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Von Frankreich in der Energiekrise lernen – geht das?

Macron und Scholz
Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron beim Staatsempfang in Berlin.

Trotz langjähriger Meinungsverschiedenheiten im Energiebereich sind Frankreich und Deutschland in diesem Winter beide in Schwierigkeiten. Ob es genug Gas und genug Strom gibt, das ist eine Frage auf beiden Seiten des Rheins. Neben dem Krieg Russlands gegen die Ukraine sind auch Probleme in Atomkraftwerken die Ursache für Lieferengpässe in Frankreich, mit denen sich Paris nun arrangiert. Kann Deutschland etwas von Frankreich lernen?

Vorrang für Kernenergie

Frankreichs derzeitiger Vorrang der Kernenergie ist für Deutschland keine Option und besteht auf dem Ausstieg aus der Kernenergie. Präsident Emmanuel Macron hat derweil eine „französische Nuklearrenaissance“ in Frankreich versprochen. Sechs neue Kernkraftwerke werden gebaut und der Bau von weiteren acht wird geprüft.

Einige der 56 bestehenden Kernkraftwerke bereiten Frankreich echte Probleme. Manchmal wird die Hälfte der Pfähle aufgrund von Wartungsarbeiten und möglichen Korrosionsschäden vom Netz genommen. Für den 2007 begonnenen Bau des Reaktors Flamanville wurden gerade weitere Verzögerungen und Mehrkosten bekannt gegeben.

Das Tempo bei der Förderung erneuerbarer Energien

Frankreich hinkt Deutschland bei der Nutzung erneuerbarer Energien hinterher, aber Macron sieht Windenergie und Solarenergie als zweite Säule der Energieversorgung, und Expansionsbemühungen. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen wird sich bis 2030 verdoppeln und bis 2050 weiter steigern.

Wie in Deutschland brauchen neue Projekte aber noch zu viel Zeit. Um Erneuerbare-Energien-Projekte mit doppelter Geschwindigkeit umzusetzen, will Macron nun den Prozess beschleunigen und das Gesetz anpassen – vielleicht ein Vorbild?

Raum finden für die Wende

Beim Ausbau erneuerbarer Energien setzt Frankreich auf Kreativität. Auf den Dächern von Verbrauchermärkten wurden Solaranlagen diskutiert. Dazu sollen auch Flächen entlang der Autobahn und stillgelegte Bahnanlagen genutzt werden.

Kohleausstieg fast abgeschlossen

Frankreich hat seine Hausaufgaben zum Kohleausstieg fast gemacht – raus. Bis auf eine Backup-Anlage sollen nun alle Kohlekraftwerke abgeschaltet werden. Das Kraftwerk „Emile Huchet“ in Saint-Avold bei Saarbrücken war jedoch das vorletzte Kraftwerk, das im März wegen Strommangels abgeschaltet wurde, im Winter aber wieder angefahren wurde. Es bleibt vorerst in Betrieb.

Mehr Flüssiggas

Erdgas aus Russland spielt für Frankreich eine untergeordnete Rolle. Dennoch ist das Land, wie auch Deutschland, zunehmend von Flüssiggasimporten abhängig, die stark gewachsen sind. Die Kapazität des LNG-Terminals in der Nähe von Marseille wird derzeit erweitert. Auch im Norden rund um Dünkirchen und Le Havre werden zusätzliche Kapazitäten aufgebaut.

Darüber hinaus hat der französische Energiekonzern Total eine bedeutende Beteiligung an dem nach eigenen Angaben größten Flüssiggasprojekt der Welt in Katar erworben und damit seine Produktionskapazität für Flüssiggas erheblich erhöht.

Smart in der Krise

Das Abschalten von Warmwasserboilern zur Energieeinsparung zu stromverbrauchsstarken Tageszeiten hat sich in Frankreich als erfolgreiche Maßnahme erwiesen. Seit zweieinhalb Monaten haben 4,3 Millionen Kunden ihre Boiler zwischen 12 und 14 Uhr nicht warm gemacht. Da im Boiler ein großer Warmwasservorrat vorhanden ist, bedeutet dies normalerweise nicht, dass zu diesem Zeitpunkt kein Warmwasser vorhanden ist.

Frischwasser wird erst in der nächsten Nacht erwärmt, wenn der Stromverbrauch gering ist. Möglich macht das der automatische Stromzähler „Linky“, der nicht nur Verbrauchsdaten übermittelt, sondern auch Fernbefehle entgegennimmt.

Energiepreisobergrenzen

Wenn Sie eine Bevölkerung in einer Krise entlasten möchten, ist das auch einfach. Frankreich wird Haushalte im nächsten Jahr weitgehend vor steigenden Strom- und Gasrechnungen schützen. Die Gaspreiserhöhungen werden ab Januar auf 15 % und die Strompreise ab Februar ebenfalls auf 15 % begrenzt.

Frankreich hat erstmals vor mehr als einem Jahr beschlossen, die Strom- und Gasrechnungen der Verbraucher zu begrenzen, sodass die zusätzlichen Kosten für die Verbraucher bisher sehr begrenzt waren. Infolgedessen ist die Inflation in Frankreich im Vergleich zu Milliarden von Dollar an Staatsausgaben relativ niedrig.

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