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Budget stellt Nerven auf die Probe: Klimakoalition sagt Klimagipfel ab

Wohin sollen die Ersparnisse fließen – oder brauchen wir mehr Einkommen? Die Ampel-Allianz muss ein Milliardenloch füllen. Die Verhandlungen finden auf höchster Ebene hinter den Kulissen statt.

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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte: „Ich bin sehr optimistisch, dass wir auf einem guten Weg zu einer Einigung sind.“ Foto.aussiedlerbote.de

Bundesregierung - Budget stellt Nerven auf die Probe: Klimakoalition sagt Klimagipfel ab

Das politische Berlin erwartet weißen Rauch aus dem Kanzleramt. Seit Tagen arbeiten Bundeskanzler Olaf Schulz, Vizekanzler Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner hinter verschlossenen Türen daran, Wege aus dem milliardenschweren Loch im Bundeshaushalt zu finden.

LDP-Führer bezeichneten die Stimmung als Advent. Aber nur wenige in den politischen Kreisen Berlins sind wirklich kontemplativ. Das ist eine Nervenprobe, denn das Haushaltsurteil in Karlsruhe stellt die Grundfesten des Ampel-Bündnisses in Frage.

Aufhören, die Bürgerfinanzierung zu erhöhen, Klimaprogramme zu kürzen, Subventionen abzuschaffen oder Steuern zu erhöhen? Unabhängig vom Ergebnis des endgültigen Kompromisses dürfte es ein Kernproblem geben, mit dem sich zumindest einer der Ampelpartner befassen muss. Doch der Druck auf die Chefverhandler geht über den Inhalt hinaus. Da jeder Tag ohne Einigung vergeht, wird es immer unwahrscheinlicher, dass der Haushalt des nächsten Jahres ordnungsgemäß verabschiedet wird.

Zwei Szenarien – und eine Katastrophe

Der Vorsitzende der Grünen, Omid Nouripour, betonte, es stehe viel auf dem Spiel. „Alle wollen, dass so schnell wie möglich grundlegende Entscheidungen getroffen werden“, sagte er in Berlin. Nun seien „vertiefende Gespräche“ im Gange.

Soll noch vor Silvester eine Entscheidung getroffen werden, müssen in den nächsten Stunden grundlegende politische Entscheidungen getroffen werden. Am besten vor der Kabinettssitzung am Mittwoch, damit noch genügend Zeit für die parlamentarische Verhandlung bleibt. Es ist auch möglich, dass noch vor Weihnachten eine grundsätzliche Einigung erzielt werden kann, der Haushalt aber erst Anfang 2024 vom Parlament verabschiedet wird. Sollte vor Weihnachten nicht einmal eine grundsätzliche politische Einigung erzielt werden, könnte eine regelrechte Regierungskrise ausbrechen.

Klimaminister gibt Klimagipfel ab

Scholz verließ deshalb am Wochenende die Weltklimakonferenz um Stunden früher. Nun hat auch Habaek einen Rückschlag erlitten: Seine Reise nach Dubai wurde abgesagt. Es muss ernst sein, wenn der Klimaminister nicht am Klimagipfel teilnimmt. Laut dem Büro des Premierministers ist es derzeit am besten, zusammenzusitzen. Es gibt unterschiedliche Meinungen darüber, ob die Reisebefreiung ein Antrag der Kanzlerin oder eine gemeinsame Entscheidung des Trios war.

Nach tagelangen Verhandlungen seien noch zu viele Fragen unbeantwortet, heißt es. Das Klima in der Koalition ist wichtiger als der Klimagipfel – nicht zuletzt, weil Außenministerin Annalena Berbock ohnehin die Hauptverhandlungen in Deutschland leitet.

Wie Spardruck entsteht

Aber auch im Kanzleramt wirbt Habeck für Investitionen in den Klimaschutz. Auslöser der Krise war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vor knapp drei Wochen, das die Umschichtung von 60 Milliarden Euro in den Klima- und Transformationsfonds für ungültig erklärte. Das Geld wurde als Corona-Kredit genehmigt, später aber für Klimaschutz und wirtschaftliche Modernisierung verwendet. Gleichzeitig entschieden die Richter, dass der Staat Notkredite nicht für künftige Jahre zurückstellen könne. All diese Faktoren führen nun zu einem milliardenschweren Defizit im Haushalt 2024 und bei der Finanzierung vieler Modernisierungs- und Klimaschutzprojekte.

Lindner schätzte die Haushaltslücke für das kommende Jahr auf 17 Milliarden Euro. Der Zeitung „Pioneer“ sagte er, der Grund sei nicht nur das Urteil gewesen. So werden etwa die geplante Senkung der Stromsteuer zur Entlastung der Industrie 3 Milliarden Euro und die Verbesserung der Grundsicherung 6 Milliarden Euro kosten.

Sparen, Steuern oder Schuldenbremse?

Die Erhöhung der Sozialleistungen für die Bürger ist eines der Programme, das nun vor dem Scheitern zu stehen scheint. Es wird erwartet, dass die Grenze im neuen Jahr um etwa 12 % ansteigt, vor allem weil die Inflation die Lebenshaltungskosten in die Höhe schnellen lässt. Daran will Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) festhalten. Es sei „moralisch unverantwortlich und mit der Verfassung unvereinbar“, den Betroffenen die Chance zur Anpassung zu verweigern. Die LDP wiederum hält aufgrund des jüngsten Inflationsrückgangs eine Neubewertung für dringend erforderlich.

Die grundsätzliche Vereinbarung, die das Ampel-Bündnis nun treffen muss, besteht darin, einzusparen oder Einnahmen zu generieren, also die Steuern zu erhöhen oder die Schuldenbremse bis 2024 auszusetzen. Lindner bleibt bei der Sparoption. Laut Vanguard gibt die Bundesregierung 45 % ihrer Ausgaben für soziale Themen aus. „In den letzten Jahren wurden viele Standards entwickelt.“ Auch für die Industrie werde es hohe Subventionen geben.

Niedersachsens Kanzler Stephan Weil (SPD) forderte unerwartet eine Änderung des Heizungsgesetzes. „Es gibt viele Menschen in unserer Gesellschaft, wie zum Beispiel den Premierminister, die wohlhabend genug sind, um keine staatliche Finanzierung für ihre neuen Heizsysteme zu benötigen“, sagte er gegenüber Le Monde.

Ist die Allianz in Gefahr? Lindner Rote Linie Steuererhöhungen oder eine Erhöhung der Schulden hingegen sind für Lindner rote Linien – ebenso wie ein weiteres Engagement in der Koalition. Der Vorsitzende der Liberaldemokratischen Partei sagte, er werde nicht schwanken, wenn es um seine absoluten Grundüberzeugungen gehe. „Der Leitgedanke unserer Regierungsbeteiligung ist seit jeher: Wir respektieren die Schuldenbremse, das heißt, die Verschuldung unseres Landes muss sinken. Zudem darf die Steuerbelastung der Bürger nicht steigen.“

Damit bezog sich Lindner direkt auf eine Aussage des SPD-Chefs Lars Klingber, der sagte, der Koalitionsvertrag zur Einhaltung der Schuldenbremse und der genannten Steuererhöhungen stünde nach dem Haushaltsurteil erneut zur Debatte. „Ich kann nur freundlich antworten: Das kann bei der nächsten Bundestagswahl 2025 besprochen werden“, sagte Lindner.

Völlig unerwartet brachen die FDP-Spitzen im Jahr 2017 die Gespräche mit CDU und Grünen über die Bildung einer sogenannten Jamaika-Allianz ab. Seine Worte „Es ist besser, nicht an der Macht zu sein, als zu Unrecht an der Macht zu sein“ sind in die Geschichte eingegangen. Doch nun sieht Lindner auch gute Gründe für den Verbleib in der Liga. Ohne die FDP kann man sich nur ein großes Bündnis zwischen den Sozialdemokraten und der Föderalistischen Partei vorstellen. „Die letzte große Koalition hat uns viele Probleme hinterlassen, darunter Einwanderung, Klimaschutz in der Planwirtschaft, Vernachlässigung der Bundeswehr. Ich glaube nicht, dass es eine bessere Situation für das Land ist“, sagte er.

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Quelle: www.stern.de

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