Schufa - Relevant oder irrelevant? EuGH-Regeln zur Bonitätsbeurteilung
Wie mächtig ist Shufa? Kreditauskunfteien berechnen anhand großer Datenmengen, wie kreditwürdig sie einzelne Verbraucher einschätzen. Banken, Online-Händler, Mobilfunkanbieter, Autohäuser, Energieversorger – sie alle wollen das Zahlungsverhalten ihrer Kunden verstehen, bevor ein Vertrag unterzeichnet und die Ware übergeben wird. Ist die Bonität Wiesbadens relevant oder nur ein Bestandteil eines komplexen Prüfprozesses? Das ist der Kern des Rechtsstreits, den der Europäische Gerichtshof an diesem Donnerstag (9.30 Uhr) entscheiden wird.
Was ist Shufa?
Zum Geschäftsmodell der 1927 gegründeten Allgemeinen Kreditschutzvereinigung gehört das Sammeln von Daten. Auf dieser Grundlage stellt die Schufa ihren rund 10.000 Vertragspartnern, darunter Banken und Sparkassen, Versandhändler und Energieversorger, Bonitätseinschätzungen von Verbrauchern zur Verfügung, an denen ein berechtigtes Interesse besteht. Nach eigenen Angaben liegen der Schufa Informationen zu 68 Millionen Menschen in Deutschland vor. „Es werden nur positive Informationen gespeichert“ in mehr als 90 % der Fälle.Kreditauskunfteien stellen Unternehmen täglich durchschnittlich 320.000 Informationen zur Verfügung. Neben der Schufa gibt es noch weitere Wirtschaftsauskunfteien: zum Beispiel Creditreform und Crif.
Welche Daten erhebt die Schufa?
Für die Eröffnung von Girokonten, die Ausgabe von Kreditkarten, den Abschluss von Leasingverträgen und Krediten erhält die Schufa von ihren Vertragspartnern Informationen. Die Schufa speichert auch personenbezogene Daten wie Name, Geburtsdatum und Adresse, jedoch keine Informationen über das Einkommen einer Person.
Was macht die Schufa mit diesen Daten?
Diese Daten werden zur Berechnung des Basisscores verwendet und vierteljährlich aktualisiert. Von 0 % bis 100 % beschreibt dies die Wahrscheinlichkeit, dass ein Verbraucher seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommt. Je höher der Score, desto höher die Bonität. Wer regelmäßig seine Rechnungen zu spät bezahlt und häufige Erinnerungen erhält, wird schlechter wahrgenommen.
Shufa machte keine Angaben dazu, wie die Ergebnisse berechnet wurden. Ihr Argument: „Wäre das Berechnungsmodell völlig offen, könnten die Scores manipuliert werden und keinen Wert mehr haben.“ Allerdings sei die Formel „der zuständigen Datenschutzbehörde bekannt und wird von dieser und unabhängigen Wissenschaftlern überwacht.“ Unternehmen und Privatpersonen (z. B. Vermieter) können sich bei der Schufa informieren.
Worum geht es im Verfahren vor dem EuGH?
Im Wesentlichen geht es um die Frage, ob ein Scoring unter bestimmten Umständen einer automatisierten Entscheidungsfindung für die betroffene Person im Sinne von Artikel 22 der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gleichkommen kann. und die Bedeutung des Schufa-Scores für die Entscheidung eines Unternehmens, ob es einen Kredit oder einen Vertrag vergibt.
Hintergrund des EuGH-Verfahrens sind mehrere Fälle aus Deutschland. In einem Fall forderte eine Klägerin, der ein Kredit verweigert wurde, die Schufa auf, einen Eintrag zu löschen und ihr Zugriff auf die Daten zu gewähren. Shufa teilte der Frau ihre Punktzahl und allgemeine Informationen zur Berechnung mit, nicht jedoch die konkrete Berechnungsmethode. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat den Fall an den Europäischen Gerichtshof verwiesen, um den Zusammenhang mit der DSGVO grundsätzlich zu klären. Die Verordnung sieht vor, dass Entscheidungen mit rechtlicher Wirkung für die Betroffenen nicht nur durch automatisierte Datenverarbeitung getroffen werden dürfen.
Wie läuft das Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof bisher?
In einem Mitte März vorgelegten Gutachten hatte EuGH-Generalstaatsanwalt Priit Pikamäe keine Einwände gegen die Berechnung des Schufa-Scores erhoben. Tanja Birkholz, Vorstandsvorsitzende der Schufa Holding AG, stellte klar: „Unsere Scores sind von dem Urteil nicht betroffen.“ Dies habe nichts mit dem Scoring-Algorithmus zu tun. Allerdings befanden die EuGH-Anwälte, dass bereits die automatische Bildung von Wahrscheinlichkeitswerten zur Bonität eine verbotene automatische Entscheidung darstelle. Dies gilt auch dann, wenn ein Dritter, beispielsweise eine Bank, letztlich über die Kreditwürdigkeit des entsprechenden Verbrauchers entscheidet. Diese Stellungnahmen sind für die EuGH-Richter nicht bindend, sie folgen ihnen jedoch im Allgemeinen.
Wofür steht Shufa?
Die Wirtschaftsauskunftei argumentierte, dass sie keine Entscheidungen treffe, etwa über die Gewährung von Krediten oder den Abschluss von Mobilfunkverträgen. Die Schufa unterstützt ihre Partner mit Informationen bei der Entscheidungsfindung. „Nur weil ein Score wichtig ist, heißt das nicht, dass er relevant ist“, sagte Schufa-Inhaber Birkholz. Die Entscheidung für oder gegen ein Geschäft trifft das Unternehmen, mit dem der Verbraucher einen Vertrag abschließen möchte. Dies wurde laut Wirtschaftsauskunftei auch vom Vertragspartner bestätigt: Der Score sei „ein wertvoller Bestandteil der Risikobewertung“, aber nicht ausschlaggebend.
Wenn beispielsweise Banken und Sparkassen Kredite gewähren, fließen weitere Daten ein, etwa die laufenden Einnahmen und Ausgaben sowie das Vermögen. Im Online- und Versandhandel kommt es darauf an, ob es sich um einen Neu- oder Bestandskunden handelt, auf die Zusammensetzung des Warenkorbs und den Wert der Bestellung. Angesichts des harten Wettbewerbs in dieser Branche schließen Telekommunikationsunternehmen häufig Verträge mit negativen Schufa-Zahlen und niedrigeren Werten ab – was aus Schufa-Sicht ein Beweis dafür ist, dass ihre Daten kein Allheilmittel sind.
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Quelle: www.stern.de