- Prozess gegen ehemalige Stasi-Mitarbeiter - Fristen bis November
Der Prozess gegen einen ehemaligen Stasi-Mitarbeiter wegen eines tödlichen Schusses an der ehemaligen DDR-Grenze am Bahnhof Friedrichstraße geht weiter. Das Landgericht Berlin hat Prozesstermine bis zum 15. November angesetzt. Ein Grund dafür ist die Einschätzung eines Historikers, die weitere Fragen aufgeworfen hat, die geklärt werden müssen. Ein 80-Jähriger aus Leipzig steht vor Gericht. Die Berliner Staatsanwaltschaft wirft ihm vorsätzlichen Mord vor.
Das Gericht hat vom Bundesarchiv zusätzliche Dokumente zugesichert bekommen, darunter Skizzen des belebtesten Grenzübergangs zwischen Ost und West, der wegen der oft schmerzlichen Abschiede als "Tränenpalast" bekannt ist.
Der Angeklagte, ein ehemaliger Leutnant, wird beschuldigt, den 38-jährigen Polen Czesław Kukuczka am 29. März 1974 von zwei Metern Entfernung aus von hinten am Grenzübergang Friedrichstraße erschossen zu haben. Die Verteidigerin des Deutschen bestritt zu Prozessbeginn die Vorwürfe.
Ex-Leutnant mit erheblichen Gedächtnislücken
Ein 83-Jähriger, der rund zwei Monate nach dem Tod des Polen zum Leiter der Sicherheits- und Anti-Terror-Arbeitsgruppe ernannt wurde und zuvor an deren Organisation beteiligt war, behauptete, von diesem Vorfall nichts gewusst zu haben. Er gab an, dass andere Abteilungen für den Grenzübergang Friedrichstraße zuständig waren. Der Richter Bernd Miczajka zweifelte immer wieder an der Aussage des Berliners und seinen Gedächtnislücken bezüglich vergangener Strukturen.
Schließlich gab der 83-Jährige zu, vieles verdrängt zu haben. Ende der 1980er Jahre begannen Zweifel aufzukeimen. "Kann man sagen, dass du dich von der Stasi distanziert hast?", fragte Richter Bernd Miczajka. "Ja, in etwa", antwortete er. "Heute bin ich mir im Grunde genommen klar, dass nicht alles in Ordnung war, was gemacht wurde."
Prozess wird aufgezeichnet
Der Angeklagte soll zum Zeitpunkt des Vorfalls Teil einer operativen Gruppe des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit gewesen sein und den polnischen Vater von drei Kindern neutralisieren sollen. Die Kinder - eine Tochter und zwei Söhne - und eine Schwester des Opfers nehmen als Nebenkläger am Prozess teil.
Wegen seiner historischen Bedeutung wird der Prozess aufgezeichnet. Die Ermittlungen zum tödlichen Schuss am Grenzübergang waren viele Jahre lang ins Stocken geraten.
Erst 2016 erhielt die Staatsanwaltschaft vom Stasi-Unterlagen-Archiv wichtige Hinweise auf einen möglichen Schützen. initially wurde angenommen, dass es sich um Totschlag handelt, bei dem die Verjährungsfrist abgelaufen wäre. Die Staatsanwaltschaft sieht nun jedoch den Tatbestand der vorsätzlichen Tötung erfüllt.
Die Einschätzung eines Historikers hat den Fall komplexer gemacht, da er Fragen zum historischen Kontext und den Ereignissen rund um den Vorfall aufwarf. Die Geschichte des Grenzübergangs Friedrichstraße, bekannt als "Tränenpalast", liefert wichtige Kontextinformationen für die Verständnis des Prozesses.