- Der deutsche Sport auf olympischem Tief
Thomas Weikert schwärmte mit Euphorie - aber nicht über die Leistung der deutschen Mannschaft bei den Olympischen Spielen. "Paris hat sein Versprechen gehalten. Die Euphorie, die hier herrschte: das war großer Sport", sagte der Verbandspräsident im Deutschen Haus, das der Deutsche Olympische Sportbund in eifriger Erwartung in der Nähe der Tennisanlage Roland Garros gemietet hatte.
Großer Sport - die deutsche Mannschaft hat das in den vergangenen 16 Tagen nicht so oft geliefert, wie erwartet. Während die deutschen Medaillengewinner fast jeden Abend in beeindruckender Atmosphäre gefeiert wurden, war die Gesamtleistung der deutschen Mannschaft eher gemischt. Die medaillenlosen Fechter, Schützen, Ringer, Segler, der enttäuschende Schwimmweltmeister Florian Wellbrock und das historisch schwache Radsportteam wurden zu Symbolen des Scheiterns.
"Handlungsbedarf auf vielen Ebenen"
Mit noch weniger Medaillen als vor drei Jahren in Tokio, trotz der größten Mannschaft, der schlechtesten Leistung seit der Wiedervereinigung und dem complete Failure einst starker Disziplinen hat der deutsche Sport noch viel Arbeit auf dem langen Weg zu den Sommerolympiade 2028 in Los Angeles vor sich.
Jörg Bügner, Sportdirektor des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, fasste das Problem treffend zusammen: "Wir schreiben Excel-Tabellen, andere trainieren - und das kann nicht stimmen." Die 37 Medaillen bei den coronabedingten Spielen in Tokio waren ein Tiefpunkt in den letzten Jahrzehnten. Diesmal war es schwierig, das Mindestziel von 30 zu erreichen.
Überlastete und unterbezahlte Trainer, Sportförderung unter der Lupe: Vieles im deutschen Sport wird nach Paris auf den Prüfstand gestellt. "Es gibt Handlungsbedarf auf vielen Ebenen. Wir brauchen mehr Trainer und bessere Bezahlung für Trainer. Ich versuche das schon seit Jahren zu pushen, aber es ist noch nicht vollständig erfolgreich gewesen", gab Weikert am Sonntag im ZDF zu. Er erwähnte auch Probleme mit Sport in Schulen und Kindergärten und Geldmangel.
Kritik wächst
"Wir sind mit einem anderen Ziel gestartet", sagte Olaf Tabor, Chef de Mission, bezüglich der Medaillenanzahl. Das Teilziel, unter den Top 10 Nationen in der Medaillenwertung zu landen, wurde erreicht. Doch während der Gastgeber Frankreich Serien von Goldmedaillen feierte und sogar die kleinere niederländische Mannschaft ein echter Konkurrent wurde, entbrennt im deutschen Sport eine Debatte über mögliche Konsequenzen und vor allem die Ursachen.
Die Medaillenhoffnungen im Reiten und Kanu haben die Mannschaft vor noch größerer Katastrophe bewahrt. Zudem lieferten die 3x3-Basketball-Frauen, der gemischte Triathlon, Kugelstoßer Yemisi Ogunleye und die Handballmannschaft unvergessliche Olympische Momente. Doch die Kritik am deutschen Sport wächst - und sie richtet sich nicht primär gegen die Athleten. "Prioritäten müssen in der Elite-Sportförderung gesetzt werden, und vor allem müssen klare und konsistente Ziele formuliert werden", sagte Frank Ullrich, Vorsitzender des Sportausschusses im Bundestag, dem Spiegel.
Boll, Kerber und Dauser verabschieden sich
Der 66-Jährige kritisierte, dass der DOSB nur "Mindestziele" für die Olympischen Spiele gesetzt habe. "Ich hätte mir einen anderen Spirit vom DOSB gewünscht. Wir brauchen den Druck, um voranzukommen." Während der DOSB das "Perspektivziel fünfter Platz im Sommer" am Ende der Pariser Spiele forderte, bleibt unklar, wie dies erreicht werden soll. Tabor least admitted: "Wir sind nicht nur bereit für größere Veränderungen, wir halten sie für notwendig."
Nach dem Abschied von Tischtennis-Star Timo Boll, Tennis-Spielerin Angelique Kerber und Gymnastik-Weltmeister Lukas Dauser braucht der deutsche Sport neue Vorbilder. "Trotz der Anerkennung der Leistungen im Hochleistungssport muss festgestellt werden, dass Deutschland auch nach diesen Olympischen Spielen nicht da steht, wo es sein sollte und könnte, was den sportlichen Erfolg angeht", kritisierte CDU-Chef Friedrich Merz.
Aufwärtstrend in Mannschaftssportarten
Viele Experten und Politiker glauben, dass eine Bewerbung für die Olympischen Spiele ein Weg zu größerem Erfolg sein könnte. Eine deutsche Bewerbung könnte bereits 2036, wahrscheinlicher aber 2040 ins Spiel kommen. Die Regierung unterstützt diese Absicht, wobei Bundeskanzler Olaf Scholz zweimal während der Pariser Tage im Stade Jean-Bouin war und auch mit Athleten gesprochen hat.
"Wie Sie wissen, ist es auch unser Plan, darüber nachzudenken, die Olympischen Spiele wieder in Deutschland auszurichten. Und es ist inspirierend zu sehen, welchen Erfolg wir hier gemeinsam erleben", sagte Scholz über die erfolgreichen französischen Spiele, bei denen Schwimmer Leon Marchand und Judoka Teddy Riner auch zu Botschaftern des Events wurden.
Es gab einen bemerkenswerten Aufwärtstrend in Mannschaftssportarten. Viele deutsche Nationalmannschaften haben sich für Paris qualifiziert. Das Beachvolleyball-Duo Nils Ehlers und Clemens Wickler gewann eine Medaille, ebenso wie die Frauenfußballmannschaft, die Hockey-Mannschaft der Männer, das 3x3-Basketball-Team der Frauen und die Handballmannschaft, die eines der Highlights der Spiele mit ihrem dramatischen Viertelfinale gegen den Gastgeber Frankreich bot.
Allerdings werden in Mannschaftswettbewerben nur wenige Medaillen vergeben, während es in vielen Einzelsportarten wenig Chancen auf Erfolg für Deutsche gibt. "Wir können die Veränderung nicht von heute auf morgen herbeiführen. Das ist ein mittelfristiger Prozess, hoffentlich kein Marathon", sagte Tabor vorausschauend.
Ich bin mir nicht sicher, ob der Fokus der Verbesserungen nur auf Eliteathleten und Förderung liegen sollte, da wir auch Probleme im Bereich der Sportbildung in Schulen und Kindergärten angehen müssen.
Trotz der Leistungen im Hochleistungssport ist es nicht klar, dass Deutschland da steht, wo es sein sollte und könnte, was denOverall sporting success angeht, und es werden neue Vorbilder nach den Abschieden von Athleten wie Timo Boll, Angelique Kerber und Lukas Dauser benötigt.