Leere Autobahnen - Arte-Dokumentation über die Ölkrise in Deutschland
Die westliche Welt befand sich in einer schweren Wirtschaftskrise, doch am 25. November 1973 herrschte auf den Straßen Westdeutschlands eine festliche Stimmung. Die Bundesregierung erklärt ihren ersten autofreien Sonntag. Mitten auf der Autobahn geht ein Mann mit seinem Deutschen Schäferhund spazieren. Auf den Berliner Boulevards wurde im kalten Regen getanzt. Manche Menschen umrundeten große Bögen mit dem Fahrrad, manche ritten sogar auf Pferden. Das ist atemberaubendes Archivmaterial, das Elias von Salomon für seinen Film Oil Crisis 1973 – Autofreie Sonntage ausgegraben hat. Die Dokumentation wird am Donnerstag um 20:15 Uhr auf Arte ausgestrahlt.
Ab dem 25. November gibt es in Deutschland vier Sonntage, an denen Autofahren verboten ist. Fotos von verlassenen Autobahnen finden sich heute in vielen deutschen Geschichtsbüchern, andere Bilder zeigen Wandergruppen oder Zelte, die auf Betonflächen campieren. „Es war ein äußerst unvergessliches Erlebnis. Es hat es zu einem ikonischen Bild der Bundesrepublik gemacht“, sagte der Historiker Professor Rüdiger Graf.
Für viele spätere Umwelt- und Verkehrsaktivisten war die gemeinsame Erfahrung, dass ein Leben ohne Autos möglich ist, geradezu ein Erweckungserlebnis. „Dass man plötzlich auf Straßen gehen oder Rad fahren konnte, die vorher nur von Kraftfahrzeugen befahren wurden, war reizvoll. Das dachten die Leute auch“, erinnert sich Uwe Haack, der heute beim Deutschen Verkehrsclub Straße arbeitet. Gerhard Stolz vom Verein Pro Bahn fügte hinzu: „Ich erinnere mich, dass es November war, diese autofreien Sonntage: Da nimmt man plötzlich einen ganz anderen Geruch in der Stadt wahr. Es muss nicht der Geruch des Waldes sein.“ Das ist der Geruch eines Kohle Herd.
Dieses seit Generationen in Erinnerung gebliebene Ereignis hat einen blutigen Hintergrund: Im Herbst 1973 griffen ägyptische und syrische Truppen Israel an. Die Vereinigten Staaten unterstützten ihren Verbündeten Israel im Jom-Kippur-Krieg. Arabische Ölexporteure empfanden dies als Beleidigung und verhängten ein Ölembargo gegen die USA. Gleichzeitig kündigten große Ölexporteure im Nahen Osten Produktionskürzungen an. Die Folge: eine Ölkrise. Westliche Regierungen waren zum Handeln gezwungen.
Rückblickend waren die Ölkrise von 1973 und ihre Folgen ein tiefgreifender Wendepunkt. Der wirtschaftliche Aufschwung der Nachkriegszeit fand ein jähes Ende. Die Umweltbewegung erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Die Menschen haben ein neues Verständnis für die Nutzung und den Verbrauch von Ressourcen und die daraus resultierenden Umweltschäden. Diese Entwicklungen wirken bis heute nach.
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Quelle: www.stern.de