Wasserstoff soll auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2045 eine wichtige Rolle spielen. Doch wie kommt das vorzugsweise mit Ökostrom erzeugte Erdgas dorthin, wo es gebraucht wird? Vor allem einigten sich Politik und Wirtschaft darauf, ein deutschlandweites Wasserstoff-Netzwerk mit europäischen Verbindungen zu schaffen.
Erste Frage: Abgesehen von zwei regionalen Netzwerken gibt es derzeit kein solches Netzwerk, das das ganze Land abdeckt. Um schnell und nicht so teuer bauen zu können, müssen neben neuen Leitungen auch bestehende Erdgasleitungen nachgerüstet werden – insbesondere Fernleitungen.
Darüber hinaus wird Bundeswirtschaftsminister Robert an diesem Mittwoch in dem skandinavischen Land mit dem Import von Wasserstoff von Habeck (Grüne) in Norwegen beginnen. Die beiden Seiten hoffen, eine gemeinsame Erklärung zu unterzeichnen, in der sie ihr Ziel bekräftigen, bis 2030 die Infrastruktur für den Export von Wasserstoff aus Norwegen nach Deutschland aufzubauen.
Planung der Finanzierung von 15 Infrastrukturprojekten
Es gibt bereits Pläne zum Aufbau eines Wasserstoffnetzes. Das erste nationale Netzwerk entsteht im Rahmen des europäischen Förderprogramms. In Deutschland werden 62 Wasserstoffprojekte als „Important Projects of Common European Interest“ (IPCEI) gefördert. Fünfzehn davon betrafen Infrastruktur, einschließlich Speicher.
Das erste Netz soll sich nach Angaben des Betreibers des Gasfernleitungsnetzes von der niederländischen Grenze über Hamburg und Salzgitter, das Industriegebiet Halle/Leipzig und Berlin bis nach Rostock erstrecken. Darüber hinaus gibt es grenzüberschreitende Regionalprojekte in Nordrhein-Westfalen und im Saarland. Die Gesamtlänge des ersten Teilnetzes soll laut Bundeswirtschaftsministerium 1800 Kilometer betragen. Sie sollen die wichtigsten Erzeuger und Verbraucher untereinander und mit den Nachbarländern verbinden.
Das Projekt „Get H2 Nukleus“ soll 2024 starten
Einige IPCEI-Projekte sind auch Teil des „Get H2 Nukleus“, bereitgestellt von BP, Evonik, Nowega, OGE und RWE-Gesellschaften unterstützen. Bei dem Projekt geht es um die Produktion von grünem Wasserstoff und dessen Zulassung durch die Industrie in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Das rund 130 Kilometer lange Netzwerk startet 2024 mit einem ersten Schritt von Lingen im Emsland nach Gelsenkirchen und wird dann mit vielen weiteren Unternehmen ausgebaut.
Frank Heunemann, Geschäftsführer des Netzbetreibers Nowega und Koordinator des „Get H2“-Programms, hofft, bis Ostern 2023 die IPCEI-Zulassung der Europäischen Kommission und den Bescheid über die staatliche Förderung des Nuklearprojekts zu erhalten. „Der sichere und schnelle Aufbau von Wasserstoffnetzen ist eine wichtige Planungsgrundlage für alle angeschlossenen industriellen Wasserstoffprojekte“, sagte er. Europas Wasserstoffwirtschaft wird nur durch sich schnell entwickelnde Hochleistungsnetze mit den Vereinigten Staaten Schritt halten können.
“Flow”: Wasserstoff von der Ostsee nach Südwesten
Auch in anderen Teilen Deutschlands gibt es weitreichende Pläne. Die drei Fernleitungsnetzbetreiber Gascade, Ontras und Terranets BW wollen unter dem Projektnamen „Flow“ ein Wasserstoff-Pipelinesystem von der Ostsee nach Südwestdeutschland errichten. Im ersten Schritt sollen bis 2025 bestehende Gasleitungen für den Transport von Wasserstoff von Mecklenburg-Vorpommern nach Thüringen umgerüstet werden.
Landesweit wird der Fernverkehrsnetzbetreiber (FNB) bis 2027 ein Wasserstoffnetz simulieren, das aus Teilnetzen mit einer Gesamtlänge von rund 3000 km bestehen wird. Modelle für 2032 schätzen die Leitungslänge auf 7.600 bis 8.500 Kilometer. Zum Vergleich: TSO betreibt derzeit rund 36.000 Kilometer Ferngasleitungen.
Die Nationale Wasserstoffstrategie wird aktualisiert
Auch in der Bundesregierung spielt das Thema Wasserstoff eine wichtige Rolle. Hier kommt die zweite Frage ins Spiel: Wer soll ein solches Netzwerk betreiben, damit es alle nutzen können und den Wettbewerb fördern? Bereits 2020 legte das Wirtschaftsministerium eine „Nationale Wasserstoffstrategie“ vor, die die Ampelallianz fortschreiben will. Auch Zukunftsnetzwerke sind ein Thema der Strategie.
Ende November veröffentlichte das Ministerium einen aktualisierten Entwurf. „Über die Verfügbarkeit von Wasserstoff hinaus ist die proaktive und schnelle Entwicklung von Wasserstoffterminals, -netzen und -speicherinfrastrukturen entscheidend für das Marktwachstum“, hieß es. Dazu gehört vor allem das nationale Wasserstoffnetz.
Nationales Beteiligungsnetz Unternehmenskonzept
Dem Entwurf zufolge soll das noch zu gründende „Nationale Beteiligungsnetz Unternehmen Wasserstoff“ eine zentrale Rolle in der Netzplanung einnehmen. „Dank der staatlichen Beteiligung (…) kann die Finanzierung der notwendigen Investitionen zu günstigen Finanzierungsbedingungen gesichert werden“, hieß es.
Mittelfristig wird das Unternehmen bestehende Wasserstoff-Nachrüstungen erwerben und Pipelines für den weiteren Ausbau und Gaspipelines sichern. Das Konzept des Unternehmens befindet sich in Ausarbeitung und wird in Kürze der Branche vorgestellt. Der Entwurf kommt in die Ressortkoordination mehrerer Ministerien und soll Anfang Dezember vom Wirtschaftsministerium vorgelegt worden sein. Eine Sprecherin sagte, das Update sollte mit dem National Hydrogen Council, einem Beratungsgremium der Bundesregierung, koordiniert werden.
Kritische Stimmen in der Energiewirtschaft
Die Gaswirtschaft bekommt wenig von diesem Netzunternehmen. „Insbesondere die Idee einer neuen staatlichen Wasserstoff-Netzgesellschaft wird sicherlich nicht zu einer Beschleunigung führen“, sagte Timm Kehler, Vorstandsmitglied des Wirtschaftsverbands Zukunft Gas. „Hier sind etablierte privatwirtschaftliche Akteure sicherlich effizienter und stärker, um das heutige Erdgasnetz schnell in ein Wasserstoffnetz umzuwandeln.“
Die Pläne sieht auch Katherina Reiche, Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrates, so entscheidend für Internetunternehmen, sich als Regierung zu beteiligen. „Der Bund sollte nicht für Bau, Betrieb oder Wartung von Wasserstoffnetzen zuständig sein“, schrieb der Vorstandsvorsitzende des Energiedienstleisters Westenergie Anfang Dezember auf Linkedin, „stattdessen sollte er über das Subsidiaritätsprinzip nachdenken.“ Anreize dafür entwickeln Erweiterung. «Nicht mehr und nicht weniger. »
Die Struktur des Gasmarktes wird auch auf EU-Ebene intensiv diskutiert. Die Europäische Kommission hat bereits 2021 einen Entwurf für eine neue Gasmarktrichtlinie vorgelegt. Es sieht vor, dass ein Wasserstoffnetzbetreiber nicht gleichzeitig Lieferant sein kann. Betroffen sind unter anderem Stadtwerke, die als Versorger typischerweise Gasverteilnetze in Kommunen betreiben.Im Gassektor gibt es unter anderem Bedenken, dass eine solche Regulierung den Anreiz nehmen würde, in den Aufbau von Wasserstoffnetzen zu investieren. Neue Richtlinie wird überprüft.