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Politische Pattsituation in Thüringen
Die Wahl in Thüringen am Sonntag endete in einem Patt. Zunächst erschien eine politisch tragfähige Mehrheit durch eine Koalition aus CDU, BSW und SPD erreichbar. Doch dies erwies sich später als nicht umsetzbar. Daher ist eine Koalition ohne Beteiligung entweder der AfD oder der Linken für Ministerpräsident Bodo Ramelow keine Option mehr. Politischer Scientist Oliver Lembcke von der Ruhr-Universität Bochum betont, dass die Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU eine Koalition mit beiden Parteien ausschließt.
Thüringens CDU-Chef Mario Voigt hatte augenscheinlich auf eine CDU-geführte Koalition mit der neuen Allianz unter Sahra Wagenknecht (BSW) gesetzt. Doch dieser Plan ging knapp daneben. Voigts CDU landete hinter der AfD auf dem zweiten Platz. Lembcke betont, dass Ramelow schon lange eine Annäherung der CDU an die Linke fordert. Die Alternativen, so Lembcke, seien ein unregierbarer Staat oder eine von der Linken unterstützte Minderheitsregierung.
Wenn Voigt eine Minderheitsregierung wählt, glaubt Lembcke, würde er seine Abhängigkeit von der Linken weiter erhöhen und sich erpressbar in Entscheidungsprozessen machen.
Strukturwandel der Parteien, nach Lembcke
Lembcke, der viele Jahre an der Friedrich-Schiller-Universität Jena tätig war, sieht die Wahlen in Sachsen und Thüringen als einen Strukturwandel in der deutschen Parteienlandschaft. "Das ostdeutsche Parteiensystem - in Thüringen und Sachsen - unterscheidet sich grundlegend von dem im Westen", sagt Lembcke. Diese Wahlen haben bestehende Unterschiede nur weiter vertieft. "Diese Wahl war ein Protest gegen eine westdeutsch dominierte Parteienlandschaft und gegen die Ampelkoalition", sagt Lembcke. Allerdings haben diese Wahlen auch den Weg für ein neues Dreiparteiensystem geebnet, bestehend aus AfD, CDU und BSW, sagt Lembcke. "Etwas verfestigt sich", sagt er. Die BSW hat die Rolle übernommen, die zuvor die Linke innehatte.
Obwohl das Wahlergebnis am Sonntag zu einer politischen Pattsituation führte, muss Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow nun entweder einen unregierbaren Staat oder eine von der Linken unterstützte Minderheitsregierung in Betracht ziehen, aufgrund des Unvereinbarkeitsbeschlusses der CDU. Anderseits könnte eine Entscheidung von CDU-Chef Mario Voigt für eine Minderheitsregierung seine Abhängigkeit von der Linken erhöhen und ihn manipulierbar in Entscheidungsprozessen machen.