57 Jahre wartet der deutsche Radsport mittlerweile schon auf einen WM-Titel im Straßenrennen. Rudi Altig war das Kunststück 1966 auf dem Nürburgring geglückt. Dass das lange Warten bei der WM in Glasgow ein Ende nimmt, ist aber eher unwahrscheinlich.
«Wir gehören natürlich zu den Underdogs. Aber ich gehe davon aus, dass wir die Fahrer und die Klasse haben, in die Top Ten reinzufahren», sagt der neue Bundestrainer André Greipel, der 2011 mit Bronze in Kopenhagen für die letzte Medaille gesorgt hatte.
Der Kölner Nils Politt geht als Kapitän in das Rennen über 271,1 Kilometer mit Start in Edinburgh und dem Ziel am George Square in Glasgow, auch Klassikerspezialist John Degenkolb soll eine gewichtige Rolle spielen.
Pogacar gilt als Favorit
Die Favoriten sind aber andere. Wie etwa der zweimalige Tour-de-France-Champion Tadej Pogacar, der erst am Freitagabend auf den letzten Drücker in Schottland anreiste. Der Slowene hatte nach seinem zweiten Platz bei der jüngsten Tour de France lange mit einer Startzusage gezögert. Das Regenbogentrikot sei aber ein Traum für ihn, sagte der 24-Jährige.
Remco Evenepoel hat sich diesen Traum schon im Vorjahr erfüllt, im Alter von 22 Jahren – wie einst sein legendärer Landsmann Eddy Merckx. Kann er den Coup womöglich wiederholen? Optimal verlief die Vorbereitung nicht, ausgerechnet sein Vater löste einen Tag vor dem Rennen Spekulationen über einen Teamwechsel des belgischen Alleskönners aus. Dabei soll sogar der deutsche Radrennstall Bora-hansgrohe als möglicher neuer Arbeitgeber im Gespräch sein.
Ob der Wirbel leistungsfördernd ist, wird sich zeigen. Der Niederländer Mathieu van der Poel, ein weiterer Top-Anwärter auf den Titel, hat im vergangenen Jahr erlebt, dass zu viele Nebengeräusche schaden können. Nach einem Disput mit zwei Mädchen im Hotel, die mehrmals gegen seine Zimmertür geklopft hatten, verbrachte er die Nacht vor dem Rennen auf der Polizeiwache – und gab schließlich auf dem Kurs frühzeitig auf.
Zu den weiteren Titelanwärtern zählen der Belgier Wout van Aert und der dänische Ex-Weltmeister Mads Pedersen.