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Karlsruhe beurteilt Wahlrechtsreform der GroKo

Im vergangenen Frühjahr hat der Bundestag eine Ampelabstimmung zur Wahlrechtsreform beschlossen – nun stehen die Reformen der ehemaligen Koalition in Karlsruhe auf dem Prüfstand. Das Urteil des Richters könnte auch für die heutige Rechtslandschaft interessant sein.

Ein Blick aus Fraktionsebene in den leeren Plenarsaal des Deutschen Bundestages..aussiedlerbote.de
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Karlsruhe beurteilt Wahlrechtsreform der GroKo

Im Idealfall würden zentrale Fragen des politischen Systems Deutschlands, etwa das Wahlrecht, im breiten politischen Konsens entschieden. Doch das ist längst reine Theorie. Tatsächlich ist die Frage des Stimmrechts auch eine Frage der Macht – und damit der Politik.

Deshalb muss das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung über die Reform des bundes- und sozialdemokratischen GroKo-Wahlgesetzes ab 2020 verkünden. Das ist etwas seltsam, da das Ampel-Bündnis im vergangenen März eine weitreichendere Reform beschlossen hat und die ehemaligen Kläger kein Interesse mehr an dem Verfahren haben.

Warum das Wahlrecht reformieren?

Nach Beginn der 15. Wahl im Jahr 2002 wurde im Bundeswahlgesetz die Zielgröße des Bundestages auf 598 Abgeordnete festgelegt. Diese Zahl wurde zunächst weitgehend beibehalten. Doch nach jeder Wahl ziehen immer mehr Abgeordnete in den Reichstag ein, 2017 waren es 709 Abgeordnete. Ausstehende und Ausgleichsermächtigungen waren die Gründe für die Entwicklung des Bundestags im XL-Format. Ein schwebendes Mandat liegt dann vor, wenn eine Partei mehr Direktmandate gewinnt, als sie aufgrund des Ergebnisses des zweiten Wahlgangs hätte gewinnen können. Diese durfte sie behalten, die anderen Parteien erhielten jedoch im Gegenzug Ausgleichsermächtigungen. Alle Parteien befürworteten Entlassungen, konnten jedoch keine gemeinsame Basis finden.

Wie sieht die Wahlrechtsreform im Jahr 2020 aus?

Die GroKo-Wahlrechtsreform besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil gilt für 2021 und der zweite Teil soll nur für die Wahlen 2025 gelten. Es wurde festgelegt, dass bis 2021 die überschüssigen Genehmigungen einer Vertragspartei teilweise durch ihre Bestandsgenehmigungen in anderen Ländern ausgeglichen werden sollen. Bis zu drei ausstehende Mandate sollen bei Überschreitung der Regelgröße von 598 Sitzen nicht durch Ausgleichsmandate abgegolten werden. Die Zahl der 299 Wahlkreise ist davon jedoch nicht betroffen. In einem zweiten Schritt sollen diese Zahlen ab 2024 auf 280 reduziert werden. Darüber hinaus soll nach der Bundestagswahl 2021 ein Reformausschuss für wahlrechtliche Fragen eingerichtet werden.

Was würde einen Richter stören?

Bei den mündlichen Anhörungen im April ging es um die Frage, ob die Wähler die Auswirkungen ihrer Stimmen noch verstehen. Oder sind die Wahlgesetze zu komplex geworden und müssen vereinfacht werden?

Könnte dieses Ziel mit den neuen Reformen erreicht worden sein?

Bis zu einem gewissen Grad ja. Das neue Wahlgesetz begrenzt die Zahl der Sitze im Bundestag auf 630. Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es keine anhängigen oder kompensatorischen Genehmigungen mehr. Ausschlaggebend für die Stärke einer Partei im Parlament ist allein das Ergebnis ihrer Zweitstimme. Auch die Grundlizenzbedingungen gelten nicht mehr. Ihren Angaben zufolge sind die Parteien aufgrund der starken Zweitstimmenergebnisse in den Bundestag eingezogen und hätten auch bei einer Unterstützung von unter fünf Prozent mindestens drei Direktmandate errungen. Künftig muss jede Partei, die in den Bundestag einziehen will, mindestens fünf Prozent der bundesweiten Zweitstimmen erreichen.

Welche Ergebnisse haben die Reformen im Jahr 2020 erzielt?

nicht viel. Kritiker bemängelten von Anfang an, dass es sich um eine kleine Reform mit geringer Wirkung handele. Der Bundestag ist keineswegs kleiner geworden, sondern gewachsen. Seit der Wahl 2021 sind 736 Abgeordnete beigetreten. Schließlich verlangsamte sich das Wachstum einfach. Für Wahlrechtsexperten ist jedoch klar, dass der Bundestag viel größer wäre, wenn das Wahlverhalten der Bürger etwas anders gewesen wäre. Kurz vor der Wahl hielt Robert Wehrkamp von der Bertelsmann Stiftung sogar einen Bundestag mit 1.000 Abgeordneten für möglich.

Wie wurde die Reform zum Fall vor dem Bundesverfassungsgericht?

Liberaldemokraten, Grüne und Linke waren bei der Verabschiedung der GroKo-Reformen in der Opposition, haben aber einem eigenen Gesetzentwurf zugestimmt, der eine größere Wirkung haben wird. Beispielsweise forderte er, die Zahl der Wahlkreise von 299 auf 250 zu reduzieren. Im Februar 2021 reichten sie in Karlsruhe ein sogenanntes abstraktes Normgutachten ein, um zu prüfen, ob die Wahlrechtsreformen von Bund und SPD mit dem Grundgesetz vereinbar sind.

Ist der Kläger damit noch zufrieden?

NEIN. Die Liberaldemokraten, die Grünen und die Linken würden ihre Beschwerden angesichts der Änderungen in der Ampel-Allianz lieber beiseite legen. Mitte März beantragten 216 Kongressabgeordnete, die Anträge auf behördliche Überprüfung eingereicht hatten, die Aussetzung des Verfahrens. vergeblich. Die stellvertretende Gerichtspräsidentin Doris König sagte in einer mündlichen Verhandlung, es sei von „erheblicher Bedeutung“ zu klären, ob der aktuelle Bundestag auf der Grundlage verfassungsmäßiger Wahlrechte geschaffen worden sei.

Warum ist dies angesichts der neuen Reformen immer noch relevant?

Aufgrund vieler Überraschungen am Berliner Wahltag wird es nach einem Beschluss des Bundestags in einigen Wahlkreisen der Hauptstadt erneut zur Bundestagswahl kommen. Auch in Karlsruhe läuft ein diesbezüglicher Rechtsstreit. 19 Jahre alt. Im Dezember will das Bundesverfassungsgericht bekannt geben, in wie vielen Wahlkreisen eine solche Abstimmung stattfinden muss und ob eine zweite Abstimmung ausreicht. Für Wiederholungswahlen gelten dieselben Regeln wie für Vorwahlen.

was bedeutet das?

Es kann schwierig werden. Sollten die Änderungen für ungültig und nicht nur für verfassungswidrig erklärt werden, „müsste im Falle einer teilweisen Wiederholung der Wahl durch Berlin im Wesentlichen das gesamte Bundestagswahlergebnis nach dem alten Wahlrecht vor 2020 neu berechnet werden“, erklärt Politikwissenschaftlerin Sophie. Schönberger ist Kläger bei Grünen, FDP und Linksparteien. Dies würde die Größe des derzeitigen Bundestages weiter vergrößern.

„Eine grundsätzlich mögliche Lösung wäre die Anwendung des vor dieser Reform geltenden Rechts“, sagte der Bundestagsabgeordnete Professor Bernd Grzeszick. Theoretisch ist auch ein „Übergangs- oder Notwahlgesetz“ möglich, das der Bundestag nur in diesem Fall erlassen kann. Allerdings sind alle diese Situationen aus unterschiedlichen Gründen aus rechtlicher Sicht äußerst problematisch.

Wird das Urteil auch Auswirkungen auf die neuen Reformen haben?

In Berlin wird das Urteil zur Wahlrechtsreform 2020 auf den Prüfstand gestellt. Die Richter werden in ihrem Urteil wahrscheinlich einige allgemeine Grundsätze zum Wahlrecht niederschreiben, die auch Auswirkungen auf die jüngsten Reformen haben könnten. Der Freistaat Bayern und die Christlich-Soziale Union haben bereits Klagen eingereicht.Auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion und die Linken kündigten Klagen an. Das alte Wahlgesetz könnte 2025 in Kraft treten, sofern Karlsruhe die neuen Reformen ablehnt.

Quelle: www.dpa.com

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