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Prozess fünf Jahre nach Ausschreitungen: Kritik von Opfervertretern

Im Spätsommer 2018 kam es in Chemnitz zu großflächigen Ausschreitungen, die international für Aufsehen sorgten. Nun soll am Montag ein weiterer Prozess gegen den Komplex beginnen. Opfervertreter sagten, es sei zu spät.

Teilnehmer des sogenannten Trauerzuges von AfD, Pegida und Pro Chemnitz am 1. September 2018. Foto.aussiedlerbote.de
Teilnehmer des sogenannten Trauerzuges von AfD, Pegida und Pro Chemnitz am 1. September 2018. Foto.aussiedlerbote.de

Extremismus - Prozess fünf Jahre nach Ausschreitungen: Kritik von Opfervertretern

Opfervertreter übten 2018 im Vorfeld eines weiteren Prozesses wegen Massenunruhen und rassistischer Übergriffe in Chemnitz scharfe Kritik an der sächsischen Justiz. Nebenklägerin Katie Long sagte am Donnerstag, sie habe immer wieder Menschen im Stich gelassen, die von rechter Gewalt betroffen seien. Der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG) sprach von einer „katastrophalen juristischen Aufklärung“. Dadurch werden die Zielpersonen abgeschreckt und radikale Neonazi-Netzwerke gestärkt.

Am Montag, mehr als fünf Jahre nach dem Anschlag, soll am Landgericht Chemnitz der Prozess gegen sieben Angeklagte im Alter zwischen 26 und 51 Jahren beginnen. Ihnen wird vorgeworfen, Teilnehmer einer Gegendemonstration nach einem sogenannten Trauerzug von AfD, Pegida und Pro Chemnitz am 1. September 2018 angegriffen zu haben. Dies ist die erste von drei Untersuchungen zum Aufruhr an diesem Tag. Nach Angaben der Justizbehörde wurden insgesamt 29 Personen identifiziert. Damals wurden 11 Menschen verletzt.

„Die extreme Rechte bündelt ihre Kräfte“

Chemnitz im Jahr 2018, Solidarität der extremen Rechten. Unterdessen betonte Heike Kleffner von der VBRG, dass dies den Beginn einer neuen Generation von Rechtsterroristen signalisiere. Sie distanzierte sich von der anschließenden Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. André Löscher erklärt, dass es sich bei den Personen, die heute vor Gericht stehen, überwiegend um organisierte Neonazis handelt. Seit vielen Jahren berät er Betroffene rechter Gewalt für den Verein RAA Sachsen in Chemnitz. Sie werden in Kampfkünsten ausgebildet, um politische Gegner einzuschüchtern, anzugreifen und ihnen Schaden zuzufügen.

Am 26. August 2018 wurde ein deutscher Mann bei einem Streit mit Asylbewerbern während eines Stadtfestes in Chemnitz erstochen. Ein Syrer wurde später wegen Totschlags verurteilt, ein weiterer Beteiligter ist auf der Flucht. Die Tat löste massive Proteste aus, neben Neonazis und Fußball-Hooligans demonstrierten zuvor unauffällige Bürger. Es kam zu rassistischen Übergriffen und es wurde ein koscheres Restaurant angegriffen, von Jagd war die Rede. Außerdem wurde eine rechtsextreme Terrororganisation gegründet.

Mehr als 240 Umfragen

Nach bisherigen Angaben lösten die Ausschreitungen mehr als 240 Ermittlungsverfahren aus. 235 Verdächtige wurden identifiziert. Dabei geht es um Volksverhetzung, Beleidigung, Widerstand und Angriff auf Polizeibeamte, Sachbeschädigung, Körperverletzung, Verstoß gegen das Versammlungsrecht und die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Für zwei weitere Angeklagte waren am Montag Anhörungen angesetzt. Das Gericht erklärte, die Vorladung könne den Bulgaren nicht zugestellt werden und das Verfahren sei daher getrennt worden. Im Fall eines anderen Mannes wurde das Verfahren eingestellt, weil „die zu erwartende Strafe angesichts der im anderen Fall verhängten Strafen unerheblich war“, erklärte ein Gerichtssprecher. Unterwegs gibt es strengere Zugangskontrollen. Stand Ende Januar sind 11 Termine geplant.

Das Gericht argumentierte, dass das Verfahren aufgrund der durch die Coronavirus-Pandemie verursachten Einschränkungen erst jetzt stattfinde. Rechtsanwalt Lang räumte ein, dass es sich hierbei um ein sehr umfangreiches Verfahren handele. Aus ihrer Sicht sollte das Ganze bundesweit offensiver vorangetrieben werden. „Das Landgericht Chemnitz hat kein Lob für die Ermittlungen zu rechter Gewalt ausgesprochen“, sagte sie. „Es ist sehr frustrierend für die Betroffenen.“

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Quelle: www.stern.de

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