Lindner plant im nächsten Jahr eine kleine Überarbeitung der Schuldenbremse
Lindner erklärt, dass die Berechnung ökonomischer Komponenten dem „aktuellen Stand der Wirtschaftsforschung“ angepasst werden sollte. Dies werde „die Bandbreite der Volatilität verändern“. Über einen Zeitraum von mehreren Jahren werde dies die voraussichtliche Verschuldung jedoch nicht erhöhen: „Denn der größere Spielraum in einer Rezession wird im Aufschwung wieder aufgefangen.“
Wirtschaftliche Faktoren führen dazu, dass in schlechten Zeiten oft neue Kredite gewährt werden, in guten Zeiten jedoch zurückgezahlt werden müssen. Die Höhe der zulässigen Nettokreditaufnahme wird anhand einer speziellen Formel berechnet.
Für den Umbau der Wirtschaft sind keine Änderungen des Grundgesetzes und damit auch keine Zweidrittelmehrheit von Bundestag und Bundesrat erforderlich. Da diese Reform lediglich Änderungen im Gesetz zur Umsetzung der Schuldenbremse erfordert, würde eine Mehrheit der Ampel-Allianz ausreichen.
Die Sozialdemokraten und die Grünen begrüßten Lindners Ideen für kleine Reformen der Schuldenbremse – auch wenn sie hinter ihren eigenen Forderungen nach einer grundlegenden Reform zurückblieben. Achim Post, stellvertretender SPD-Bundestagsabgeordneter, sagte dem Spiegel, dass es kurzfristig darum gehe, die Schuldenbremse an die aktuellen Herausforderungen anzupassen, und Lindners Vorschlag sei ein Eckpfeiler dieses Ziels. Diese kleine Reform müsse nun „sehr schnell umgesetzt“ werden. Der Grünen-Vertreter Andreas Audretsch sagte der Zeitung: „Dieses Thema muss aus der Tabuzone rücken.“
Die Gewerkschaften kritisierten Lindner hingegen scharf. „Im Wahlkampf hat er sich als Herr Schuldenbremse ausgegeben, um selbst die Schuldenbremse zu umgehen“, sagte CSU-Generalsekretär Martin Huber gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Anstatt wie versprochen Geld zu sparen und die Schuldenbremse einzuhalten, möchte er lieber die Berechnungsweise der Schuldenbremse ändern. Den Preis dafür müssen künftige Generationen zahlen.“
Am Freitag hat der Bundestag daraufhin die Schuldenbremse für 2023 zum vierten Mal in Folge außer Kraft gesetzt. Das Ampel-Bündnis begründete diese Maßnahme mit den Folgen des Krieges in der Ukraine für den Energiemarkt und den Überschwemmungen im Ahrtal. Allerdings ist die Aussetzung der Schuldenbremse eine direkte Folge des Haushaltsbeschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom November, der einen Nachtragshaushalt im Jahr 2023 erforderlich machte.
Das Karlsruher Urteil führte zu wochenlangen schwierigen Verhandlungen der Ampel-Gewerkschaft über den Haushalt 2024, für den eine Finanzierungslücke von 17 Milliarden Euro geschlossen werden muss. Am Mittwoch einigte sich die Koalition schließlich auf einen Kompromiss, wonach die Kluft durch eine Reihe von Maßnahmen, von Einsparungen über Steuererhöhungen bis hin zu Subventionskürzungen, verringert werden soll.
Allerdings soll die Schuldenbremse nach Möglichkeit auch im nächsten Jahr eingehalten werden. Allerdings schloss Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine erneute Aussetzung nicht aus, falls sich die militärische oder finanzielle Lage in der Ukraine ernsthaft verschlechtern sollte.
Seit 2011 ist die Schuldenbremse im Grundgesetz verankert. Es verlangt von Bundes- und Landesregierungen, „ihre Haushalte ohne Krediteinnahmen weitgehend auszugleichen“. Allerdings könne die Schuldenbremse „im Falle einer Naturkatastrophe oder einer außergewöhnlichen Notlage außerhalb der Kontrolle des Staates“ ausgesetzt werden.
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Quelle: www.stern.de