Sollte die Ukraine Kampfpanzer nach westlichem Vorbild erhalten, um russische Angreifer abzuwehren? Oder führt dies zu einer Eskalation des Krieges und einer Ausweitung der Gefahr? In Deutschland hat sich das Thema mittlerweile zu einem handfesten Koalitionsstreit entwickelt. Bundeskanzler Olaf Schulz (SPD) gerät international zunehmend unter Druck.
Als sein neuer Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Freitag seinen neuen Kollegen auf der Ramstein Air Force Base in den USA erklären musste, wann die Entscheidung gefallen sei, habe er das nicht geglaubt eine Person.“ „Es gab keine einheitliche Meinung“, sagte er. „Der gelegentliche Eindruck, es gebe ein geschlossenes Bündnis und Deutschland stehe im Weg, ist falsch.“ Stimmt das?
Lieferant
Bisher hat sich nur ein Land entschieden, die Ukraine mit Kampfpanzern nach westlichem Vorbild auszustatten: das Vereinigte Königreich. Vierzehn Exemplare des Challenger 2, der seit Mitte der 1990er Jahre von den britischen Streitkräften eingesetzt wird, werden in Kriegsgebiete geschickt. Die britische Regierung will die Entscheidung im Vorfeld des Ramstein-Treffens als Signal an ihre Verbündeten nutzen und hofft, dass andere Länder nachziehen. Der britische Außenminister James Cleverly sagte am Wochenende: „Es gibt nichts Besseres, als die mit Leopard-2-Raketen bewaffneten Ukrainer zu sehen.“ Bislang blieben die britischen Berechnungen jedoch ergebnislos.
Aufsteiger
Der Hauptaufsteiger war Polen mit 247 Leopard-2-Panzern. Vor zwei Wochen kündigte Präsident Andrzej Duda hastig an, etwa 14 Exemplare in die Ukraine schicken zu wollen. Da die Panzer aus deutscher Produktion stammten, musste die Bundesregierung den Export genehmigen. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki kündigte am Montag an, eine solche Genehmigung formell zu beantragen. Das setzt die Bundesregierung weiter unter Druck.
Selbst wenn Deutschland sich weigert, ist Polen entschlossen, sein Versprechen zu erfüllen. „Wenn die Deutschen nicht in diesem Bündnis wären, würden wir unsere Panzer immer noch mit anderen in die Ukraine verschiffen“, sagte Morawiecki. Um welche Länder es sich handeln könnte, war zunächst nicht klar. Bisher hat sich nur Finnland – wie Russlands Nachbar Polen – bereit erklärt, einen Teil seiner mehr als 200 Leopard-2-Raketen abzugeben. Andere Länder, die großen Druck auf Deutschland ausübten, waren die drei baltischen Staaten. Aber sie haben selbst keinen Leopard 2.
Zauderer
Da jede Leopard-2-Lieferung in die Ukraine von Deutschland genehmigt werden muss, könnte Bundeskanzler Scholz eine Schlüsselrolle spielen. Aus diesem Grund sehen ihn Tank-Anhänger als erstklassigen Aufschieber. Was andere als Prokrastination kritisieren, nennt er Besonnenheit. Schulz hat immer betont, dass sich Deutschland und die Nato nicht in diesen Krieg einmischen dürfen. Er sieht das Upgrade-Potenzial von Kampfpanzerlieferungen klar und setzt daher die Beratungen mit seinen wichtigsten Verbündeten, Frankreich und den Vereinigten Staaten, fort.
Der französische Präsident Emmanuel Macron muss sich noch entscheiden, ob er seinen Leclerc-Panzer abwerfen wird. Die USA haben nichts dagegen, wenn europäische Verbündete Leopard-2-Panzer liefern. Sie entschieden jedoch, dass ihre M1 Abrams aus mehreren Gründen nicht gut für Kriegseinsätze in der Ukraine geeignet waren: hoher Kraftstoffverbrauch, lange Transportwege und kompliziertere Ersatzteilversorgung.
Problem: Scholz arbeitet immer mit den Amerikanern zusammen, um die letzten qualitativen neuen Schritte bei Waffenlieferungen zu gehen. Dort will er unbedingt bleiben.
Zuschauer
Neben Deutschland haben 13 Länder in Europa Leopard 2-Panzer. Viele dieser Länder hielten sich während der Debatte bedeckt. Zum Beispiel Tschechien. Deutschlands Nachbarn erhielten im Rahmen eines sogenannten Ringtauschs einen Panther-Panzer aus Deutschland – als Entschädigung für die Lieferung von T-72-Panzern sowjetischer Bauart an die Ukraine. Allerdings kommen noch 13 weitere dazu, und Tschechien dürfte kein Interesse daran haben, dass diese nun hauptsächlich der Ukraine angeboten werden.
Ein weiteres Beispiel: Griechenland hat mehr Leopard-Panzer als jedes andere Land in Europa: etwa 350 Leopard 2 und 500 Leopard 1. Die Athener Regierung hat jedoch kein Interesse an einem Verkauf der Panzer, weil sie sich vom Nato-Partner Türkei bedroht fühlt. Athen hält sich daher lieber bedeckt, wenn es um die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine geht.
Die Profiteure
Das Halbzeitergebnis der Debatte ist genau das, was Russland will: Der Westen ist nicht geeint.