Thyssenkrupp ernennt neuen Finanzvorstand und erweitert den Vorstand
Der Industriekonzern ThyssenKrupp hat einen Nachfolger für seinen scheidenden Finanzvorstand Klaus Kesberg gefunden. Der Aufsichtsrat des Unternehmens hat Jens Schulte zum neuen Finanzvorstand ernannt, teilte das Unternehmen am Mittwoch in Essen mit. Schulte ist derzeit bei der Schott AG tätig. Das Unternehmen teilte mit, dass der Umzug voraussichtlich in der zweiten Hälfte des laufenden Geschäftsjahres erfolgen werde. Kesberg gab im September bekannt, dass er seinen Vertrag nicht verlängern wolle.
Thyssenkrupp erweitert zudem seinen Vorstand, der derzeit aus drei Mitgliedern besteht. Volkmar Dinstuhl, der bisherige Leiter des inzwischen aufgelösten Bereichs Multi Tracks und verantwortlich für Akquisitions- und Verkaufsprojekte, wird zum 1. Januar in den Vorstand berufen, ebenso wie Ilse Henne. Der Manager ist derzeit Vorstandsmitglied der Handelsabteilung. Alle neuen Verträge haben eine Laufzeit von drei Jahren.
Arbeitnehmervertreter kritisierten die Erweiterung des Gremiums scharf. In einer Stellungnahme der IG Metall hieß es, erstmals in der Unternehmensgeschichte seien Vorstandsmitglieder trotz einstimmiger Ablehnung durch die Arbeitnehmer ernannt worden.
Wie thyssenkrupp mitteilte, sollen sich die Vorstandsbesetzungen stärker auf die operative Leistungsfähigkeit und die Weiterentwicklung des Produktportfolios konzentrieren. Bisher deckte das Gremium drei abteilungsübergreifende Funktionen ab: Strategie, Personal und Finanzen. Die Neuorganisation bedeutet auch, dass die Geschäftsbereiche von Thyssenkrupp künftig einzelnen Vorständen zugeordnet werden. Der neue Chef Miguel López wird künftig gemeinsam mit Personalleiter Oliver Burkhard für das Stahlgeschäft und die neuen Geschäftsbereiche Decarbon Technologies, Dinstuhl Automotive Technology, Henne-Handelsgeschäft und Marine Systems verantwortlich sein.
Die Staff Bank sprach in einer Stellungnahme von einem „Kulturbruch“ und einem „Bruchpunkt“ bei der gemeinsamen Entscheidungsfindung. Die Aktionäre und der neue CEO Lopez brachen mit Thyssenkrupps bewährter Praxis der gemeinsamen Entscheidungsfindung. Dies wird Spuren hinterlassen und den bisher ausgewogenen und konstruktiven Dialog im Aufsichtsrat nachhaltig beschädigen. Der Alleingang gegen die gesamte Arbeitnehmerbank zeigt, dass die Aktionäre kein Interesse mehr an einer verlässlichen Zusammenarbeit mit der Arbeitnehmerseite haben. Von Mitarbeitern wurde insbesondere kritisiert, dass die Vorstandserweiterung im Widerspruch zu den laufenden Sparplänen stünde. „Selbst ein Dutzend Vorstandsmitglieder können dieses Unternehmen nicht gegen ihre eigenen Mitarbeiter führen. Wasser reden und Wein trinken wird keinen Erfolg haben“, hieß es. "
Die frühere Chefin Martina Merz organisierte Thyssenkrupp in einer „Unternehmensgruppe“, in der die Unternehmensbereiche eigenständig agierten und Thyssenkrupp eher als Holding fungierte. In den letzten Jahren verlief die Weiterentwicklung des Konzerngeschäfts jedoch recht schleppend, insbesondere durch Vertriebsleistungen wie beispielsweise im Aufzugsgeschäft. Lopez erwartet, durch eine stärker zentralisierte Verwaltung der verschiedenen Einheiten einen besseren Zugang zum Geschäft zu erhalten, wie Business Daily bereits am Mittwoch unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen berichtete. Ziel ist es, durch aufgelegte Sparprogramme die Kosten deutlich zu senken.
Thyssenkrupp geriet im Geschäftsjahr 2022/23 (Ende September) in tiefe Verluste und musste in seinem derzeit schwachen Stahlgeschäft Milliardenbeträge abschreiben. Thyssenkrupp bereitet sich auf den teilweisen Verkauf von Einheiten vor, die aufgrund des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds volatil waren. ThyssenKrupp führte hier kürzlich öffentliche Gespräche mit dem tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky. Er sei der letzte gewesen, der auf die Bremse getreten sei, berichtete das Handelsblatt. Er habe deutlich gemacht, dass er nicht unter Zeitdruck stehe, zitierte der Bericht Vertreter aus der Wirtschaft.
Darüber hinaus hat Thyssenkrupp weitere Transformationspläne: Der Konzern strebt eine Ausgliederung des Schiffssystemkonzerns an. Darüber hinaus wird seit Längerem nach Partnern oder neuen Eigentümern für Teile des Anlagenbaus und der Automobilzulieferer gesucht.
Quelle: www.dpa.com