Der Handelsverband fordert Rathauschefs in Brandenburg auf, sich stärker gegen eine drohende Verödung von Innenstädten und zunehmenden Leerstand im Einzelhandel einzusetzen. «Bürgermeister und Landräte müssen sich an Spitze des Stadtmarketings stellen. Das ist Chefaufgabe», sagte der Vizepräsident des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg, Carlo Focke aus Neuruppin, der Deutschen Presse-Agentur in Potsdam. «Spürbar ist das in Brandenburg bislang nicht. Das wird oft vernachlässigt und dann wundert man sich, dass Geschäfte zumachen.»
Das Ausrichten von Stadtfesten beispielsweise werde zurückgefahren, das Sponsoring von Großverstaltungen falle immer dürftiger aus, beklagte Focke. Händler und Gastronomen, die vor allem wegen der Corona-Pandemie gelitten hätten, werden aus seiner Sicht zu wenig unterstützt. «Das vermisse ich landauf, landab», sagte Focke, der Mitinhaber eines Modehauses in Neuruppin ist. Die Rathauschefs sollten sich aber fragen: «Wollen wir uns eine schöne Innenstadt leisten?» Akteuren, die Veranstaltungen für lebendige Innenstädte auf die Beine stellen wollten, würden stattdessen zu viele Steine in den Weg gelegt, die Ämter belasteten sie mit Gebühren und Auflagen.
Der Einzelhandel bekommt laut Wirtschaftsexperten die Abkühlung der Konjunktur zu spüren. Einige Branchen hatten bereits in der Corona-Pandemie stark unter Umsatz-Einbußen gelitten.
Nun sei der Handel durch den Ukraine-Krieg, Inflation und gestiegene Energiepreise doppelt betroffen, sagte Focke. Die Händler hätten höhere Kosten und ebenso ihre Kunden, die dann zum Beispiel beim Einkauf von Kleidung sparten. «Der zweite Pullover und der neue Mantel – das bleibt dann hängen im Geschäft», sagte Focke. «Das ist ein Teufelskreis, aus dem der Einzelhandel in der Innenstadt nur schwer rauskommt.»
Handelsverband will ein neues Instrument zur Innenstadtentwicklung
Focke plädierte dafür, dass Brandenburg nach dem Vorbild anderer Bundesländer ein Gesetz zur Stärkung innerstädtischer Quartiere und Einzelhandelszentren schaffen solle. Dies sei die Grundlage für die Schaffung sogenannter Business Improvement Districts (BID), sagte Focke. Dafür sollen sich Immobilieneigentümer und Gewerbetreibende zusammenschließen und gemeinsam für Verbesserungen in ihren Quartieren zahlen. Er sei überzeugt, die Mehrheit der Hauseigentümer befürworteten ein solches Vorgehen, sagte Focke. Andere könnten dann zu einer Abgabe verpflichtet werden.
September-Flaute im Modehandel
Mit Blick auf das bevorstehende Weihnachtsgeschäft sagte der Vizepräsident des Handelsverbandes: «Wir bauen schon sehr auf das Weihnachtsgeschäft. Der Dezember ist oft der stärkste Monat des Jahres.»
Bisher hatte das sommerliche Wetter im September etwa dem stationären Modehandel mit Umsatzrückgängen zugesetzt. Auch Modehändler Focke sagte: «Wenn im September und Oktober noch 25 Grad sind, dann ist klar, dass wir in den Modehäusern keine Mäntel verkaufen.»