- Streit um Bevölkerung: Hanau zieht Wissenschaftler an
Hanau bestreitet die Ergebnisse der jüngsten Volkszählung, die besagen, dass die Stadt zum 15. Mai 2022 nur 93.632 Einwohner hatte, was einen Rückgang von 6.675 Menschen gegenüber 2021 bedeutet. Für das bevorstehende Treffen mit dem Landesamt für Statistik im August, bei dem die Stadt hofft, die Zahlen nach oben korrigieren zu können, hat Hanau die Unterstützung des Soziologen Rainer Schnell gewonnen, der an der City University London und der Universität Duisburg-Essen lehrt.
"Die Frage ist, warum eine statistische Projektion auf der Grundlage von etwa zehn Prozent der Bevölkerung genauer sein sollte als die fortlaufend aktualisierten Einwohnerstatistiken", erklärte Hanaus Bürgermeister Claus Kaminsky (SPD). Schnell hat sich bereits mit der Volkszählung 2011 beschäftigt und ist als Kritiker des Verfahrens bekannt. Laut städtischen Angaben wird auch Jürgen Dieter vom Hessischen Städteverband an dem Treffen mit der Landesbehörde teilnehmen.
Bevölkerung hat Auswirkungen auf finanzielle Ressourcen
Der Streit um die tatsächliche Bevölkerungszahl ist nicht nur eine Frage des Prestiges, ob Hanau nun eine Großstadt mit mehr als 100.000 Einwohnern ist oder nicht. Laut Landesamt für Statistik bilden die Ergebnisse der Volkszählung die Grundlage dafür, wie viel Geld Städte und Gemeinden in Zukunft durch Landes- und kommunale Finanzausgleich sowie EU-Förderungen erhalten.
Mit der Volkszählung, einer Art Volkszählung, bestimmen Statistiker etwa alle zehn Jahre, wie viele Menschen in Deutschland leben, wie sie leben und arbeiten. Die Volkszählung 2022 basiert auf offiziellen Registern und der Befragung von zwölf Prozent der Bevölkerung.
In früheren Berechnungen hatte Hanau mehr als 100.000 Einwohner
In früheren Berechnungen war das Landesamt zu dem Ergebnis gekommen, dass Hanau im Jahr 2022 eine Bevölkerung von 100.307 hatte, wie die Stadt mitteilt. Demnach wurde die 100.000er-Marke im Oktober 2022 überschritten.
Laut Volkszählung hatten Frankfurt, Kassel, Darmstadt und Offenbach niedrigere Bevölkerungszahlen als in der sogenannten Bevölkerungsprognose. Nur Wiesbaden hatte eine leichte Zunahme. In Hanau war der Rückgang mit minus 6,7 Prozent der größte.
Die wissenschaftliche Analyse, die der Soziologe Rainer Schnell, der in der Vergangenheit das Zensus-Verfahren kritisiert hat, durchführt, könnte wertvolle Einblicke in den Bevölkerungsstreit von Hanau liefern. Die Genauigkeit der Zensusdaten hat einen erheblichen Einfluss auf die finanziellen Ressourcen der Stadt, da sie die Grundlage für den Landes- und kommunalen Finanzausgleich sowie EU-Förderungen bildet.