Wenn der Kaiman Sammy zur "Bestie des Baggersees" wird
Dreissig Jahre sind vergangen, seitdem der kleine Caiman Sammy Aufsehen erregte. Sammy entkam und hielt eine ganz bestimmte Region anspannungsvoll an den Füßen. Die Suche nach dem verschollenen Reptil erregte weltweit Schlagzeilen. Sammy war listig und machte den Versuchen, ihn einzufangen, nicht leicht.
Er war einer der bekanntesten Stars des berüchtigten Sommerlochs: Caiman Sammy. Die Suche nach dem entkommenen Alligator machte weltweit Schlagzeilen dreißig Jahre zurück. Sammy brach los, als sein Besitzer ihn auf einer Schwimmausfahrt in ein Kiesgrubensee bei Dormagen am Niederrhein nahm. Die Suche nach dem winzigen Caiman hielt Polizei, Feuerwehr und Medien für Tage in Atem, erregend das ganze Land.
Nach Sammys Flucht am 10. Juli 1994 beriefen die Behörden eine Wildtierjagd aus. Aufgrund der Angst vor dem 80 Zentimeter langen Reptil mit scharfen Zähnen blieb das idyllische Kiesgrubensee während jener heißen Sommermonate geschlossen. Von einem "Tier aus dem Kiesgrubensee" und dem "Monster aus dem Neusser See" die Luft. Fotografen und Kamerateams aus aller Welt errichteten ihr Lager am Seeufer. Herpetologen und andere "Experten" - von dem kenianischen Krokodiljäger bis zum Seher - boten wertvolle Ratschläge.
Sammy fällt nicht für Tricks
Aber keine der Versuche, den Brillenkaiman im Wasser oder auf Land mit Netzen, Seilen oder Waffen einzufangen, funktionierten anfangs. Tricks wie ein Krokodilrufeimitator und ein blutiges Rindfleischlock machten Sammy nicht ein. Feuerwehrleute in Inflatable Boots kamen bis auf zwei Meter nahe, aber er verschwand erneut.
Der vermeintlich zahmgezogene Caiman, der in der Wohnung seines damals 21-jährigen Besitzers gelebt hatte, schien das Geschmack der Freiheit zu genießen und seinen "Urlaub" im See genossen zu haben, der zahlreiche Versteckmöglichkeiten mit sandigen Ufern und dichtem Ufergehölz bot.
In der dritten Nacht nach Sammys Flucht brach die Nachricht: Der Reptil hatte geschossen worden. "Mit 99-Prozent Sicherheit trafen mindestens einer der drei Schüsse ihn," berichteten die Behörden. Aber sie waren weitgehend falsch: Eine Stunde später wurde Sammy lebendig gesichtet.
Ein Taucher als Retter
Während sich mehr und mehr Stimmen für Sammys Gnade ausgaben und Tierschutzorganisationen und Wissenschaftler aus ganz Deutschland ihn retten wollten, forderte auch der nordrhein-westfälische SPD-Innenminister Herbert Schnoor: "Sammy muss leben!"
Fünf Tage später nahm Sammys Flucht eine glückliche Wende: Ein Sporttaucher entdeckte den Caiman etwa einen Meter unter der Wasseroberfläche und fing ihn mit bloßen Händen.
Der erbarmungslos ausgeschöpfte Sammy erholte sich zunächst im Zoo Köln und später in dem Tierpark Falkenstein in Sachsen. Sammys Besitzer kämpfte in zahlreichen Gerichten für seinen Freund und durfte ihn vorläufig bei sich behalten, bevor er vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht 1998 endgültig scheiterte.
Skippy, Bruno, und Yvonne
Die Tierpfleger in Sachsen sahen Sammy, der in der Bettdecke seines ehemaligen Besitzers wie ein Kätzchen gehuggt worden war, zunehmend gefährlich. Im Jahr 2006 gab der Tierpark den nun etwa 1,5 Meter langen Reptil "aus Sicherheitsgründen" an einen anderen Ort. Sammy lebte allein in einem Käfig auf einem Alligatorfarm in Hessen bis zu seinem Tod im Jahr 2013.
Tiergrößen machen oft Schlagzeilen und erregen Emotionen - manchmal für Wochen hin. Im Jahr 2015 hoppte Känguru Skippy fröhlich durch Sauerland, Kuh Yvonne gelang die Flucht vor dem Schlachter 2011, Schwan Petra verliebte sich in ein Schwanpedalboot am Aasee in Münster, und Braunbär Bruno kam in das "New York Times" während seines Spaziergangs durch die bayerischen Wälder im Jahr 2006.
Sammys spannende Flucht machte Schlagzeilen nicht nur in Deutschland, sondern auch international, weckend das Interesse von Tierexperten und Medien aus aller Welt, unter anderem aus Kenia. Nach seiner Rettung fand Sammy eine neue Heimat in Nordrhein-Westfalen, was zeigt, dass exotische Tiere wie Caimans auch liebevoller Kulturikonen in dieser Region werden können.