Unterwegs mit Handicap - Barrierefreiheit im Urlaub: Top-Tipps und beste Reiseziele
Ein Strandurlaub in Spanien, ein Roadtrip durch Skandinavien oder doch lieber eine Wanderung in den Schweizer Alpen? Wenn wir uns nach fernen Orten sehnen, schießen uns unzählige Möglichkeiten durch den Kopf, wohin die nächste Reise gehen soll. Manchmal gibt es im wahrsten Sinne des Wortes Hindernisse zwischen uns und unseren Traumreisezielen.
Barrierefreiheit ist in Deutschland noch lange kein Standard, insbesondere wenn es um Reisen, Urlaub und Freizeitaktivitäten geht. Allein in diesem Land verfügen etwa 7,8 Millionen Menschen über einen Schwerbehindertenausweis und weitere 3 Millionen über einen Leichtbehindertenausweis. Ganz zu schweigen von den vielen Senioren, die zunehmend auf Hilfe angewiesen sind.
Es zeigt sich, dass die Zielgruppe für barrierefreies Reisen riesig ist. Dennoch müssen die Betroffenen mit den Einschränkungen rechnen. Dies führt oft zu großer Unsicherheit auf Reisen.
Wie komme ich an mein Ziel? Welche Möglichkeiten habe ich vor Ort? Welche Reiseziele sind eigentlich rollstuhlgerecht oder sehbehindert? Wir beantworten die wichtigsten Fragen zur Barrierefreiheit auf Reisen.
Barrierefreier Urlaub: Tipps und Tricks für die Buchung Ihrer Reise
Wer im Alltag von Hürden betroffen ist und im Urlaub entspannen möchte, sollte sich vorab möglichst umfassend über sein Reiseziel informieren. Selbst wenn in der Hotelbeschreibung „barrierefrei“ oder „rollstuhlgerecht“ steht, bedeutet das nicht, dass das gesamte Gebäude tatsächlich für Menschen mit Behinderungen geeignet ist. Es lohnt sich, potenzielle Eigentümer anzurufen und nachzufragen.
Grundlegende Informationen zu den örtlichen Gegebenheiten finden Sie heute in nahezu allen Reisebüroprospekten und Online-Anzeigen. Ab 2018 gilt: Es muss angegeben werden, ob der Standort für Menschen im Rollstuhl oder mit Sinnesbehinderungen geeignet ist. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte sich auch beim Veranstalter nach der Tour erkundigen.
Sollten Probleme auftreten oder mehr Hindernisse auftreten als vom Reisebüro angekündigt, lohnt es sich immer, die Erreichbarkeit im Reisevertrag schriftlich zu dokumentieren. Grundsätzlich kann man also in jedes Land der Welt reisen.
Wer es sich leichter machen möchte, kann auch das Online-Portal „Reisen für alle“ nutzen. Der Bund hat das Projekt vor einigen Jahren gemeinsam mit dem Deutschen Berlin-Tourismus-Seminar e.V. ins Leben gerufen, um Menschen mit Behinderung bessere Möglichkeiten für Freizeitgestaltung, Kultur und Tourismus zu bieten.
Heute ist die Seite vollgepackt mit Tipps, Tricks und über 2.500 Ideen für eine barrierefreie Reiseplanung in Deutschland. Hierzu werden landesweit touristische Produkte wie Hotels, Kultureinrichtungen, Attraktionen, Geschäfte und Restaurants nach einheitlichen Standards erfasst und zertifiziert. So können Menschen mit Behinderung sofort erkennen, ob ein Reiseziel für sie geeignet ist oder auf welche Hindernisse sie stoßen.
Übrigens: Weder Reisebüros noch Transportunternehmen dürfen Buchungen aufgrund einer Behinderung oder des Alters ablehnen. Einzige Ausnahme: Die Annahme birgt Sicherheitsrisiken für den Kunden.
Zugänglichkeit und Mobilität kombinieren: Dinge, die Sie beim Reisen beachten sollten
Apropos Reedereien: Sobald das Ziel feststeht und die Buchung bestätigt ist, können wir uns an die Arbeit machen. Bei der Planung einer Reise spielt eine Frage eine zentrale Rolle: Wie komme ich eigentlich an mein Ziel?
Gerade angesichts der Klimakrise entscheiden sich immer mehr Menschen für die Anreise auf dem Landweg. Das heißt, Sie reisen mit der Bahn oder dem Auto statt mit dem Flugzeug. Auch für Menschen mit Handicap ist es eine gute Option – zumindest für Kurzstrecken und Direktzüge.
Das schnelle Umsteigen an einem stark befahrenen Bahnhof oder das Anhalten an einer Raststätte ist für Menschen im Rollstuhl oder mit Sehbehinderungen nicht immer einfach. In Deutschland haben wir an vielen (nicht allen) Raststätten behindertengerechte Toiletten – in anderen Ländern ist dies jedoch noch lange kein Standard. Wenn Sie dennoch dorthin fahren möchten, ist es sinnvoll, sich im Voraus darüber zu informieren, welche Sehenswürdigkeiten zugänglich sind.
Besonders für Rollstuhlfahrer kann die Anreise mit der Bahn in den Traumurlaub schwierig sein. Aber zumindest die Ankunft dieser Form erfordert Planung. Bei der Deutschen Bahn müssen Fahrgäste mit Behinderungen vorab eine Reservierung bei einem sogenannten Mobilitätsservicecenter vornehmen, um Unterstützung beim Ein- und Aussteigen zu erhalten. Hier gilt: Wer zuerst kommt, geht zuerst. Für Rollstuhlfahrer steht in den Zügen nur eine begrenzte Anzahl an Sitzplätzen zur Verfügung – eine Reservierung ist nicht möglich.
Ähnliche Verfahren erwarten Passagiere an Flughäfen. Es gilt auch: Wenn Sie im Rollstuhl reisen möchten, sollten Sie den Flughafen mindestens 48 Stunden vor Abflug anrufen und Bescheid geben. Nur so kann eine Betreuung vor Ort gewährleistet werden. Um sicherzustellen, dass das Bodenpersonal die individuellen Umstände Ihres Passagiers versteht, sollten Sie die folgenden international gültigen Klassifizierungen kennen:
WCHR (Wheel Wheelchair Ramp): Passagiere mit Gehbehinderungen, die beim Ein- und Aussteigen aus dem Flughafen Hilfe benötigen, aber ein paar Schritte gehen können.
WCHS (Wheel Wheel Chair Steps): Eine schwerbehinderte Person, die kaum gehen kann und beim Betreten einer Flugzeugtür Hilfe benötigt.
WCHC (Wheel Wheel Carry): Passagiere, die nicht gehen können und innerhalb des Flugzeugs Hilfe benötigen, beispielsweise bei der Benutzung der Toilette.
Grundsätzlich haben Menschen mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität bei Reisen im Flugzeug, im Nahverkehr oder auf dem Schiff in der gesamten EU besondere Rechte. Dies gilt zum einen für die Unterstützung bei der Ein- und Ausreise, zum anderen für die kostenlose Mitnahme der Begleitperson. In beiden Fällen ist jedoch eine vorherige Anmeldung erforderlich.
Behindertenreisen: Barrierefreiheit in Urlaubszielen
Was viele Menschen nicht wissen, ist, dass es weltweit über eine Milliarde Menschen mit Behinderungen gibt. Das sind etwa 15 % der Weltbevölkerung. Diese Zahl bedeutet auch, dass das Reisen mit Rollstuhl oder Sehbehinderung theoretisch in jedem Land möglich ist. In der Praxis erfordert dies natürlich je nach Reiseziel eine genauere Planung und Vorbereitung. Daher ist es wichtig, die lokale Infrastruktur im Voraus zu kennen, insbesondere für Menschen mit chronischen Krankheiten oder fragilem Gesundheitszustand. Es bietet Sicherheit, indem es stets eine Liste aller Ärzte führt und wie diese Sie im Notfall kontaktieren können. In diesem Fall ist es immer sinnvoll, eine Auslandskrankenversicherung abzuschließen.
Im Feld ist es wichtig, dass man sich nicht zu viel vornimmt. Nur weil Sie im Urlaub sind und Ihre Zeit optimal nutzen möchten, sollten Sie nicht zulassen, dass Sie ausbrennen und sich überfordern. Schätzen Sie Ihren Körper also realistisch ein und planen Sie Aktivitäten, die für Sie funktionieren. Trotz der atemberaubenden Aussicht ist das Besteigen steiler Gipfel möglicherweise nicht die beste Option für Rollstuhlfahrer.
Generell gilt für Freizeitaktivitäten im Urlaub: Die Vorbereitung ist grundlegend. Finden Sie Restaurants, Sehenswürdigkeiten und Aktivitäten im Voraus und informieren Sie sich genau über die Möglichkeiten und Hindernisse vor Ort, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.
Bucket List Food: Barrierefreie Reiseziele
Wohin geht Ihre nächste Reise? Inspiration für barrierefreie Urlaubsziele finden Sie auf dem Online-Portal Travel for All. Wir bieten beispielsweise komplette Reisepläne inklusive Live-Aktivitäten in mehreren Reisezielen in Deutschland, wie Bremerhaven, Dortmund, Bad Bevensen oder dem Teutoburger Wald. Aber auch unsere Nachbarn im Süden haben Zugang. Viele Skigebiete in Österreich sind inzwischen auch für behinderte Reisende geeignet, etwa durch zusätzliche Skigebiete oder transparente Unterkunftsbeschreibungen.
Der Accessible Cities Award zeichnet jedes Jahr die europäischen Städte aus, die für Menschen mit Behinderungen am attraktivsten sind. Der diesjährige Gewinner ist Luxemburg-Stadt, die Hauptstadt des gleichnamigen Landes. Auf den Plätzen zwei und drei landeten die finnische Stadt Helsinki und die spanische Metropole Barcelona.
Der hohe Rang Helsinkis ist besonders wenig überraschend. Skandinavien gilt oft als Vorbild für ganz Europa, wenn es um die Erreichbarkeit geht. In Schweden, Norwegen und Finnland gilt mittlerweile sogar ein Gesetz, dass möglichst viele Bereiche des öffentlichen Lebens für alle offen sein sollen. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber Nordeuropa ist ein großartiger Ort für barrierefreies Reisen.
Übrigens: In den USA gibt es seit Jahren Vorschriften. Der sogenannte Americans with Disabilities Act von 1990 schreibt vor, dass alle Neubauten allgemein zugänglich sein müssen. Darüber hinaus sollen bestehende Einrichtungen die Zugänglichkeit verbessern.
Der Grund ist: Da die Vereinigten Staaten an vielen Kriegen teilgenommen haben, gibt es im Land eine große Anzahl von Kriegsversehrten. Infolgedessen genießen Menschen mit Behinderungen in den Vereinigten Staaten eine starke Willkommenskultur und Chancen, die es in vielen anderen Ländern noch nicht gibt. Denken Sie daran: Viel Spaß beim Überqueren des großen Teichs. Quelle: Onlineportal „Reisen für alle“, Reiseportal „German-Travel“, Deutsches Bahn Informationsportal, Städteranking „Access City Award“ 2022“
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Quelle: www.stern.de