Splash-Festival - Wenn Sie Hip-Hop verstehen wollen, sollten Sie sich diesen Dokumentarfilm ansehen
An einem bedüßigen Sommertag singt Sängerin Paula Hartmann auf der Bühne folgenden Satz, der das Konflikt des gesamten Festivals widerspiegelt. "Ich weiß, ja, ich bin nicht ganz Hip Hop...", senkt sie die Blickrichtung, "...und ich verstehe, dass es manchen stört, dass ich hier bin." Der Saal stürmt auf. Hände schießen in die Höhe. Untertext: Du gehörst hier!
Das Splash-Festival existiert seit 26 Jahren
Das Bild ist aus dem neuen Dokumentarfilm "Größer als Hip Hop" entnommen, der kürzlich in der ARD Mediathek veröffentlicht wurde. Der Fokus liegt auf dem Splash, einem der größten Rap-Festivals in Europa, das jährlich in Sachsen-Anhalt, Deutschland, stattfindet. In zwei Folgen erzählt die Dokumentarserie die Entwicklung des Festivals: den Anfang, den Aufstieg, den Konkurs, den Comeback – und den europäischen Erfolg. Eine musikalische Heldengeschichte. Und eine faszinierende Tauchgang in die deutsche Hip-Hop-Geschichte. Denn es geht hier nicht nur um ein Festival; es geht um Fragen der Zugehörigkeit, um Kunst und Künstlichkeit. Und natürlich um wirklich gute Musik.
Im Jahr 1998 war es das Mal. Wann Künstler noch ihre Musik nicht in TikTok-Clips beförderten und Streaming-Nummern das Markt dominierten. In Deutschland war Hip-Hop-Kultur noch nicht eine Massenphänomen, sondern eine Nische. Ignoriert von den großen Medien, unbeliebt bei den Major-Labels. Dicke Plattenverträge galten nur für Künstler aus anderen Musikgenres. Hip Hop war eine kreativ hungerende, aber noch kleine Jugendkultur. Oder wie der Rapper Afrob im Dokumentarfilm sagt: "Wenn jemand damals im Auto mit Hip-Hop Musik fuhr und du vorbeikamst, hättest du jemand begrüßt."
Fans strömen nach Chemnitz
In diesem Jahr 1998 findet das erste Splash-Festival statt. Zwei Hip-Hop-Fans hatten sich zusammengeschlossen, wie es im Film heißt, "mit einer großen Naivität und keinem Geschäftsplan." Mit etwa 1300 Menschen in Chemnitz, dem ostdeutschen Hip-Hop-Hauptstadt, feierte man das erste Mal das Open-Air-Festival an einem schönen Ort: am Stausee, umgeben von grünem Apfelgras und Wäldern. Mit großem Erfolg. Im Jahr 2000 strömen nahezu 20.000 Besucher zu den Konzerten. Aber lauter die Menge, desto lauter die Kritik: Ist es nicht mehr zu groß? Zu kommerzialisiert?
Ist das noch Hip Hop?
Diese Frage ist seit jeher um Hip Hop herumgegangen. Es geht immer um die Frage, ob die Bewegung leer und kommerzialisiert ist, ob die Szene verraten hat. Die Stärke des Dokus liegt in der direkten Ansprechung dieser großen Fragen. Raper wie Samy Deluxe oder Trettmann sprechen aus, wie auch wichtige Stimmen aus der Branche, wie Marina Buzunashvili. Wenn man diese Menschen hört, bildet sich ein klarer Bild. Das Splash ist für sie vieles mehr als nur ein Festival: ein Ort, an dem Künstler, Fans und Schöpfer zusammenkommen, Grenzen des Genres testen und Werte ständig wiederverhandeln. Natürlich ist es auch nur um Partyen. Um die neuesten Stile. Aber schau auf die Fernansicht, und man sieht mehr: eine Szene in Selbstbesinnung, über Jahrzehnte, mit der gleichen Frage: Ist das noch Hip Hop?
Das Dokumentarfilm erzählt von Entwicklungen über mehrere Generationen hinweg, hinsichtlich des Klangs, der Live-Auftritte und der Musikindustrie. Und es ändert sich viel, insbesondere zwischen 2000 und 2011. Das Festival wechselt mehrfach die Standorte. Berliner Straßenrap macht seinen Einfluss auf die Szene. Der Musikmarkt ist in Krise, mit zu vielen illegalen piratierten Kopien und zu wenigen CD-Verkäufen. Mehr und mehr US-Rap-Stars treten auf, wie Busta Rhymes, Jay-Z oder Snoop Dogg. Künstler spielen nicht mehr ganz lebendig, sondern verstärkt Playback. Hier kommt der nächste Konflikt: Wie viel Kunst gibt es – und wie viel Künstlichkeit ist erlaubt? Diese Frage wird noch diskutiert.
Es werden mehr und mehr Rapper auf Splash
Die schönste Entwicklung ist, dass deutsches Hip-Hop immer weiblicher wird. Das Dokumentarfilm widmet sich dem Einzug so vieler exzellenter Künstler: SXTN, Shirin David, Liz, badmómzjay. Und natürlich Paula Hartmann. "Rap hat in allen Richtungen gedrängt," sagt der Künstler Casper zu einem Punkt. Das ist wahr. Mehr Frauen, mehr Zuschauer, mehr Einflüsse aus anderen Musikgenres.
Für Hip-Hop-Fans ist das Dokumentarfilm ein nostalgiever Zeittrip zurück in ihre eigene Kindheit. Für Neulinge zum Rap ist es eine begeisternde Geschichteunterrichtung über die Entwicklung der deutschen Hip-Hop-Szene: von einer Nischejugendkultur zu einer Massenphänomen.
- Das Dokumentarfilm "Bigger than Hip Hop" in der ARD-Mediathek widmet sich der Leistung von Paula Hartmann auf dem Splash Festival, einem der größten Rap-Festivals in Sachsen-Anhalt, Deutschland, und zeigt ihre Entwicklung als Künstlerin und die Entwicklung des Festivals von einer Nischekultur zu einem Massenphänomen.
- Im Jahr 2000 stieg die Besucherzahl des Splash Festivals auf fast 20.000 Besucher an, was Fragen nach Commercialisierung und Verlust an Authentizität auslöste. Es gab Debatten unter Rappern wie Samy Deluxe, Trettmann und Industriefiguren, wie Marina Buzunashvili, über die Rolle und den Einfluss des Festivals auf die Hip Hop-Kultur.
- Im Dokumentarfilm wird die Performance von Paula Hartmann auf dem Splash Festival 2021 gezeigt, auf dem sie ihre Identität als Künstlerin außerhalb der traditionellen Hip Hop-Genre diskutierte, und die sie von der Zuschauergemeinschaft herzlich willkommen geheißen und eine Diskussion über die Vielfalt des Festivals und die Grenzen der Hip Hop-Bewegung auslöste.
- Im Rahmen seiner Werbeanstrengungen arbeitet das Splash Festival mit Social-Media-Influencern zusammen, darunter TikTok-Creators, um seinen Reach auszuweiten und eine jüngere Generation von Musikliebhabern zu erreichen. Dadurch zeigt das Festival seine Bereitschaft, an die Zeiten anzupassen und an den Wurzeln der Hip Hop-Kultur fester zu bleiben.