Sie sind wieder hier, wie jeden Montag. Wöchentlich kommentieren die Linken-Präsidenten Janine Wissler und Martin Schirdewan im Haus von Karl Liebknecht in Berlin, was die Ampel-Liga ihrer Meinung nach vermasselt hat und wie das Land sozialer oder klimafreundlicher werden kann.
Dann kam das Thema wieder zur Sprache: Genossin Sahra Wagenknecht. Oder besser gesagt, die Genossin, die es vielleicht bald nicht mehr gibt, und ihre Pläne, eine eigene Partei zu gründen.
Dasselbe gilt auch für diesen Montag. Diesmal traten Hildvant und Wiesler sogar gemeinsam auf, um ihren Planentwurf für die Europawahl vorzustellen. 32 Minuten Forderungen und Konzepte – Armutsbekämpfung, Umverteilung, Frieden, Klima. Und dann ist da noch die Frage: „Befürchten Sie, dass Ihr Europawahlkampf durch die Gründung von Wagenknechts Partei überschattet werden könnte?“
Wagenknecht gründet seine eigene politische Partei?
Ein Medienbericht vom Wochenende deutete darauf hin, dass es nun konkret wird. „Es ist entschieden! Sahra Wagenknecht gründet ihre eigene Partei!“, titelte die Online-Bild-Zeitung „Sahra Wagenknecht“. Der Bundestagsabgeordnete selbst nannte dies die „Sichtweise“ der Zeitung. Ihre Befürworter behaupten, es gebe „keinen neuen Status“: Eine Entscheidung solle noch vor Jahresende fallen. Doch ihre derzeitigen Parteiführer stecken in dieser Frage fest.
„Um ehrlich zu sein, habe ich kein großes Interesse daran, mich auf Spekulationen einzulassen“, sagte Hildevan auf Nachfrage. Er nannte die mögliche Wagenknecht-Partei „ein Phänomen ohne Programm“ und entgegnete: „Wir haben einen großen inhaltlichen Beitrag geleistet, der es uns ermöglicht hat, als moderne sozialistische Partei anerkannt zu werden.“ Weiter: „Das ist unser klares Bild, Und deshalb habe ich keine Angst vor Konkurrenz.“ Seitdem Wagenknecht sagte: „Ändere niemals ein Verliererteam“, reagierten die beiden Vorsitzenden ihr gegenüber engstirnig. Tatsächlich hat die Partei Probleme, erlitt Wahlniederlagen und liegt in den Umfragen bei 4-5 %. Für Wagenknecht zeigen Umfragen jedoch, dass etwa jeder fünfte Wahlberechtigte ein großes Potenzial hat.
Die Pause ist fast abgeschlossen
In diesem Frühjahr bestätigte Wagenknecht nicht nur, dass er über eine Klientin nachdenke, sondern sagte auch, dass sie nicht noch einmal für die Linke kandidieren werde. Wiesler und Hildvan verkündeten daraufhin gemeinsam mit dem Rest des Vorstands, dass die Zukunft der Linken ohne Wagenknecht sei. Mit Ausnahme von Wagenknecht, der immer noch als Vertreter der Linken im Bundestag sitzt, ist die Spaltung fast vollständig. Wenn sie geht, droht die Fraktion zu spalten.
Inhaltlich klafft eine große Kluft zwischen ihr und der Mehrheit der aktuellen Partei. Im Entwurf des europäischen Plans heißt es, dass die europäischen Klimaziele nicht ehrgeizig seien, und lehnt eine „Isolierung“ Europas in der Asylpolitik ab. Wagenknecht wiederum kritisierte den Klimaschutz als zu weitreichend und die Zuwanderung zu hoch. Sie warf ihrer eigenen Partei vor, die „kleinen Leute“ zu ignorieren und grüner sein zu wollen als die Grünen.
„Da man in einer privilegierten Position ist, hat man eine andere Einstellung zu Themen wie Wärmepumpe, Bioladen oder Elektroauto“, sagte Wagenknecht am Wochenende dem Tagesspiegel. „Ein zweites Elektroauto ist attraktiv, wenn man genug Geld hat, und Wärmepumpen eignen sich hervorragend für Bewohner gut isolierter Häuser. Aber wenn Menschen aus diesem Umfeld auf diejenigen herabblicken, die sich das alles nicht leisten können, kaufen die Leute kein Schnitzel.“ Aldi, das hat nichts mit linken Ansichten zu tun Hildevan und Wiesler. Man kann es sich wie die endlose Zirkeldebatte der Linken vorstellen: Was bleibt übrig? Oder man könnte es als Streben nach einer nachhaltigen strategischen Ausrichtung verstehen.
Wagenknecht nimmt AfD-Wähler ins Visier
Die Linken-Spitze wirbt um Wähler, die von Sozialdemokraten und Grünen desillusioniert sind. Das hat der Partei übrigens im Streit um Hearts IV gute Dienste geleistet. Wagenknecht hingegen nimmt gezielt diejenigen ins Visier, die derzeit der AfD zuneigen. „Viele Menschen fühlen sich von keiner Partei mehr vertreten und wählen aus Verzweiflung die Alternative für Deutschland“, sagte sie dem Spiegel. „Ich fände es toll, wenn diese Leute wieder eine seriöse Adresse hätten.“
Die AfD weiß sicherlich, wovon sie spricht und sucht auch nach Lösungen für das schiefe Projekt, weshalb es schwer nachvollziehbar ist. Die Fraktionsvorsitzende der Alternative für Deutschland, Alice Weidel, versuchte es am Wochenende mit einer Mischung aus Lob und Warnung. Sie lobte in der ARD Wagenknechts Haltung zu den Covid-Maßnahmen und dem Krieg in der Ukraine. Aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass „jede Spaltung im regierungsfeindlichen Lager die Alternative für Deutschland von einer Regierungsbeteiligung abhalten sollte.“ Als dies den Wählern klar wurde, entpuppte sich Wagenknechts Partei als Ampel und „williger Komplize“ der CDU. „Ich denke, ihre Umfragewerte sind völlig anders.“