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Warum Netflix mich nach einem Jahrzehnt als treuen Kunden verloren hat

Der taffe Redakteur Malte Mansholt hat Netflix seit dem Start der Plattform in Deutschland ununterbrochen abonniert. Doch diese Zeit ist nun vorbei. Verantwortlich dafür sind zum Teil die starken Preiserhöhungen, vor allem aber die Maßnahmen von Netflix selbst.

Das Netflix-Abo war jahrelang gesetzt (Symbolbild)
Das Netflix-Abo war jahrelang gesetzt (Symbolbild)

Filme und Serien online ansehen - Warum Netflix mich nach einem Jahrzehnt als treuen Kunden verloren hat

Am Freitagabend, während ich in der U-Bahn saß, landete ein E-Mail von Netflix in meinem Postfach. Der Inhalt lautete: "Hallo, seit 2014 sind Sie Mitglied bei Netflix. Wir freuen uns, dass Sie unsere vielfältige Inhalte genießen." Aber ich wusste, dass dies kein freundliches E-Mail war. "Wenn Sie zustimmen, steigt Ihre Premium-Abo-Gebühr auf 19,99 €." Dieser Hinweis überraschte mich und ich klickte sofort auf die Abbestellungs-Link.

Das starke Preissteigerung überraschte mich nicht so sehr wie es mich dazu brachte, über meine Gefühle gegenüber den Netflix-Diensten nachzudenken. Seit einiger Zeit hatte ich etwas respektlos gegenüber Netflix empfunden, denn tatsächlich fühlte ich mich nicht mehr so begeistert wie früher. Es war Zeit, den 9,99 € pro Monat zu verlassen.

Ein perfektes Keimchen

Anfangs revolutionierte Netflix, wie ich mich unterhielt. Im Jahr 2014 kam Netflix nach Deutschland; und ich, ein eifriger Adopter, schloss mich sofort an. Das Angebot bot eine exklusive, revolutionäre Erfahrung. Für 12 € konnten meine Familie und ich uns auf eine Vielzahl an fesselnden Serien, Hollywood-Filmen und Dokumentationen freuen. Die Plattform bot eine unkomplizierte und umfangreiche Auswahl im Vergleich zu Piratencopien oder DVDs, die unsere bisherigen Optionen waren.

Wir machten das voll aus, bingewatched Serien wie "Arrested Development" und "How I Met Your Mother" und zahlreiche andere. Netflix hatte uns hineingezogen mit seinen Netflix Originals – wie "House of Cards", das das Spiel für TV-Serien veränderte. "Orange is the New Black" verführte mich in eine Frauengefängnis, obwohl der Stoff sonst mich nicht interessierte. Dieses wundervolle Erlebnis war eine goldene Ära der Unterhaltung, mit Netflix als führendem Akteur.

Die Sturmflut

Aber über die Jahre verblasste mein Enthusiasmus. Es war nicht ganz Netflix' Schuld. Seit mehreren Unternehmen ihre eigenen Streaming-Dienste eingeführt haben, verschwanden die Titel immer mehr. Plötzlich benötigten wir mehrere Abonnements, um alle Inhalte zuzugreifen. Trotzdem blieb Netflix mein bevorzugter Streaming-Dienst.

Aber die Entdeckung von Inhalten wurde ein mühes Unterfangen. Die Auswahl an Serien wurde immer schwieriger, da Netflix mehr und mehr Inhalte veröffentlichte. Die wenigen interessanten Serien wurden von einer unendlichen Menge an Material begraben.

Weiterhin verflachte die Qualität der Netflix-Originals, da sie zahlreiche Serien nach nur einer Staffel verlängerten. Im Gegensatz zu früher, wo jede Show ein längeres Leben hatte – meist zwei bis drei Staffeln, um eine Zielgruppe zu finden – werden jetzt Online-Aufträge häufig gestrichen. Das Abbrechen von hochgelobten Serien wie "1899", obwohl sie eine treue Fangemeinde hatten, ist ein rätselhaftes Vorgehen. Es ist unklar, ob es sich um eine Kostenreduzierung handelt oder ein Angst vor negativer Kritik für die Abschaltung der Serie handelt.

Ein weiterer Faktor: In den Anfängen von Netflix war die Möglichkeit, ganze Staffeln einer Show gleichzeitig zu veröffentlichen, ein großer Vorteil. Ich habe oft vor den neuen Folgen geschaut. Aber dieses Verhalten führte manchmal zu einer Müdigkeit anstatt zu einer Befriedigung.

Das Muster wiederholte sich: meine Familie und ich verbrachten mehr Zeit mit der Suche nach guten Serien als tatsächlich sie anschauen. Am Ende kehrten wir zu unseren Lieblingsklassikern zurück, weil sie unsere Lieblingsserien waren.

Erfolgreiche Konkurrenten

Firmen wie Apple TV+ und Disney+ haben die Veränderungen im Markt beobachtet. Sie haben sich an den früheren Erfolgen von Netflix angelehnt, aber mit einer aktualisierten Strategie. Sie veröffentlichen weniger neue Serien pro Monat, bieten jedoch hochwertige Produktionen an. Sie haben die Kunst der Wöchentlichen Ausstrahlungen perfektioniert, so dass wir wieder Spannung für neue Inhalte verspüren können. Neben der Qualität ist auch der Preis günstiger.

Allerdings war der 9,99 €, den ich früher für den Premium-Abo bezahlte, nicht mehr erkennbar. Zum Zeitpunkt derzeit kostet der Standardplan 14 € und erfordert eine zusätzliche Zahlung für UHD-Qualität (20 € pro Monat, heruntergestuft von gemeinsamen Privilegien).

In der Vergangenheit hätte ich argumentieren, dass Netflix wie eine kulturelle Flatrate für einen angemessenen Preis war. Doch dieses Modell scheint jetzt ausbeutend, je nachdem, wie ungleich die Preiserhöhung ist. Als Verbraucher brauchen Sie nicht Teil dieser Entwicklung zu sein.

Aber wir sind wahrscheinlich nicht dazu gezwungen, Netflix für immer aus unserem Leben zu vertreiben. Wenn es fantastische Serien wie "Better Call Saul", "Mindhunter", "The Queen's Gambit" und "Beef" gibt, werden wir sicher wieder abonnieren. Und dann vielleicht etwas Neues entdecken. Das traditionelle Abonnement, das wir immer hatten, wird nicht mehr Netflix sein; es wird nur eines von vielen, die wir wechselweise nutzen werden. Das ist ein Schade.

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Quelle: www.stern.de

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