruch des Ifo-Geschäftsklimas und die Schwäche anderer Konjunkturindikatoren deuten allenfalls auf ein 'blutloses' Wachstum für die zweite Jahreshälfte hin." Die Entlastung durch die bisherigen Zins- und Energiepreiserhöhungen hat sich bisher kaum in einer wirtschaftlichen Erholung niedergeschlagen.
Ein schnelles Comeback ist für das laufende Jahr nicht in Sicht. Im ersten Quartal wuchs die größte Wirtschaft Europas nur um 0.2 Prozent. Und Ökonomen erwarten lediglich ein minimales Wachstum für das Gesamtjahr: So erwartet etwa der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung einen Plus von 0.2 Prozent - weniger als die Prognose der Bundesregierung (0.3 Prozent).
Die deutsche Wirtschaft hat Gegenwind: China, der Wachstumstreiber auf den Weltmärkten, hat an Dynamik verloren, und die Zahl der Firmenpleiten steigt inländisch. Ein erster Zinssenkung durch die Europäische Zentralbank im Juni hat bisher keine nennenswerte Verbesserung für die deutsche Wirtschaft gebracht.
Schlusslicht unter den G7
Der Internationale Währungsfonds erwartet für Deutschland nur 0.2 Prozent Wachstum im Jahr 2024 - der niedrigste Wert unter den führenden westlichen G7-Industrienationen. Im Vergleich erwartet der IWF ein Plus von 3.2 Prozent für die Weltwirtschaft. Eine Debatte über den Standort Deutschland ist schon lange im Gange.
Wichtige Branchen kämpfen ebenfalls: Während die chemische Industrie unter vergleichsweise hohen Energiekosten leidet, ringt die Automobilindustrie mit dem Umstieg auf E-Mobilität, und die Bauwirtschaft hat nach dem Immobilienboom an Dynamik verloren. Um die Wirtschaft zu unterstützen, hat die Bundesregierung Entlastungsmaßnahmen für Unternehmen eingeführt, darunter Verbesserungen bei der Abschreibung und eine Erweiterung des Forschungsförderungsprogramms.
Ifo-Index verhagelt die Stimmung
Auch die jüngsten Indikatoren deuten nur auf eine schwache Erholung in diesem Jahr hin. Die Stimmung in der Wirtschaft hat überraschend weiter nachgegeben. Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist im Juli erneut gesunken - der dritte Rückgang des wichtigsten deutschen Konjunkturbarometers in Folge. "Die deutsche Wirtschaft steckt in der Krise", kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest.
Zumindest: Die Bundesbank erwartet eine etwas stärkere Wirtschaft für das laufende dritte Quartal. Robust steigende Löhne, die den privaten Konsum stützen, eine abebbende Inflation und ein robustes Arbeitsmarktumfeld sollten dazu beitragen. Allerdings ist die Schwäche in der Nachfrage nach Industriegütern noch nicht vollständig überwunden.
Das Wirtschaftswachstum könnte daher etwas hinter den Erwartungen der Notenbank von Juni zurückbleiben. Damals hatten die Währungshüter ein Wachstum von 0.3 Prozent für das Gesamtjahr erwartet. Erst 2025 erwartet die Notenbank bessere Aussichten, mit einer Prognose von 1.1 Prozent Wachstum für die deutsche Wirtschaft.
Die Bundesbank wird die Wirtschaft aufgrund der prognostizierten 0.2-Prozent-Wachstumsrate für Deutschland im Jahr 2024, die nach Angaben des Internationalen Währungsfonds die niedrigste unter den G7-Ländern ist, eng im Auge behalten. Die Erwartungen der Bundesbank für die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal dieses Jahres sind aufgrund von robust steigenden Löhnen, abebbender Inflation und einem robusten Arbeitsmarktumfeld etwas positiver, trotz der anhaltenden Schwäche in der Nachfrage nach Industriegütern.