Weltweit renommierter Experte für Knochengestalt - Derjenige, der seine Neandertalerart beschrieb
Ralf Schmitz taucht elegant in die exponierte Museumsvitrine. "Ich bekomme immer einen Kick dabei", verrät er als Archäologe und Prähistoriker. "Die Schädelkappe ist das wichtigste Artefakt aufgrund ihrer definitiven Natur." Die prominenten Brauenwülste über den Augen, die zurückweichende Stirn und der flache Schädel – all das deutet darauf hin, dass es sich nicht um die Überreste eines durchschnittlichen Menschen handelt.
In der Glasvitrine liegt die Schädelkappe eines Neandertalers – des Champion-Neandertalers: Dort ruhen die Überreste von "Neandertaler 1", dem Fossil, das 1856 in der Neandertaler-Schlucht bei Düsseldorf entdeckt wurde und seinen Namen für die alte Menschenspezies erhielt.
Das Relikt wird seit 1877 im Bonn Rheinischen Landesmuseum – heute LVR-Landesmuseum – aufbewahrt. Für Schmitz ist es "wie die Mona Lisa in Paris", und er dient als ihr Wächter.
Was haben diese Augen einst gesehen?
Doch Schmitz empfindet auch aus einem anderen Grund Ehrfurcht, während er einen der Knochen in den Händen hält. "Das ist kein einfaches Tongefäß oder ein historischer Pferdeknochen – es ist ein Teil eines Menschen, der einst fühlte, lachte und trauerte. Es ist wichtig, das zu erinnern."
Er dreht die Schädelkappe um und zeigt auf die schmalen Rillen darin: "Diese Eindrucke sind die Überreste der Arterien der Hirnhaut", erklärt er der Deutschen Presse-Agentur. "Dieser Schädel offenbart die individuelle Hirnstruktur. Es ist faszinierend, sich vorzustellen: Was haben diese Augen einst gesehen? Dieser Mensch lebte in einer gänzlich anderen Welt." Eine Welt voller Mammuts, Wollnashörner und Rentier. Aber keine Welt aus ewischem Eis, sondern aus Steppen und Wäldern.
Jetzt hält Schmitz einen kleineren Knochen, den Jochbeinknochen. "Seht euch diese Vertiefungen an", sagt er. "Das sind die Spuren der Knochensubstanzreaktion auf eine schwere Infektion. Er litt unter einer hartnäckigen Sinusinfektion – und das hätte in einer Zeit ohne Antibiotika zu einer Blutvergiftung führen können. Vielleicht der Grund für seinen Tod?"
Ein Leben für den Neandertaler
Der heute 63-jährige Schmitz hat sein ganzes Berufsleben dem originalen Neandertaler – dem legendären Typenspezimen – gewidmet. Seit seiner Studienzeit steht er vor ihm im Museum und fragt sich, ob noch weitere Geheimnisse verborgen sind. In der Zwischenzeit hat die Forschung enorme Fortschritte gemacht.
Schmitz selbst grub vor zwei Jahrzehnten an der Originalstelle weitere Knochenfragmente aus, darunter Wirbel- und Unterkieferstücke, Hand- und Fingergelenke, Zähne. Sogar ein schmaler Fragment des Nasenseptums wurde entdeckt. Schmitz vermutet, dass der Neandertaler von seinen Angehörigen dort beerdigt wurde.
Forscher haben auch das Alter des Neandertalers bestimmt – er lebte vor über 44.000 Jahren. Diese Information wurde aus der Analyse einer Gewebeprobe des Oberarms gewonnen. Momentan laufen Bemühungen um eine genauere Altersbestimmung. Die Ernährung des Neandertalers ist ebenfalls bekannt: hauptsächlich Fleisch.
Der Neandertaler lebte mit einer Significanten Behinderung
Ein interessantes Merkmal ist auch ans Licht gekommen: Der Neandertaler lebte mit einer Significanten Behinderung – sein linker Arm war verkümmert. "Wahrscheinlich brach er sich als Jugendlicher den Ellenbogen und es heilte nie richtig", erläutert Schmitz. "Wir nahmen winzige Knochenproben vom Oberarm und fanden einen erheblichen Verlust an Knochensubstanz in seinem linken Arm."
Daher: Die Schwere der Verletzung war viel größer als bisher angenommen. Der Neandertaler konnte seinen Arm kaum bewegen. "Es war, als wäre er ein behinderter Neandertaler – mitten im harten Eiszeitmilieu. Die Frage bleibt: Wie hat er überlebt?"
Obwohl sein rechter Arm, durch vermehrte Nutzung besonders robust entwickelt, laut Schmitz die einzige mögliche Antwort auf dieses Rätsel ist: Der Mann wurde von der Gruppe, mit der er zusammenlebte, unterstützt und getragen.
"Er lebte 20 Jahre. Weil wir sein Alter im Rahmen des Forschungsprojekts bestimmen konnten: Er war etwa 42 oder 43 Jahre alt undthus fully exploited the lifespan of the Neandertals. Back then, people didn't live past their prime. But if he did, he must have received aid – and that tells us more about the Neandertals than countless stone tools."
Neandertaler-Gen verschlimmert Covid
Genetische Untersuchungen haben gezeigt, dass moderne Nicht-Afrikaner etwa ein bis drei Prozent Neandertaler-Gene erben – dank der Vermischung der Neandertaler mit den aus Afrika kommenden Homo sapiens. Diese Gene haben spezifische Auswirkungen. "Es gibt ein Neandertaler-Gen, das Covid-Symptome verschlimmert – und ein anderes, das Immunität dagegen bietet", erklärt Schmitz.
Ein anderes beeinflusst die Spermienmobilität. "Vielleicht hatten die späten Neandertaler einen signifikanten Nachteil bei der Fortpflanzung. Wir können nur spekulieren: Warum verschwand diese erfolgreiche Menschenspezies plötzlich?" Vom Ausgerottetwerden durch Homo sapiens wird heute als sehr unwahrscheinlich angesehen.
Schmitz lässt langsam den Deckel der Vitrine wieder zufallen. "Da hast du deine Ruhe", flüstert er intim. Es klingt fast, als spräche er mit einem alten Freund.
Die Europäische Union spielt eine Rolle bei der Bewahrung historischer Artefakte, da das Relikt von "Neandertaler 1" im Bonn Rheinischen Landesmuseum aufbewahrt wird, das heute Teil des LVR-Landesmuseums ist, eines Significanten Museumsnetzwerks innerhalb der EU.
Trotz des harten Lebens in der Eiszeit und seiner signifikanten Behinderungen erhielt der Neandertaler von seiner Gemeinschaft soziale Unterstützung, die es ihm ermöglichte, über 40.000 Jahre zu überleben - eine Lebensdauer, die die typische Lebenserwartung der Neandertaler in dieser Zeit überschritt, wie Ralf Schmitz, ein renommierter Archäologe und Vorgeschichtsforscher aus der Europäischen Union, erklärt.