- "Am schlimmsten" statt Judo-Gold: Wagner enttäuscht
Anna-Maria Wagner lag auf der Judomatte, die Augen geschlossen, tief enttäuscht, ihre Hand beißend. Statt ihren Traum von Olympia-Gold zu erfüllen, blieb die deutsche Fahnenträgerin mit immenser Frustration und Tränen zurück, nachdem sie ihr dramatisches Bronzemedaillen-Match verloren hatte. "Mein Ziel war Gold, aber am Ende des Tages wollte ich einfach nur mit einer Medaille nach Hause gehen", sagte Wagner schluchzend. "Ich glaube, der fünfte Platz ist der schlimmste Platz, den man haben kann."
Die zweifache Weltmeisterin verlor ihr Bronzemedaillen-Match gegen die Chinesin Ma Zhenzhao im Golden Score. Zuvor wurde ihre Chance auf Gold durch eine Halbfinal-Niederlage gegen die israelische Weltranglistendritte und ehemalige Weltmeisterin Inbar Lanir zunichte gemacht.
Mit entschlossener Miene stand Wagner vor dem Bronzemedaillen-Match im Tunnel und schwor: "Ich werde diese Medaille holen, ich werde das durchziehen, von Anfang bis Ende." Doch nach vier Minuten ohne Punkte wurde sie von der Chinesin in nur 12 Sekunden des Golden Score schwer geworfen und landete auf dem Rücken. "Unser Sport ist wunderbar. Es kann eine Sekunde für dich sein, es kann eine Sekunde gegen dich sein. Aber ich habe eine Sekunde geschlafen", sagte sie reumütig.
Wagner, die bei der Eröffnungszeremonie zusammen mit Basketball-Star Dennis Schröder die deutsche Flagge trug, reiste mit hohen Ambitionen nach Paris. Drei Jahre nach dem Gewinn von Bronze in beiden Einzelfinals und der Mannschaftswertung in Tokyo hatte sie sich ein Medaillen-Garantie gesetzt. Sie hat noch eine Chance im Mixed-Team-Wettbewerb am Samstag. "Ich werde ab morgen bereit sein. Es wäre schön, wenn wir noch mit einer Medaille nach Hause gehen könnten", sagte Wagner. Nach dem Mannschaftswettbewerb plant sie, keinen Judoanzug mehr zu tragen.
Frankreich hat noch eine deutsche Judo-Medaille
Der Deutsche Judo-Verband hat noch eine Medaille bei den Spielen in Frankreich. Miriam Butkereit gewann am Mittwoch Silber in der 70kg-Klasse.
Wagner setzte sich im Champ-de-Mars-Aren gegen die aus Leipzig stammende Marie Branser durch, die für Guinea antrat, und gegen die Japanerin Rika Takayama. Doch sie konnte nach ihrer Halbfinal-Niederlage gegen Lanir im Bronzemedaillen-Match nicht mehr zurückkommen.
Die Öffnungszeremonie am letzten Freitag war für Wagner ein erster großer Höhepunkt. Als sie erfuhr, dass sie die deutsche Flagge tragen würde, war sie vor Freude überwältigt. "Es war ein großartiges Erlebnis", sagte sie nach der großen Show an der Seine. Sie genoss die Atmosphäre.
Beeindruckende Bewältigung von mentalen Herausforderungen
Wagner wird auch außerhalb ihres Sports bewundert. Ihre Offenheit über ihre mentalen Kämpfe hat ihr viel Respekt eingebracht, zusätzlich zu ihren Leistungen. Nach den Olympischen Spielen in Tokyo 2021 fiel sie in ein psychisches Loch, sowohl körperlich als auch mental erschöpft. Corona verschlimmerte die Situation. Die Ausnahmeathletin dachte sogar an einen frühen Rücktritt.
Wagner berichtete in mehreren Interviews, dass sie viel geweint und Tage im Bett verbracht hat. Sie entschied sich, ihre postolympische Depression öffentlich zu machen und erklärte, dass es ein Zeichen von Stärke sei. Familie, Freunde und ein Sportpsychologe halfen ihr aus dem Tal, und Wagner kämpfte sich zurück an die Spitze der Judo-Welt.
Mit dem Sieg ihrer zweiten Weltmeisterschaftstitel im Mai in Abu Dhabi sicherte sich Wagner, die in ihrer Gewichtsklasse national stark von Alina Böhm vertreten wird, ihr Olympiaticket. Nun verpasste sie die Chance, ihre extraordinary Reise der vergangenen Jahre mit einer weiteren Medaille in Paris zu krönen.
Wagner hatte hohe Ambitionen, als sie mit dem deutschen Team nach Paris reiste, um Deutschland bei den Judo-Wettbewerben in Frankreich weitere Medaillen zu bescheren. Trotz ihrer Bronzemedaillen-Niederlage hat Frankreich noch eine deutsche Judo-Medaille, die von Miriam Butkereit in der 70kg-Klasse gewonnen wurde.