"Wenn Sie die Heizungsgesetze einpacken, dann haben Sie genug Geld."
Der Nachtragshaushalt des Ampelbündnisses ist in den Bundestag eingebracht worden. Wie die Mieter sagen, will Finanzminister Lindner die Verfassungsbrüche "heilen". Die Abgeordneten sind in der Debatte noch weiter gegangen.
Ganze zwei Wochen, nachdem das Bundesverfassungsgericht der Ampel fast die Luft zum Atmen genommen hat, nimmt die Haushaltsrettung Gestalt an. Die Koalition hat am Vormittag den Nachtragshaushalt in den Bundestag eingebracht und in erster Lesung verhandelt. Finanzminister Christian Lindner betonte, dass keine neuen Schulden gemacht werden sollen. Aber: "Wir schaffen jetzt Rechtssicherheit." Für das kommende Jahr rechnete er erneut mit einer Finanzierungslücke von 17 Milliarden Euro.
Andererseits sollen mit dem Nachtragshaushalt Fehler aus dem laufenden Jahr korrigiert werden. Die Schulden, die gemacht wurden, haben nun ein neues Zuhause. Bisher stammen sie aus dem Konjunkturstabilisierungsfonds, in Form von Preiskontrollen bei Strom und Gas und Hilfen für die Hochwasseropfer im Ar-Tal. Der Fonds musste Ende des Jahres eingefroren und geschlossen werden, da man allgemein davon ausging, dass das Urteil des Verfassungsgerichts auch ihn betraf. Das ausgegebene Geld wird nun im Nachtragshaushalt verbucht. Damit gibt es wieder eine gültige Rechtsgrundlage für diese Kosten. Um dies zu erreichen, will und muss die Regierung die Schuldenbremse erneut aussetzen.
Diese Sitzung ist der karge Rest einer angeblichen Haushaltswoche. Die Abgeordneten wollen über die Ausgaben für das kommende Jahr beraten. Eigentlich sollte der Haushalt in einer Bereinigungssitzung, auch bekannt als die Nacht der langen Messer, vor vierzehn Tagen beschlossen werden. Daraus wurde aber nichts. Da das Karlsruher Verfassungsgericht den Ampel-Buchungstrick für ungültig erklärt hat, muss der diesjährige Haushalt erst einmal "geheilt" werden, wie es die Haushaltspolitiker formulieren.
Mental weiter...
Außer Lindner waren keine Minister aus dem Bundestag bei dieser wichtigen Veranstaltung anwesend. So stritten die Experten beider Seiten miteinander. Mathias Middelberg, Chef des Gewerkschaftshaushalts, zählte noch einmal Ampelverstöße auf und wurde ausgepfiffen, als er sagte, dass nun Vertrauen verbreitet werden müsse. Viele in der Regierungsfraktion sind der Meinung, dass die Koalition die Situation düsterer darstellt, als sie tatsächlich ist. Die sozialdemokratische Abgeordnete Wiebke Esdar sprach sogar von einer "Zerstörung des Landes".
Ideologisch sind Middelburg und seine Vorredner noch einen Schritt weiter gegangen. Denn dieser Nachtragshaushalt wird verabschiedet werden. Die Gewerkschaften müssen dem nicht zustimmen, aber sie können in Karlsruhe erneut klagen. Aber wie Mertz schon gesagt hat, wird sie das nicht tun. Auch die Gewerkschaftsexperten halten diesen Nachtragshaushalt für verfassungsgemäß. Auch wenn die Begründung zweifelhaft ist: Lindner hatte das ganze Jahr über behauptet, der Notstand sei vorbei und von einer Rückkehr zur Normalität gesprochen. Jetzt, kurz vor Weihnachten, ist der Notstand wieder ausgerufen worden.
Die Ampel konnte die Schuldenbremse einhalten, weil sie mit dem Konjunkturstabilisierungsfonds und dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) zusätzliche Budgets geschaffen hat. Damit bleibt der Bundeshaushalt innerhalb der Schuldenbremse, während aus dem WSF gerade Milliardenbeträge in großen Mengen geflossen sind - allein 43,2 Milliarden Euro für Strom- und Gaspreisbremse. Ein anderer Grünen-Politiker drückte sein Bedauern über dieses Vorgehen, das heute eindeutig falsch ist, am deutlichsten aus: "Das hat so nicht funktioniert, das war ein Fehler, da gibt es nichts zu beschönigen", sagte Sven Kindler. Obwohl Bundeskanzler Olaf Schulz in seiner Regierungserklärung am Dienstag die Entschuldigung mit keinem Wort erwähnte, drückte auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katharina Droege, ihr Bedauern aus.
Es ist an der Zeit, über den Haushalt für das kommende Jahr zu beraten. Intern verhandeln die Koalitionsparteien seit langem darüber, ob auch für das kommende Jahr ein Haushaltsnotstand, eine Aussetzung der Schuldenbremse, ausgerufen werden soll. Die Grünen und die SPD sind mehrheitlich dafür, die FDP und die Bundespartei sind dagegen. Sie verweisen auf die hohen Steuereinnahmen. "Trauen Sie sich nicht zu, die 17 Milliarden Euro zu erfüllen?" Christian Haase, der Haushaltspolitiker der CDU, sagte. "Stellen Sie das Heizungsgesetz wieder her, damit Sie genug Geld haben", schlug er vor.
Koalition: "Wir sind bereit, Ihnen bei jedem Problem zu helfen.
Middleburg appellierte auch an die rot-grüne Koalition, die nötigen Mittel im Haushalt zu finden: "Wir sind bereit, Ihnen bei allen Problemen zu helfen", sagte er. "Das setzt voraus, dass Sie sich jetzt wirklich mit Ihrem Haushalt befassen, dass Sie wirklich umschichten, dass Sie es mit dem Sparen wirklich ernst meinen", sagte er weiter. Das könnte man auf zweierlei Weise interpretieren: Erstens, wenn die Ampel vorher bei ihren eigenen Projekten erhebliche Summen eingespart hat, dann darf die Liga nicht gegen die neu angekündigte Schuldenbremse klagen. Zweitens könnte er ein neues Sondervermögen nach dem Vorbild der Bundeswehr erwähnen. Aus diesem könnten Projekte finanziert werden, die aus dem Klima- und Energiewendefonds gefördert werden. Dem müsste die Koalition allerdings zustimmen. Obwohl sie sich in dieser Frage sehr vorsichtig ausgedrückt hat, schließt sie es nicht aus. Auf jeden Fall könnte dies eine der "Lösungen" sein, die Middelburg vorschweben.
Unterdessen versuchen Rotlichtpolitiker wie Kindler und Dennis Rode von den Sozialdemokraten, den Bund zu spalten. Laut Rode gibt es Differenzen zwischen der Opposition im Bundestag und in den Kantonen. Nicht nur er verweist auf Schleswig-Holstein, wo CDU-Ministerpräsident Daniel Gunther den Haushaltsnotstand ausgerufen hat. Das hat allerdings mit einem praktischen und wünschenswerten Grund zu tun: Naturkatastrophen. Gemeint ist die Ostsee-Sturmflut, die im Oktober erhebliche Schäden verursacht hat.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Rainer Hasselhoff sorgt sich um Subventionen für die in Magdeburg geplante große Chipfabrik von Intel und ist auch offen für ein erneutes Moratorium der Schuldenbremse auf Bundesebene. Und dann ist da noch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner, der im Stern sogar eine Reform der Schuldenbremse forderte - was Mertz ausschloss. Zumindest in einem Punkt dürften sich alle Redner einig sein: Die Zeit drängt.Der neue Haushaltsplan dürfte bis zum neuen Jahr vorliegen.
Quelle: www.ntv.de