Vorläufige Schätzung: 1.900 neue HIV-Infektionen in Deutschland
Nach vorläufigen Ergebnissen des Robert Koch-Instituts (RKI) haben sich im vergangenen Jahr in Deutschland schätzungsweise 1.900 Menschen mit HIV infiziert. Der Status sei noch nicht abschließend geklärt, da noch Daten fehlten, teilte das RKI am Donnerstag mit. Experten schätzen, dass es bis 2021 1.800 neue HIV-Infektionen geben wird.
Bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), ist die Zahl der Neuinfektionen laut RKI seit 2007 deutlich zurückgegangen. Sie ist in den letzten drei Jahren relativ stabil geblieben und liegt derzeit bei etwa 1.000 Fällen. Dem Bericht zufolge gab es keinen Rückgang neuer HIV-Infektionen bei Heterosexuellen und intravenösen Drogenkonsumenten. Im Gegenteil: Die Zahlen stiegen in beiden Gruppen sogar leicht an. Den Angaben zufolge liegt dies daran, dass Heterosexuelle mit HIV oder einem erhöhten Infektionsrisiko in Großstädten weniger konzentriert sind als schwule Männer. Außerhalb von Großstädten ist die Reichweite der verfügbaren Erkennung jedoch geringer.
Das RKI erklärt den Anstieg der Drogenkonsumenten wie folgt: Immer mehr Drogenkonsumenten nehmen Medikamente, die keine Opioide sind. Nach Angaben des RKI gibt es für diese Medikamente keine alternativen Behandlungsmöglichkeiten. Dadurch haben Verbraucher weniger Kontakt zu Gesundheitsdienstleistern und erhalten weniger HIV-Tests. Das Ergebnis: „Eine HIV-Infektion wird später erkannt und später behandelt, wodurch mehr Möglichkeiten für lokale Infektionshäufungen entstehen, die in den letzten Jahren zugenommen haben.“
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat sich ein Ziel gesetzt HIV und AIDS bis 2030 zu eliminieren, heißt es in dem Bericht. Laut RKI ist die Erreichung dieses Ziels „schwer vorstellbar“. „Die Ausrottung von HIV aus der Bevölkerung ist völlig unrealistisch, wenn es keinen hochwirksamen Impfstoff gibt – und dieser Impfstoff ist noch nicht in Sicht.“ Stigmatisierte, kriminalisierte und marginalisierte Gruppen haben oft keinen Zugang zu Tests und Behandlungen, diese Gruppen sind besonders anfällig für die Auswirkungen von HIV. Teilweise gibt es überhaupt keine Angebote. In Deutschland sind irreguläre Einwanderer und Menschen ohne Krankenversicherung betroffen.
Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland jedoch immer noch gut ab. Nach Angaben des RKI nehmen die Neuinfektionen auch in anderen Ländern zu – auch in Osteuropa, insbesondere in Russland, wo die Lage besonders ernst ist. In Teilen Osteuropas gewinnen heterosexuelle Kontakte an Bedeutung. Aus RKI-Sicht ist dies auf das Fehlen wirksamer Präventionsmaßnahmen für Drogenkonsumenten zurückzuführen.
Quelle: www.dpa.com