Die Gesundheitsfürsorge für Kinder steht vor großen Herausforderungen - "Totaler Zusammenbruch": Prominente Ärzte suchen Hilfe für Kliniken; andernfalls steht die Sicherheit der Kinder auf dem Spiel.
Ein ernstes Problem hat sich ergeben, das sich auf das Wohlbefinden junger Menschen bezieht. In einer scharfen Appell an die deutsche Regierung fordern führende Kinderärzte schnelle Maßnahmen zur Lösung der Krise in Kinderkrankenhäusern im ganzen Land. Die Knappheit an Pflegepersonal hat sich so sehr verschlimmert, dass kranke Kinder nicht mehr adäquat versorgt werden.
"In jeder einzelnen Kinderklinik gibt es überbelegte Bedingungen", erklärt Florian Hoffmann, der neu gewählte Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin in stern. Hoffmann, ein Kinderintensivmediziner an der LMU München, beschreibt Stationen, die über ihre Kapazität gebucht sind. "Die Situation ist seit ganzem Jahr über ihre Grenzen getreten, nicht nur während der Winterinfektionswellen", erläutert er weiter.
Die Folgen dieser Situation sind ernst. So erklärt Hoffmann z.B., "es kann zu Verzögerungen bei der Tumoroperation für ein Kind kommen. Eine Operation wie diese kann nicht unendlich verschoben werden, denn der Tumor wächst weiter."
stern hat die Krise in der Kindermedizin umfassend untersucht. In ihren Recherchen entdeckten die Reporter, dass auch das größte Kinderintensivstation 67 der Medizinischen Universität Hannover (MHH) von dieser Krise betroffen ist.
Michael Sasse, der Leiter des Departments an der MHH mit 30 Jahren Erfahrung als Kinderintensivmediziner, bezeichnet die Situation als "Katastrophe". Er und sein Team müssen aufgrund der Überbelegung Patienten nach ihrer Schwere priorisieren, was andere Kinder unbehandelt lässt. "Wenn ich drei Patienten betreuen kann, muss ich entscheiden, wer den Bett bekommt", sagt er traurig.
Beerbaum, Leiter der Klinik für Pädiatrische Kardiologie und Pädiatrische Intensivmedizin an der MHH, deutet an, dass es möglich ist, dass weitere Pflegekräfte aus dem Beruf ausscheiden könnten, was die Krise noch verschärfen könnte. "Die verbleibenden Pflegekräfte müssen für immer schwerere Patienten sorgen und so schnell wie möglich behandeln. Es gibt keinen sicheren Raum mehr."
Beerbaum fordert deutsche Gesundheitspolitiker auf, "sind wir wirklich dazu entschlossen, Situationen zu erleben, in denen wir unseren Kindern nicht mehr helfen können? Diese Frage muss gestellt und von Gesellschaft und Politik beantwortet werden."
stern veröffentlichte auch den Fall eines kritisch kranken Neugeborenen, dessen Behandlungskette scheiterte, weil es an Intensivbetten und Transportmitteln mangelte. Das Kind starb im Februar in einem Krankenhaus Nordrhein-Westfalens, nachdem Ärzte die ganze Nacht erfolglos nach einer verfügbaren Intensivstation und einem Transportmittel suchten.
Nach den letzten Divi-Statistiken können nur 60% der verfügbaren Kinderintensivbetten in Deutschland genutzt werden, wegen Personalmangels. Die Anzahl von Betten und Kliniken in der Kindermedizin hat sich in den letzten Jahren stark verringert. Es gibt derzeit 326 Kinderkrankenhäuser in Deutschland mit etwa 17.500 Betten - ein Drittel weniger als 1996. Die Anzahl der zu behandelnden Fälle hat sich während dieser Zeit konstant gehalten.
Der Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische und Jugendmedizin (DGKJ), Jörg Dötsch, der auch Direktor des Departments für Pädiatrische und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Köln ist, fordert sofortige Maßnahmen, um zuvor geschlossene Betten wieder zu öffnen. "Wir brauchen finanzielle Anreize für Pflegekräfte, nach ihrer Pensionierung oder ihrer beruflichen Pause zurückzukehren und ihre Teilzeitstunden zu erhöhen. Es wäre auch nützlich, flexible Jahresurlaubskonten einzuführen, insbesondere während den anspruchsvolleren Wintermonaten, um mehr Arbeit zu leisten."
Dötsch, zusammen mit seinem Kollegen Hoffmann von DIVI, fordert finanzielle Mittel und Ressourcen in die Kindermedizin umzuleiten. "Klar geworden ist, dass Kinder- und Jugendmedizin priorisiert werden muss", sagt Dötsch, der auch Teil der "Kommission für eine modern und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung" war.
Hoffmann hinterfragt die Schwere der Situation und kritisiert den neu genehmigten Krankenhausreformentwurf der deutschen Bundesregierung. "Ich hatte gehofft, dass die Schutz der Kinder die oberste Priorität des neuen Reformprojekts sein würde. Dass der Gesundheitsminister und die Bundesregierung sagen würden: Lassen wir warten, Kinder sind die höchste Priorität! Leider entspricht das Entwurf nicht meinen Erwartungen."
"Die Kinder sind die Verlierer", zieht Hoffmann das Fazit. "Geld und Ressourcen wurden in die Erwachsenenmedizin umgeleitet, wo Gewinne erzielt werden können. Es ist an der Zeit, dass Gesellschaft, Politik entscheiden, wo unsere begrenzten Ressourcen verteilt und priorisiert werden sollen."