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Klimaklubs statt Haushaltskrise: Scholz auf Klimakonferenz

Im Ölland Dubai soll bei dem Klimatreffen über Fortschritte bei der Bekämpfung der globalen Erwärmung verhandelt werden. Aufgrund der Haushaltskrise macht die Kanzlerin nun eine 20-stündige Pause im Land. Aber nur kurz.

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Bundeskanzler Olaf Schulz (SPD, rechts) und der chilenische Außenminister Alberto Van Claveren Stock (Dritter von links) nahmen an der Veranstaltung „Climate Club Full Launch“ im Rahmen der Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen teil. Foto.aussiedlerbote.de

COP28 - Klimaklubs statt Haushaltskrise: Scholz auf Klimakonferenz

Für die Kanzlerin gibt es tatsächlich wichtige Angelegenheiten zu Hause, die angegangen werden müssen. Der Bundeshaushalt 2024 ist aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts vor Olaf Scholz in die Luft geflogen. Er muss nun mit Finanzminister Christian Lindner und Vizekanzler Robert Habeck zusammenarbeiten, um schnell 17 Milliarden Euro aufzubringen, um das Loch zu stopfen. Scholz will sich die Klimakonferenz, an der Staats- und Regierungschefs aus 170 Ländern teilnehmen, dennoch nicht entgehen lassen.

Am frühen Morgen, kurz nach 7 Uhr, machte er sich auf den Weg nach Dubai, wo in diesem Jahr die sogenannte COP28 mit einer Rekordteilnehmerzahl von rund 97.000 Menschen stattfinden wird. Am Abend zuvor hatte er im Kanzleramt mit Lindner (FDP) und Habeck (Grüne) bis spät in die Nacht über dem Haushaltsplan gebrütet. Fortsetzung folgt – nachdem ich vom Wochenende zurück bin.

Reduzierte Aufenthaltszeit

Aufgrund der Haushaltskrise verkürzte Scholz seinen Aufenthalt in Dubai von rund acht auf 20 Stunden. Ganz aufgeben will er aber nicht. Das Wichtigste an Dubai ist für ihn: Climate Club. Scholz gründete die Organisation, eine Gruppe von Ländern, die besonders ambitioniert im Kampf gegen den Klimawandel sind, vor anderthalb Jahren beim G7-Gipfel im bayerischen Elmau. Am Nachmittag erklärte er das lockere Bündnis aus 35 Ländern und der EU für voll funktionsfähig: „Jetzt kann es losgehen!“ sagte er.

Das gemeinsame Ziel besteht darin, industrielle Prozesse treibhausgasneutral zu gestalten und das Wirtschaftswachstum von klimaschädlichen Emissionen zu entkoppeln. Die Sache ist die: Einige der größten Produzenten klimaschädlicher Treibhausgase gehören nicht zu diesem Club: China, Russland, Indien und sogar Brasilien.

Am Tag zuvor wurde Deutschland weithin gelobt, nachdem die Bundesrepublik und die Gastländer gemeinsam jeweils 100 Millionen US-Dollar für die Einrichtung eines neuen Fonds zugesagt hatten, der arme Länder für Klimaschäden entschädigen soll. Es ist wie ein Startsignal, dem weiteres Engagement folgt.

Wie steht Deutschland zum Klimaschutz?

Die Dubai-Delegation („COP28“ im UN-Sprachgebrauch) sagte stolz, dass Deutschland beim internationalen Klimaschutz schon lange ein „guter Kerl“ sei. Doch wie ist die aktuelle Lage in Deutschland beim Thema Klimaschutz? Die Bilanz lässt sich wie folgt zusammenfassen: Es gibt viele Lücken und Baustellen, aber global gesehen schneiden viele Länder schlechter ab. Spezifisch:

Nach Angaben des Umweltbundesamtes hat Deutschland im vergangenen Jahr rund 746 Millionen Tonnen klimaschädliche Treibhausgase ausgestoßen, mindestens 40,4 % weniger als 1990. Doch laut Klimaschutzgesetz muss diese Zahl um das satte 65-fache reduziert werden. Bis 2030 sollen es 20 % sein, spätestens 2045 muss eine verbindliche Klimaneutralität erreicht sein. Dafür ist eine zügige Steigerung des Tempos erforderlich, wodurch die Emissionen Jahr für Jahr um etwa sechs Prozent sinken. Aber: Seit 2010 liegt das durchschnittliche Wachstum in Deutschland nicht einmal bei 2 %.

Besonders schlimm ist die Situation auf den Straßen. Trotz hoher Treibstoffpreise und Ticketpreisen von 9 Euro ist sie die einzige Branche, die im Jahr 2022 tatsächlich mehr Treibhausgase ausstößt als im Vorjahr. Kein Wunder: Trotz der ständigen Besorgnis wächst der Autobestand im Land weiter. Derzeit sind 48,8 Millionen Autos unterwegs, nur jedes 50. davon ist elektrisch.

Auch die Kohlendioxidemissionen der Kohlekraftwerke des Landes sind zuletzt stark gestiegen, eine indirekte Folge der hohen Ölpreise und der durch den Krieg in der Ukraine verursachten Energiekrise. Auch erhebliche Energiemengen müssen exportiert werden, insbesondere aus Frankreich, wo die Hälfte der Kernkraftwerke des Landes zu Wartungszwecken nicht ans Netz angeschlossen ist.

International sind viele schlimmer

Deutschland kommt beim Klimaschutz voran, wenn auch langsam. Allerdings geht es der Bundesrepublik damit nicht schlechter als anderen Ländern – denn viele Bundesländer tun deutlich weniger. Denn mittlerweile stoßen 139 Länder weltweit mehr Treibhausgase aus als 2005, manche sogar doppelt so viel, wie das NewClimate Institute ermittelte. Ein negatives Beispiel ist China: Im Jahr 2005 emittierte die Volksrepublik China 5,8 Milliarden Tonnen Kohlendioxid, im Jahr 2021 waren es bereits 11,5 Milliarden Tonnen – was 30 % der gesamten weltweiten Emissionen entspricht. Bei den Pro-Kopf-Emissionen liegt China inzwischen auf dem gleichen Niveau wie Deutschland, aber immer noch weit hinter Ländern wie den USA, Australien, Kanada und Russland.

Niclas Höhne, Klimaexperte am New Climate Institute, kam Mitte November zu dem Schluss, dass es keine Anzeichen für einen grundlegenden Wandel auf globaler Ebene gebe. Er stützte seine Berechnungen auf neue Berechnungen der Vereinten Nationen: Selbst wenn alle Klimaschutzzusagen eingehalten würden, was viele bezweifeln, könnten die Emissionen im Jahr 2030 nur 2 % unter dem Niveau von 2019 liegen. Um das 1,5-Grad-Erderwärmungsziel zu erreichen, muss es bis dahin halbiert werden.

Deutschlands Leistung insgesamt „unbefriedigend“

Das New Climate Institute veröffentlicht außerdem regelmäßig das hoch angesehene Analysetool Climate Action Tracker, das regelmäßig die Klimapolitik von mehr als 40 Ländern bewertet. Trotz einzelner Fortschritte stufen Experten die Gesamtleistung Deutschlands als „ungenügend“ ein: Die Bundesregierung scheint ihre eigenen Klimaschutzziele für 2030 aufgegeben zu haben. Beispielsweise ist es unangemessen, dass Deutschland auf seinen Autobahnen nicht einmal so etwas Einfaches wie ein allgemeines Tempolimit einführt. Ende August zeigte ein vom Umweltbundesamt koordinierter Bericht zur Bundesprognose, dass die Klimaziele für 2030 und 2045 „gefährdet“ seien, wenn keine zusätzlichen Maßnahmen ergriffen würden – was die Behauptungen der Regierung Lügen straft.

Der Climate Action Tracker-Bericht macht deutlich, dass die Bundesregierung auch im internationalen Vergleich systematisch Hürden für den Ausbau erneuerbarer Energien beseitigt hat. Im Solarbereich übertrifft es seine Ausbauziele, im Windbereich jedoch nicht.

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Quelle: www.stern.de

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