Arbeit & Tiere - Vierbeiner - Bürohunde auf dem Vormarsch seit der neuen Kronen-Epidemie
Wer die Werbeagentur von Magnus Hertz in Nürnberg betritt, muss zunächst eine Sicherheitskontrolle durchlaufen. Sobald sich die Tür öffnet, rennt Klarchen, eine französische Bulldogge, aufgeregt herbei und beschnüffelt die Besucher, vor allem deren Taschen, in denen sich ja etwas Leckeres verbergen könnte. Dadurch, sagt Hertz, ist das Eis meist schnell gebrochen. "Sie haben im Nu ein Gesprächsthema".
Klatchen arbeitet seit sieben Jahren für die Agentur und ist nicht nur ein Social-Media-Handlanger. "Sie ist sowohl die Verwalterin der Entspannung als auch der Sicherheit", sagt Hertz lachend. Neben der Gepäckkontrolle hilft sie - zumindest indirekt - auch den Mitarbeitern bei der Arbeit. "Wenn mir die Ideen ausgehen, schleppe ich Klarchen mit zu einem Spaziergang an der frischen Luft", sagt Mitarbeiterin Anette Rehm. Im Winter, wenn sie am Schreibtisch sitzt, klettert Klara auf ihren Schoß, um sie zu wärmen.
Aktueller Stand
Natürlich ist Hetz' Agentur eher klein, und Klarchen ist sein Hund - aber das sei ein Zufall, kein Vorrecht des Chefs, betont Hetz. Aber laut dem Bundesverband für Bürohunde gibt es in Deutschland inzwischen viele Beispiele dafür, auch in großen Unternehmen. "Einen Hund am Arbeitsplatz zu haben, ist nicht mehr so abwegig wie früher, aber es gibt auch keine Hunde mehr im Büro", sagt Nadia Wattad vom Deutschen Tierschutzbund. Der jährlich stattfindende Hundekollegentag fördert das Miteinander von Mensch und Vierbeiner am Arbeitsplatz.
Haustierwahn betrifft auch Arbeitgeber
Während der Neuen Krone haben sich viele Menschen einen Hund angeschafft, weil sie mehr Zeit für ihre Haustiere hatten, während sie von zu Hause aus arbeiteten. Jetzt wirkt sich das auch auf das Unternehmen aus. "Nach der Pandemie haben sich unsere Kontakte verdreifacht, vor allem von Unternehmen, darunter viele multinationale Konzerne", sagt Marcus Bayer, Vorsitzender der Office Dogs Association. Seiner Meinung nach löst der Arbeitskräftemangel auch ein Umdenken in den Unternehmen aus. "Die Personalabteilungen stellen fest, dass das Mitbringen von Hunden zur Mitarbeiterbindung und -gewinnung beiträgt".
Siemens untersucht das Thema derzeit deutschlandweit. "Grundsätzlich haben wir eine steigende Nachfrage nach Hunden im Büro festgestellt, weil unsere Mitarbeiter sie zunehmend brauchen", so ein Sprecher. So könnte beispielsweise ein Hundebüro eingerichtet werden, in dem die Mitarbeiter Arbeitsplätze für sich und ihre Hunde buchen können. Auch eine Hundetagesstätte ist angedacht.
Betriebsvereinbarungen und Hundebeauftragte
Es gibt keinen Anspruch darauf, seinen Hund mit ins Büro zu nehmen. Bayer empfiehlt, wenn Vorgesetzte und Team einverstanden sind, eine Betriebsvereinbarung zu erstellen, in der die Rechte und Pflichten aller Beteiligten geregelt sind. Wichtig ist es auch, hundefreie Zonen für Mitarbeiter einzurichten, die Angst vor Hunden haben oder unter Allergien leiden. Im Idealfall ernennt ein Unternehmen einen Hundebeauftragten oder einen hauptamtlichen Hundebeauftragten - jemanden wie Kerstin Drobniewski.
Drobniewski ist eigentlich Mitarbeiterin der Axel Springer Media Group in Berlin, kümmert sich aber seit zwölf Jahren auch um die Bürohunde. Drobniewski sagt, dass es derzeit etwa 250 von ihnen gibt. "Die Nachfrage ist abgeflaut. Der Hype begann vor zwei Jahren." Trotzdem sind immer noch 50 bis 80 Hunde täglich im Haus.
Hausausweise für Hunde
Zutritt haben allerdings nur diejenigen, die einen Hausausweis haben - dafür muss der Besitzer einen Antrag bei Kerstin Drobniewski stellen, der unter anderem einen Nachweis über Impfungen, eine Haftpflichtversicherung und die Zustimmung des Teams erfordert. Drobniewski erklärt, dass sie den Hund dann genau beobachtet und verschiedene Tests durchführt. So musste der Besitzer dem Hund beispielsweise einen Snack aus dem Maul nehmen oder ihn abrufen, während die Hundebeauftragte ihn mit einem Stofftier ablenkte.
Die Vorteile.
"Studien haben gezeigt, dass die Anwesenheit eines Hundes am Arbeitsplatz die Mitarbeiterzufriedenheit, die Motivation und die Arbeitsatmosphäre verbessern kann", sagt Vatad, ein Sprecher des Animal Welfare Institute. Aber das gilt nicht nur für Hundebesitzer. "Auch Mitarbeiter, die keinen Hund haben, können davon profitieren, denn sie können den Hund streicheln oder mit ihm spazieren gehen", sagt Bayer. Das baut Stress ab und unterbricht die ständigen Gedanken. "Man ist ruhiger", bestätigt Drobniewski.
Auch Hunde profitieren
Laut Deutschem Tierschutzbund wollen Hunde so viel Zeit wie möglich mit ihren Bezugspersonen verbringen. Insofern wäre es ideal, wenn man sie ins Büro begleiten könnte - vorausgesetzt, die Bedürfnisse des Tieres werden berücksichtigt, sagt Experte Wattard. Wenn ein Hund vor der Arbeit und in der Mittagspause ausreichend Bewegung bekommt, kann er sich tagsüber lange ausruhen und schlafen.
Aber: "Nicht jeder Hund ist als Bürohund geeignet", sagt Bayer vom Bundesverband für Bürohunde. Vieles hängt von der Persönlichkeit des Hundes und seiner Beziehung zum Menschen ab.
Bisher gab es jedenfalls keine Probleme mit den Hunden bei Axel Springer. "Wir hatten hier noch nie Ärger und haben auch noch nie eine Beschwerde erhalten", sagt Drobniewski. Sie selbst beobachtet oft, dass die Hunde vor dem Bürogebäude an der Leine ziehen, weil sie so schnell wie möglich ins Haus wollen. "Sie fühlen sich hier wohl", sagte sie.
Lesen Sie auch:
- Wind und Sonne: Netzkosten sollen gerechter verteilt werden
- Die EU will die Preisobergrenze für russische Ölexporte verschärfen
- Haushaltskrise: Steigende Strompreise drohen
- Die Zusammenarbeit zwischen Hamburg und MSC Port macht Fortschritte
Quelle: www.stern.de