Israel überschwemmt Terrortunnel der Hamas
Im Kampf gegen das unterirdische Labyrinth der Hamas wird deutlich, dass auch Israel auf die Ressource Wasser angewiesen ist. Überflutete Tunnel könnten Zivilisten schützen, sagt ein Militärexperte. Dieser Ansatz birgt jedoch Gefahren.
Das riesige Tunnelsystem der Hamas stellt eine große Herausforderung für das israelische Militär im Gaza-Krieg dar. Dieses schätzungsweise Hunderte Kilometer lange Labyrinth ist der größte strategische Vorteil der Terroristen und das Herzstück ihrer Infrastruktur. Viele Experten glauben, dass die Zerstörung der Hamas nur durch die großflächige Zerstörung von Tunneln möglich sein wird. Um dies zu erreichen, griffen die Israeliten offenbar auf Wasser zurück. Ein Video in den sozialen Medien zeigte, wie israelische Soldaten offenbar den Schacht mit Wasser füllten. Zuerst öffnen sie ein Ventil, dann dehnt sich ein Schlauch aus, der mit einem Metallrohr verbunden ist, das zum Boden führt. Verifizierungsteams von RTL und ntv gehen davon aus, dass das Video authentisch ist, können jedoch nicht absolut sicher sein, ob der Hamas-Tunnel tatsächlich überflutet wurde. Dies ist jedoch im Kontext des aktuellen Krieges möglich.
Israel nutzt „verschiedene Mittel“
Nach eigenen Angaben hat Israel seit Kriegsbeginn etwa 400 Hamas-Tunnel zerstört. Das Militär sagte, es habe „verschiedene Methoden“ eingesetzt, machte aber keine Angaben dazu, wie. Am offensichtlichsten ist die Bombardierung unterirdischer Systeme. Dadurch wird zwar ein direkter Kampf vermieden, der Kollateralschaden ist jedoch ebenso hoch. Allerdings würde die Entsendung von Bodentruppen in die Tunnel zu komplexen und gefährlichen Schlachten führen.
Vor diesem Hintergrund gibt es Spekulationen darüber, dass Israel möglicherweise bereits andere Vorgehensweisen verfolgt. Das israelische Militär hat sich über seine Tunnelbaustrategie bedeckt gehalten; Verteidigungsminister Jowar Galante sagte gegenüber der Washington Post lediglich, dass es eine „industrielle Lösung“ benötige. Mögliche Optionen sind das Einleiten von Rauch, das Sprengen, das Blockieren des Eingangs oder sogar der Einsatz von Wasser.
Theoretisch ist das Angebot im Mittelmeerraum unbegrenzt. Mit kurzen Rohren könne Meerwasser direkt in Tunneleingänge gepumpt werden, die teilweise in Küstennähe liegen, schrieb der ehemalige US-Militäroffizier Jeff Goodson auf der Online-Plattform Real Clear Defense. Dazu muss Israel einen Korridor bauen, durch den Wasserleitungen verlaufen können. Der Tunnel muss nicht verfüllt werden. Sobald der Wasserstand eine Höhe von 60 bis 90 Zentimetern erreicht, werde der Schacht unbrauchbar, schrieb Goodson.
„Humanitäre Hilfe“
Die Überschwemmung wird die Hamas an die Oberfläche zwingen, was den Kampf erleichtert. Darüber hinaus handelt es sich um eine dauerhafte Lösung, da einmal überflutete Tunnel nur schwer wieder entwässert werden können. Der ehemalige Militäroffizier bezeichnete die Praxis sogar als eine Form der „humanitären Hilfe“, da Explosionen vermieden und so der Tod weiterer Zivilisten verhindert werden könnten.
Aber die Überschwemmung der Hamas-Tunnel birgt auch Risiken. Noch immer kontrollieren Terroristen etwa 240 Geiseln, von denen die meisten vermutlich im Untergrund festgehalten werden. Israel betonte, dass SpezialeinheitenJahalom eine wichtige Rolle bei der Zerstörung der Schächte spielten. Die Elitetruppen der Armee verfügen über spezielle Ausrüstung. Mithilfe von Radarsystemen und Robotern können sie Tunnelsysteme durchkämmen. Auch Spürhunde sind speziell für den Tunnelbau ausgebildet.
Israel hat im vergangenen Krieg in Gaza Erfahrungen im Kampf gegen Tunnel gesammelt. Denn seit Jahrzehnten erweitert die Hamas ihr Labyrinth. Es wird nicht nur für militärische Zwecke genutzt, sondern dient auch als Schmuggelroute nach Israel und Ägypten. Im Jahr 2015 beschloss Kairo, Dutzende Tunnel von Gaza aus zu schließen. Damals pumpten ägyptische Streitkräfte Salzwasser aus dem Mittelmeer in das System und verursachten damit laut palästinensischen Tunnelbauern mehr Schaden als israelische Streitkräfte in zwei Jahrzehnten.
Quelle: www.ntv.de