Der Eiffelturm und Paris, der himmelhohe Burj Khalifa und Dubai, das Empire State Building und New York – manche Städte und ihre architektonischen Meisterwerke gehören untrennbar zusammen. So ist es auch Down Under: Sydneys Opera House gilt als Wahrzeichen ganz Australiens.
Seine markanten Dächer, die an Muscheln oder im Wind geschwollene Segel erinnern, sind seit 50 Jahren nicht mehr aus dem Hafen wegzudenken. «Bis dahin war Sydney ein kolonialer Außenposten, bestenfalls eine Kleinstadt, aber ab diesem Moment hat es sich zu einer internationalen Metropole entwickelt», beschrieb die bekannte Journalistin Helen Pitt im «Sydney Morning Herald» die Bedeutung des Baus, der am 20. Oktober 1973 von Queen Elizabeth eingeweiht wurde.
Der Blick auf das Opera House und die Harbour Bridge vor der Kulisse des tiefblauen Meeres ist atemberaubend. Je nachdem, ob man vom Wasser kommt, vom Circular Quay oder von den Royal Botanical Gardens, präsentiert sich die Oper auf dem Landvorsprung Bennelong Point immer wieder anders.
«Ich habe eine Skulptur erschaffen, und man wird nie mit ihr fertig sein – wenn man an ihr vorbeigeht oder sie vor dem Himmel ansieht, passiert ständig etwas Neues», hat ihr Erschaffer, der dänische Architekt Jørn Utzon (1918-2008), einmal gesagt. Im Zusammenspiel mit der Sonne, dem Licht und den Wolken bilde sein Meisterwerk «ein lebendiges Ding».
Ein Lottogewinn für Australien
Die Oper habe alles verändert, «nicht nur die Silhouette der Stadt, sondern auch die Art und Weise, wie wir uns als Australier fühlen und wie die Welt uns sieht», resümierte Pitt in ihrer Hommage. Wie ein Lottogewinn für das ganze Land sei das gewesen. Der Vergleich hinkt nicht, wurden die immens steigenden Baukosten doch letztlich durch eine staatliche Lotterie kompensiert.
Bei seiner Eröffnung wurde das Opernhaus als achtes Weltwunder bejubelt. Als die Unesco es 34 Jahre später zum Weltkulturerbe erklärte, hagelte es noch immer Superlative: «Das Sydney Opera House ist eines der unbestreitbaren Meisterwerke menschlicher Kreativität, nicht nur im 20. Jahrhundert, sondern in der Geschichte der Menschheit.»
Dabei waren die Bauarbeiten alles andere als eine Symphonie: 15 Jahre dauerten sie am Ende und waren überschattet von beispiellosem Gerangel, Skandalen und dem verbitterten Abgang von Architekt Utzon mitten in der Bauphase.
An der Grenze des Machbaren
Dabei hatte Sydney den Dänen als «kreatives Genie mit unendlichem Charme» gefeiert, als sich sein Entwurf 1957 gegen 232 Vorschläge durchsetzte. Utzons Vision: eine Reihe aufgeblähter und in der Sonne glänzender Segel, die auf der Geometrie einer Kugel basieren und in ihrer Größe perfekt auf die Harbour Bridge und die glitzernde Skyline der Stadt abgestimmt sind.
Die Umsetzung sprengte aber fast die damaligen technischen Möglichkeiten. Die rund eine Million weißen Keramikkacheln für die bis zu 67 Meter hohen Dächer, die gekrümmten Segmente, die Scheiben für die Verglasung – alles höchst kompliziert.
Das geplante Einweihungsdatum 1963 verstrich. Das Budget explodierte. 1966 war immer noch kein Ende abzusehen. Politiker drehten Utzon schließlich den Geldhahn zu. Der warf verbittert das Handtuch, ging – und kam nicht wieder. Bis zu seinem Tod hat er nie wieder einen Fuß nach Sydney gesetzt und kannte sein Werk nur von Bildern.
An seiner Stelle übernahm der junge Architekt Peter Hall, der mit Hilfe von zwei Partnern und Tausenden Arbeitern das Projekt zu Ende führen sollte. «Ich bin völlig überwältigt, aber ich denke, dass ich das Opernhaus fertigstellen kann», zeigte er sich überzeugt. Aber nun wurden Kompromisse nötig – gespart wurde vor allem an den Innenräumen und der Akustik.
Für Theaterdirektoren wurde dies später zum logistischen Alptraum: Die Kulissen und selbst die Sänger mussten mit Hebebühnen auf die Bühne gebracht werden. Im Orchestergraben musste eine Wand die Bläser vom restlichen Orchester abschirmen, weil es den anderen Musikern sonst zu laut wurde. Über dem Orchester wurden gigantische Klangbrecher installiert, damit die Akustik einigermaßen funktionierte. Am Ende beliefen sich die Kosten auf stattliche 102 Millionen australische Dollar – statt der geplanten 7 Millionen. Dennoch: Die Oper wurde zur Sensation.
Faszinierende Lichtprojektionen
Innen befinden sich neben der Opernbühne auch ein Konzertsaal und mehrere Schauspielbühnen. Auf der 100 Meter breiten Freitreppe und vor dem Gebäude finden regelmäßig Open-Air-Veranstaltungen statt. Fast elf Millionen Menschen bestaunen das Bauwerk jedes Jahr. Weltberühmt sind die faszinierenden Lichtprojektionen auf die weißen Segeldächer, die auch am Geburtstag für Furore sorgen sollen.
Das große Jubiläum wird derweil schon seit einem Jahr gefeiert: Mehr als 230 Aufführungen mit vielen australischen und internationalen Stars von Klassik bis Pop und R&B markierten in den vergangenen zwölf Monaten die Feierlichkeiten. Bis Ende Oktober stehen zahlreiche Performances und Weltpremieren auf dem Programm.
Utzon versöhnte sich am Ende mit den Verantwortlichen und lieferte 1999 Design-Skizzen als Richtschnur für künftige Änderungsarbeiten. 2003 bekam er für seinen Entwurf den Pritzker-Architektur-Preis, die höchste Auszeichnung der Baukunst. «Es ist mir eine große Freude zu wissen, wie sehr das Gebäude geliebt wird», sagte er vor seinem Tod.
Helen Pitt brachte es auf den Punkt: «Die Oper ist so ein fester Bestandteil unserer Stadt, dass es schwierig ist, sich an eine Zeit ohne die riesigen, weiß gekachelten Segel zu erinnern.»
Quelle: www.bild.de