Die Rohrdachdecker in Mecklenburg-Vorpommern beginnen in diesen Tagen mit der Ernte von Schilf. Der Zingster Rohrdachdecker Andreas Geldschläger mäht auf einer Fläche an der Barthe in Barth (Kreis Vorpommern-Rügen). Die Schilfrohre stehen dort im Brackwasser, einer Mischung aus Süß- und Salzwasser. «Die Qualität ist dadurch höher», sagte Geldschläger, der auf der Fläche von einem Hektar bis zu 8000 Bunde Reet erntet. Meist komme das Reet aus dem Ausland, etwa der Ukraine, der Türkei, China, Polen oder Russland. Dort stehe das Schilfrohr aber oft nur im Süßwasser.
Geerntet wird mit einer speziellen Maschine mit Ballonreifen. Das Schilfrohr werde nicht weiter verkauft, sondern für den Eigenbetrieb zum Dachdecken auf dem Darß oder in Zingst gebraucht, sagte der Dachdeckermeister. Je nach Größe werden für ein Dach zwischen 1600 und 2000 Bunde verarbeitet. Bei entsprechender Pflege halte ein Reetdach 60 bis 70 Jahre, sagte Geldschläger. «Das älteste, das ich abgebaut habe, war 101 Jahre.»
Schilfrohr muss Frost oder starkem Wind ausgesetzt sein, damit es seine Blätter verliert und den optimalen Reifegrad erreicht. Das Eindecken von Dächern mit Reet ist eine der ältesten Techniken beim Hausbau. Die ersten nachgewiesenen Rohrdächer gab es bereits um 4000 v. Chr.. Das Reetdachdecker-Handwerk ist im deutschen Verzeichnis für das immaterielle Weltkulturerbe der Unesco.