Bakterien im Mund können Krebs "verschmelzen"
Bakterien, die normalerweise mit der Ausbreitung von Darmkrebs in Verbindung gebracht werden, haben ein britisches Forschungsteam nun beim häufigsten Typ von Kopf- und Halskrebs das Gegenteil gefunden: Die Bakterien zerstören die Tumorzellen.
Bakterien gegen Krebs? Britische Wissenschaftler haben entdeckt, dass eine häufige Art von Mundbakterien bestimmte Arten von Krebs dazu bringen können, "zu schmelzen". Patienten mit Kopf- und Halskrebs, die Fusobakterien in ihren Tumoren haben, haben signifikant bessere Heilungschancen, wie eine Studie in der Zeitschrift "Cancer Communications" veröffentlicht wurde.
In einem Laborversuch setzte das von Miguel Reis Ferreira geleitete Forschungsteam, ein Spezialist für Kopf- und Halskrebs am Guy's and St Thomas' NHS Foundation Trust, eine bestimmte Menge der Bakterien in Petrischalen mit Krebszellen. Das Ergebnis überraschte die Forscher: Nach nur wenigen Tagen war der Krebs fast vollständig verschwunden. Die Anzahl der lebensfähigen Krebszellen in Kopf- und Halskrebszellen nahm nach Infektion mit Fusobakterien um 70 bis 99 Prozent ab, schrieb das Team.
Eine anschließende Analyse von Daten von 155 Patienten zeigte, dass diejenigen, die Fusobakterien in ihrem Krebs hatten, bessere Überlebenschancen hatten als diejenigen, die keine hatten. Die Anwesenheit von Fusobakterien in Kopf- und Hals tumoren war mit einem um 65 Prozent niedrigeren Risiko des Todes verbunden als bei Patienten, deren Tumoren die Bakterien nicht enthielten.
Überraschendes Ergebnis
Das Forschungsteam hatte ursprünglich ein anderes Ergebnis erwartet, da frühere Studien Fusobakterien mit dem Fortschreiten von Darmkrebs in Verbindung gebracht haben. "Wir gingen davon aus, dass das Fusobakterium auch das Wachstum von Kopf- und Halskrebs fördern oder sie resistenter gegen Strahlentherapie machen würde", sagte Reis Ferreira der PA-Nachrichtenagentur. "Stattdessen beobachteten wir, dass es den Krebs nach wenigen Tagen vollständig zerstörte." Sogar sehr kleine Mengen des Bakteriums reichten dafür aus.
Die Ergebnisse zeigen, dass diese Bakterien eine komplexere Rolle in Krebs spielen als bisher bekannt, sagte der Studienautor. Er hofft, dass die neuen Erkenntnisse bei der Behandlung von Patienten mit Kopf- und Halskrebs, der Mund-, Rachen-, Kehlkopf-, Nase- und Nasennebenhöhlenkrebs umfasst, hilfreich sein könnten. Außerdem könnten Fusobakterien als Biomarker dafür dienen, wie Patienten auf die Behandlung ansprechen.
Allerdings ist noch nicht entirely clear, wie die Bakterien den Tumor zerstören. Die Forscher vermuten, dass sie die Krebszellen direkt töten und auch eine Immunreaktion gegen den Tumor auslösen. Dies muss in weiteren Studien genauer untersucht werden.
Erste Versuche vor über 100 Jahren
Es gab Versuche, Krebs mit Bakterien zu bekämpfen, seit über 100 Jahren. Ein Arzt hatte in den 1890er Jahren beobachtet, dass einige seiner Krebs patients sich erholten oder sogar completely healthy wurden, wenn sie nach einem Krebsoperation eine Infektion bekamen. Seine anschließenden Versuche, eine Behandlung auf der Grundlage dieser Beobachtungen zu entwickeln, waren nicht sehr erfolgreich, so dass das Verfahren bis jetzt nicht weiter erforscht wurde. Dies könnte sich mit den neuen Erkenntnissen über Fusobakterien ändern.