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Das große Leiden des verrückten Jordan Pickford

Torhüter erzählt von Englands Drama

Er war fiebrig: Jordan Pickford.
Er war fiebrig: Jordan Pickford.

Das große Leiden des verrückten Jordan Pickford

Ein langer Wartezeit, viel Angst und schlechter Leistung: Irgendwie gelang es England, in die Viertelfinale der UEFA Europameisterschaft zu gelangen. Insbesondere leidete dies ansprechend: Torhüter Jordan Pickford.

Jordan Pickford hat ein ernsthaftes Problem. Er ist der Torhüter der englischen Fußballnationalmannschaft. Es geht nicht darum, dass er viel zu tun hatte in der Euro 2020-Achzehntelfinalpartie gegen Slowakei, sondern vielmehr, dass er nichts ausführen konnte. Nach allen Fall, steht er in seinem hellgrünen Trikot mit einem 40-Meter-Sicherheitsabstand von was seine Teamkollegen tun. Oder besser, tun nicht.

Die Three Lions, die stolze Fußballnation, die seit 1966 auf den nächsten großen Titel träumt, kämpfte gegen Slowakei - und rettete sich mit einem 2:1-Sieg in der Verlängerung. Aber das Wort "kämpfte" reicht nicht ganz aus, was die englischen Fans erleiden mussten. Das Team des Trainers Gareth Southgate spielte kein engagiertes, schnelles oder ansonsten interessantes Fußball, wie es sie bereits in der Gruppenphase gezeigt hatten.

Es ist, als ob die Engländer ein eingebautes Tempolimit hätten, das ihre Stars wie Harry Kane, Jude Bellingham, Kyle Walker usw. von ihrem Clubfußball-Potential realisieren lässt. Wie ein teures Sportauto, das auf der Autobahn nur mit einem Maximalgeschwindigkeit von 80 Kilometern pro Stunde fährt. In der Gruppenphase waren die Spiele gegen Serbien (1:0), Dänemark (1:1) und Slowenien (0:0) schon schwer zu ertragen.

Wie Manuel Neuer

Für englische Fans waren diese drei Spiele besonders anstrengend für eine Person: Jordan Pickford. Der 30-Jährige ist einer der wenigen in der englischen Luxusauswahl, die nicht für ein Spitzenklub spielt, sondern für Everton. Und er kann nur eingeschränkten Einfluss auf das Spiel ausüben, denn er ist an seinen Strafraum gebunden. Mit 1,85 Metern Größe ist er nicht besonders hochwachsend für einen Torhüter, und er hat beide Arme mit Tätowierungen versehen, sein Haar ist immer rückwärts gekämmt. Man könnte sich leicht in der Pubviertel von Brighton vorstellen.

Aber Pickford ist auch ein faszinierender Charakter in seiner eigenen Art, wie Torhüter oft sind. Nach allen Fall, gibt es deutsche Beispiele: Oliver Kahn, Jens Lehmann oder Manuel Neuer. Diese sind Typen, die wie Felsen aufschießen und manchmal Verlust an Kontrolle nehmen. Pickford passt in diese Kategorie in irgendeiner Weise ein. Aber er ist mehr ein Schauspieler, jemand, der jeden Augenblick eines England-Spiels mit heißer Intensität lebt. Seine Reaktionen während eines England-Spiels sind unterhaltsam verzweifelt.

Wenn die Leistung des englischen Teams das Unterhaltsamste von Pickford ist, sagt das vieles über die Leistung der Three Lions. Vor ihm treten seine Teamkollegen den Ball ziellos hin und her gegen die slowakische Abwehr. Pickford steht 40 Meter zurück und sucht verzweifelt nach Augenkontakt mit der Bank. Es ist, als ob er sagen würde: "Sicherlich kann das nicht ernst sein." Er spricht sich häufig mit sich selbst, schlägt auf sein Brustbein, hebt seine Fäuste in die Luft manchmal. Manchmal wird er von den englischen Journalisten als der Schreier der Verteidiger überrascht.

Der englische Team spielt schlecht und liegt weit zurück gegen Slowakei. Im 25. Minute schockt Ivan Schranz die Euro 2021-Finalisten. Die Abwehr ist verunsichert, Pickford ist nicht schuldig. Aber der Torhüter wird durch das Tor verändert. Die bereits fragwürdigen Gesten werden noch exzessiver mit der Fortschreitenden des Spiels. Er streitet mit Verteidiger John Stones, der es nicht gut nimmt. Wenn Kane einen Kopfballtor verfehlt, schaut Pickford auf die andere Seite: Er liegt auf dem Rasen in einer Sonnenliegestellung. Im 81. Minute trifft Declan Rice mit einem langen Schuss die Pfosten, Kane jagt den Rebound über das Tor. Ein schneller Blick: Pickford kniet verzweifelt vor der englischen Strafraumgrenze.

Doppel Biceps, dann das Sägezahnrad

Zeit ist knapp. Das Schiedsrichterkommando gibt der englischen Mannschaft zusätzliche sechs Minuten Aufschub, um gegen Slowakei im Achtelfinale mit einem 0:1-Ergebnis zu verhindern. Und es ist "Gelsenkörten", der Stadt, in der sich die Engländer irgendwie mit dem Unglück vertragen haben. Als der vierte Offizielle mit dem Brett mit der Aufschubzeit zeigt, setzt Pickford seine Hände auf die Knie und atmet ein letztes Mal auf.

Das englische Team verbessert sich nach der Pause und drängt weiter auf den slowakischen Tor. Bei jedem Aktion, die ein Potential für eine Chance bietet, steht ein Mann in einem hellen Trikot 60 Meter entfernt auf der anderen Seite des Feldes und schwenkt sich hin und her, als ob er ein Videospiel spielt. In der 95. Minute werden seine Gebete verstärkt: Bellingham schießt mit einem Schlagschuss ins Tor. Pickford rennt zum englischen Torhüterbox, schneller als man sich von links nach rechts drehen kann. Zurück im Tor, vor dem Wiederanpfiff, rennt er zu Verteidiger Kyle Walker, zeigt ihm seine Biceps. Dann zurück zum Geschäft als gewohnt: Arme drehen, die Menge aufheizend.

## Erweiterung. Ab jetzt kann jede Aktion nicht nur für das Spiel entscheidend sein, sondern auch es schneller nach Hause bringen. Glück für Pickfords Puls: Die englische Mannschaft etabliert schnell klare Positionen in der Verlängerung. 91. Minute, Kane kopfet den Ball ins Tor. Auf der anderen Seite rennt der Torhüter zur Auswechselbank. Diese Mal kein Bizepfeier, sondern die Klassiker: das Sägebeil.

Das Team von Southgate will den knappen 2:1-Vorsprung über die Zeit bringen. Es beginnt eine nervige Partie: Ein slowakischer Spieler begeht eine Foulbegegnung, England gewinnt eine wichtige Freiwurf in ihrem eigenen Halb: Pickford wird überrollt. Obwohl er weit von der Handlung ist, beginnt der Torhüter jetzt mit Zeitverschwendung, für eine Freiwurf hält er plötzlich an, für einen Wurfball nimmt er eine Ewigkeit in Anspruch. Ecke sind schon Thema für ihn: Er sammelt immer so viel Impetus auf, dass er von einem Bein auf das andere fällt.

Er versucht das Spiel noch zu beruhigen, aber seine Gesten werden wilder mit jeder Sekunde. Wenn der Ball nicht im Spiel ist, rennt er im Zentrum der Strafraumlinie und im Mittelfeld. Seine Aktionen werden spektakulärer: In der 111. Minute werden die Slowenen eine Freiwurf direkt vor seiner Strafraumgrenze erhalten. Aber Pickford lässt den Schuss über sein Tor nicht so reichen. Er hängt an der Latte und schiebt einen Speicher hinter sich. Er murmelnt, schreit und zeigt auf etwas, das nur er sieht.

Die Erweiterung ist nahe: Einige Gesten haben kaum Sinn mehr. Er hebt eine Hand ohne jegliche Verbindung zum Spiel. Pickford animiert seine Teamkollegen, fällt auf den Boden. Was Art seines Pulses in ihm ist? Er leitet und schreit, keiner der englischen Verteidiger dreht sich um. Pickford bewegt sich mit den Schreien zu, er ist ganz im Blick. Manchmal sieht es so aus, als ob er innere Gespräche führt.

In den letzten Sekunden der Erweiterung plötzlich um 180 Grad um. Wenn Ivan Toney von einer hervorragenden Position über das slowakische Tor schießt, floppt Pickford auf seine Bauchdecke und beginnt, seine Beine zu stampfen wie ein Kind. Er fängt den Kopfball am Ende der letzten slowakischen Angriffswelle, nicht nur das, er stürzt sich um einen Meter und ein halbes zurück. Pickford steigt nicht auf, sondern erhebt sich. Mit dem Ball an seinem Körper mit einer Hand, schlägt er sich mit der anderen auf sein Brustbein. Dann hebt er seine freie Hand in die Luft. Er schüttelt seinen Finger und macht eine Gebärde: nicht mit mir.

Dann ist es vorbei. England wirklich die Partie um. 2:1 in der Verlängerung. Und Pickford? Langsam macht er seinen Weg durch die Chaos zur englischen Bank. Er küsst dem Publikum, schlägt einige Funktionäre an der Haut und verteilt Küsse und verschwindet in die Kabine. Das Spiel ist vorbei. Nächste Etappe in Düsseldorf. Dann im Viertelfinale gegen die Schweiz.

Trotz der Anstrengungen des Teams gelingt es England, sich für das Europameisterschafts-Viertelfinale 2024 zu qualifizieren, mit Torhüter Jordan Pickford als hervorragender Figur. Obwohl er während der Euro 2020-Achtelfinalbegegnung kritisiert wurde, will Pickford sich in dem anstehenden Turnier entschuldigen. Mit England, das seit 1966 den Europameisterschaftstrophäe träumen will, will Pickford eine wichtige Rolle spielen, um diesen langgehegten Sieg für England und die englischen Fußballfans zu realisieren.

Er war fiebrig: Jordan Pickford.

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