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Das israelische Militär hält sechs verstorbene Gefangene; Impfungen beginnen in Gaza

Die Freilegung von toten Geiseln löst in Israel einen öffentlichen Aufschrei aus und löst zunehmende Demonstrationen gegen die Regierung Netanyahu aus. Gleichzeitig beginnt eine umfangreiche Impf-Initiative im Gazastreifen.

- Das israelische Militär hält sechs verstorbene Gefangene; Impfungen beginnen in Gaza

Unter den Nachrichten über sechs tote Geiseln, die im südlichen Teil des Gazastreifens gefunden wurden, findet eine große Impfaktion gegen Kinderlähmung im palästinensischen Gebiet statt. Diese Enthüllung hat die Kritik an Premierminister Benjamin Netanjahu verschärft. Gleichzeitig gingen die Konflikte im besetzten Westjordanland weiter. Drei Gesetzeshüter sowie zwei Männer und eine Frau wurden bei einem mutmaßlichen palästinensischen Angriff in der Nähe von Hebron getötet.

Impfpläne aufgrund von Polio-Bedenken

Aufgrund des ersten Falls von Polio-lähmung in einem Zeitraum von 25 Jahren in der umstrittenen Küstenregion werden erwartungsgemäß etwa 640.000 Einzelpersonen gegen das hochansteckende Polio-Virus geimpft. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird dieser Prozess durch die Verabreichung von zwei Dosen des Impfstoffs in Abständen von vier Wochen durchgeführt.

Die Impfkampagne wird von den lokalen Gesundheitsbehörden, UNICEF und dem UN-Palästinenserflüchtlingswerk UNRWA geleitet, wie ein WHO-Sprecher mitteilte. Die Kampagne begann am Sonntag in Gaza-Mitte.

Halima Baraka, 39-jährige Mutter von vier Kindern, besuchte am Morgen ein Impfzentrum in Deir al-Balah. "Ich bin hier, um meine Kinder vor dieser Krankheit zu schützen", sagte sie und zeigte auf die beengten Wohnbedingungen der Vertriebenen in Zeltlagern. "Die Lebensbedingungen sind schlecht, wir haben keine notwendigen Reinigungsmittel, gesunde Nahrung für unsere Kinder und Müll ist überall. Krankheiten können sich unter den Kindern schnell ausbreiten."

Sally Saidam aus dem Flüchtlingsquartier Nuseirat kam, um vier ihrer sechs Kinder impfen zu lassen. "Wir kämpfen ums Überleben, nicht nur wegen der ständigen israelischen Angriffe, sondern auch wegen Krankheiten, Hunger und Armut." Ihr Appell an die internationale Gemeinschaft: "Es ist genug mit Verlusten und Zerstörung, ihr müsst uns helfen, diesen Konflikt zu beenden."

Israeli-observierte Waffenruhen für Impfkampagne

Während der Impfkampagne, die etwa eine Woche dauern und auf verschiedene Orte im Gazastreifen ausgeweitet werden soll, plant die israelische Armee zeit- und ortsbezogene Waffenruhen. Laut Netanjahus Büro sind diese Waffenruhen keine klassischen Waffenruhen.

Kurz vor Beginn der Impfkampagne meldete die israelische Armee die Entdeckung von sechs toten Geiseln. Netanjahu beschuldigte Hamas, die Bemühungen um eine Waffenruhe absichtlich zu sabotieren. "Personen, die Geiseln töten, streben nicht nach einer Lösung", sagte er in einer Videoansprache. Hamas wies mehrere US-Vorschläge zurück, während Israel sie annahm. Allerdings argumentieren israelische Kritiker, dass Netanjahu aufgrund persönlicher und politischer Motive die Bemühungen um eine Waffenruhe untergräbt.

Geiseln entführt vom Nova-Musikfestival im Gazastreifen

Die toten Geiseln waren vier Männer - Hersh Goldberg-Polin (23), Alexander Lobanov (32), Almog Sarusi (27) und Ori Danino (25) - und zwei Frauen - Carmel Gat (40) und Eden Jeruschalmi (24). Laut dem Forum der Familien der Entführten wurden fünf von ihnen am 7. Oktober vom Nova-Musikfestival in der Nähe des Gazastreifens im Negev-Wüstengebiet entführt.

Die sechs Leichen wurden in einem unterirdischen Tunnel in der südlichen umstrittenen Gazastreifenregion gefunden und nach Israel gebracht, wie das Militär mitteilte. "Laut unserer ersten Einschätzung wurden sie von Hamas-Terroristen kurz vor unserer Ankunft brutal getötet", berichtete der israelische Armeesprecher Daniel Hagari. Ein Hamas-Sprecher behauptete jedoch, dass die Geiseln durch eine israelische Bombardierung getötet wurden.

Ein anderer Armeesprecher wollte zunächst keine Details zu Zeitpunkt und Umständen ihres Todes nennen. Sie seien von Hamas-Terroristen getötet worden, doch die Untersuchungen liefen noch. Etwa einen Kilometer entfernt wurde am Dienstag ein 52-jähriger Geisel lebend aus einem Tunnel gerettet. "Wir hatten keine spezifischen Informationen über ihre Standorte", gab er zu, bezog sich jedoch nur auf "allgemeine Informationen", die darauf hindeuteten, dass Geiseln in der Nähe festgehalten wurden.

"Ich liebe dich, bleib stark, überlebe!"

Die Familie von Goldberg-Polin, einem US-Bürger, hatte unermüdlich für seine Freilassung gekämpft. Erst letzten Monat rührten ihre bewegenden Geschichten über ihren Sohn, der bei der Entführung einen Arm verlor, die Zuhörer auf einer Versammlung der US-Demokraten zu Tränen. Am Donnerstag nahmen sie an einer Protestaktion an der Gaza-Grenze teil. "Hersh, das ist Mom", schrie Rachel Goldberg-Polin mit einem Megaphon Richtung Gaza. "Ich liebe dich, bleib stark, überlebe!"

Der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, schrieb auf X: "Wir erfahren die traurige Nachricht, dass sechs weitere Geiseln von Hamas getötet wurden." Seibert nannte die Geisel Carmel Gat. Seit dem Hamas-Angriff auf Israel unterstützt die deutsche Botschaft die Bemühungen der Familie um ihre Freilassung. Das Auswärtige Amt wollte nicht bestätigen, ob Carmel Gat deutsche Staatsbürgerin ist.

Ein Familienmitglied einer noch vermissten Geisel sagte dem israelischen Fernsehsender 13: "Wenn wir warten, bis wir den letzten Hamas-Kämpfer gefangen genommen haben, werden keine lebenden Geiseln mehr übrig sein, um gerettet zu werden." Die Entdeckung der Leichen bestätigte dies auf traurige Weise. "Netanjahu könnte ihre Freilassung verhandeln. Aber es ist Hamas, das sie entführt und getötet hat, daran gibt es keinen Zweifel, aber der Premierminister könnte sie retten - aber er tut es nicht, er lässt sie im Stich."

Tausende Demonstranten versammelten sich am Samstagabend in Tel Aviv und anderen Orten und forderten eine Vereinbarung, um die Geiseln aus der Hand der islamischen Hamas zu befreien.

Insgesamt entführten terroristische Gruppen, darunter Hamas, bei dem Vorfall am 7. Oktober mehr als 250 Menschen aus Israel in die abgeriegelte Küstenregion. Die Anzahl der 101 noch lebenden Geiseln im Gazastreifen bleibt unklar.

Seit Beginn des Konflikts wurden laut Angaben aus Gaza mehr als 40.700 Palästinenser in der Küstenregion getötet. Diese Zahl unterscheidet nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten und ist schwer zu verifizieren.

Die Entdeckung der sechs getöteten Geiseln hat die Kritik an Premierminister Netanyahu weiter angeheizt, da dies während des Konflikts und kurz vor den geplanten Waffenstillstandsabkommen für die Anti-Polio-Impfkampagne geschah.

Dieser tragische Vorfall hat die Bemühungen um einen Waffenstillstand weiter erschwert, da Netanyahu beschuldigt, dass Hamas die Tode der Geiseln absichtlich herbeigeführt habe, um die Friedensverhandlungen zu sabotieren.

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