- Rass in Wahlkampf: Umfrage lässt Mehrheit schwanken
Zwei Wochen vor der Landtagswahl in Thüringen wird der Ton zwischen den Parteien schärfer, und eine neue Umfrage droht die Regierungsbildung erneut zu erschweren. Ministerpräsident und Linken-Spitzenkandidat Bodo Ramelow bezeichnete die Allianz mit Sahra Wagenknecht in einem Interview mit dem Berliner "Tagesspiegel" als "phantastische Phantompartei". Wagenknecht rede "überall von einem politischen Deal: Die BSW soll in Sachsen Michael Kretschmer (CDU) erneut zum Ministerpräsidenten wählen, und im Gegenzug soll die CDU Frau Wolf zur Thüringer Ministerpräsidentin machen", beschwerte sich Ramelow. "Wagenknecht verteilt also schon vor der Wahl Posten." Das lese er "mit Verwunderung".
Enger Wettbewerb
Laut einer neuen Insa-Umfrage könnte es zwischen BSW und CDU einen Kopf-an-Kopf-Wettkampf um Platz zwei geben - die Christdemokraten kommen auf 21 Prozent, die BSW auf 19 Prozent. Ramelows Linke hat im Vergleich zu einer Insa-Umfrage im Juni um zwei Prozentpunkte auf nun 16 Prozent zugelegt. Die AfD bleibt mit 30 Prozent auf Platz eins.
Für Ramelows aktuelle Koalitionspartner sieht es nach einem Überlebenskampf aus: Die Grünen kämen laut Umfrage nicht in den Thüringer Landtag mit drei Prozent. Die SPD mit ihrem Landesvorsitzenden und Innenminister Georg Maier liegt bei nur sechs Prozent - gefährlich nah an der Fünf-Prozent-Hürde. Insa gibt eine maximale Fehlertoleranz von 3,1 Prozentpunkten an. Umfragen sind generell unsicher. Unter anderem sinkende Parteitreue und immer kurzfristigere Wahlentscheidungen machen es für Umfrageinstitute schwierig, die gesammelten Daten zu gewichten. Die FDP käme ebenfalls nicht in das Parlament mit drei Prozent.
Ramelow gegen eine Minderheitsregierung
Die politische Lage in Thüringen ist seit Jahren äußerst komplex. Ramelow führt seit etwa vier Jahren und fünf Monaten eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung ohne eigene Mehrheit im Parlament. In einem Interview mit dem "Tagesspiegel" bekräftigte der 68-Jährige: "Ich kann diesem Land keine Minderheitsregierung empfehlen. Ich meine das ernst."
Doch es könnte erneut zu einem solchen Konstrukt kommen. In jüngsten Umfragen gab es eine rechnerische Mehrheit für CDU, BSW und SPD. In der aktuellen Insa-Umfrage erreichen die drei jedoch nur 46 Prozent, was auch die Schwelle für eine Mehrheit ist, da drei Prozent jeweils der Grünen und FDP sowie zwei Prozent anderer Parteien nicht in Parlamentssitzen resultieren würden.
Eine Koalition mit der in Thüringen als rechtsextrem geltenden AfD wird von allen anderen Parteien, die Chancen haben, in den Landtag einzuziehen, ausgeschlossen. Die CDU rejects auch eine Koalition mit der Linken - zum Missfallen des 68-Jährigen. Der Linke sagte in der RTL/ntv-Show "Frühstart", dass diese "Ausschlussmentalität" eine Katastrophe sei. Er kämpft für eine Mehrheit. Ramelow warnte vor der AfD und der "Normalisierung des Faschismus", wie er es ausdrückte.
Wagenknecht attackiert Voigt
Thüringens BSW-Spitzenkandidatin Katja Wolf hatte kürzlich in einem Interview mit der "Welt" eine neue Herangehensweise an die AfD gefordert und kritisiert, dass die Firewall die AfD gestärkt habe. Sie plädierte für mehr Pragmatismus, etwa beim Umgang mit AfD-Vorschlägen. "Wenn man sich in einer Koalition befindet, gelten andere Regeln für Vorschläge. Das ist logisch", sagte sie später der dpa.
Thüringens CDU-Generalsekretär Christian Herrgott betonte, dass die Position der BSW zeige, dass sie nicht wisse, wohin sie gehe. "Während Wagenknecht aus dem Saarland versucht, Forderungen für Thüringen durchzusetzen, treibt die BSW zwischen der Verlängerung der rot-rot-grünen Koalition und dem Anbiedern an Höckes AfD", sagte er.
Es ist auch unklar, ob die CDU bereit wäre, eine Koalition mit der BSW einzugehen, wenn sie von Wagenknechts Partei überholt würde. Wolf könnte dann den Posten des Ministerpräsidenten beanspruchen. Sie zeigte sich zuversichtlich, dass auch dann eine Lösung gefunden würde, und sagte: "Ich spüre einen großen Wunsch bei allen, eine Minderheitsregierung zu vermeiden, sogar innerhalb der CDU." In ihrer Sicht sind sich alle "demokratischen Parteien" ihrer "besonderen Verantwortung" bewusst.
Wagenknecht beschuldigte Thüringens CDU-Spitzenkandidaten Mario Voigt, zwischen Bundes- und Landespolitik zu spalten. Sie sagte der "Thüringer Allgemeinen", dass der Fall Wolf als Ministerpräsidentin "ein Erdbeben in Berlin auslösen und die Bundespolitik verändern" würde.
Voigt verstehe nicht, "in welchem Ausmaß die falsche Außenpolitik der Ampelkoalition und Union, die unser Land in einen Atomkrieg führen könnte, auch Menschen in Thüringen ängstigt", sagte sie.
Die neue Umfrage deutet auf einen knappen Wettbewerb zwischen CDU und BSW hin, wobei der Thüringer Ministerpräsident Ramelow und seine Linke verbessert haben. Allerdings erwähnt sie, dass Katja Wolf von der BSW einen neuen Ansatz gegenüber der AfD vorschlägt, was von der CDU kritisch aufgenommen wurde.
Trotz Wagenknechts angebotenen Deal, Frau Wolf zur Thüringer Ministerpräsidentin zu machen, ist eine Koalition zwischen CDU und Linken aufgrund politischer Differenzen unwahrscheinlich.