Das Programm für Chemnitz als Kulturhauptstadt Europas 2025 nimmt Konturen an. Es werde aber nicht alles aus dem Bewerbungsbuch umgesetzt werden können, sagte Programmgeschäftsführer Stefan Schmidtke der Deutschen Presse-Agentur. Das sogenannte Bid Book sei eine Ideensammlung, die auf ihre Machbarkeit analysiert werde. Zudem will die Kulturhauptstadt auch andere, bisher nicht berücksichtigte Themen aufgreifen. Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine wird etwa über ein Residenzprogramm für Künstler und Künstlerinnen von dort nachgedacht. Im Gespräch ist auch ein Friedenszug durch Europa.
Dieses Jahr sollen besonders Projekte im Umland forciert werden – rund um den «Purple Path», der als Kunstpfad knapp 40 Städte verbindet. Dabei gehe es darum, talentierte Künstlerinnen aus der Region zusammen mit internationalen Kunstschaffenden vorzustellen, erklärte Schmidtke. Vergangenes Jahr wurden bereits Kunstwerke von Tony Cragg, Richard Long, Friedrich Kunath, Carl Emanuel Wolff und Tanja Rochelmeyer enthüllt. Dieses Jahr werde der Fokus vor allem auf Arbeiten von Künstlerinnen liegen, betonte Schmidtke. Zudem beginnt am Aschermittwoch eine Reihe von Altarverhüllungen. Den Auftakt machen Sabine Herrmann und Michael Morgner in der Propsteikirche Chemnitz und dem Freiberger Dom.
Begleitet von verschiedenen Kunstaktionen sind zudem in Chemnitz im Frühjahr und im Herbst weitere Pflanzungen für eine «Europäische Parade der Apfelbäume» geplant. Das Projekt will bis 2025 ein Band von rund 4000 Bäumen quer durch die Stadt schaffen. Der European Peace Ride, der in Anlehnung an die Internationale Friedensfahrt das Thema Sportkultur grenzüberschreitend in den Blick nimmt, geht ebenfalls in eine weitere Auflage.
In Chemnitz selbst war zuletzt vermehrt Kritik an den Organisatoren des Kulturhauptstadtprogramms laut geworden. Dabei werden etwa Defizite in der Kommunikation geäußert, dass bei der Umsetzung der Vorhaben zu viel Zeit verstreiche und lokale Künstler und Vereine zu wenig wahrgenommen würden. Über die Arbeit informieren, sie transparent zu machen und die Menschen teilhaben zu lassen, sei ein ganz großes Thema für dieses Jahr, versicherte Schmidtke.
Aus seiner Erfahrung wisse er, dass dieses Jahr besonders neuralgisch werde. «Es geht um den Abgleich zwischen den Ideen und Wunschvorstellungen und dem, was wirklich machbar ist. Das findet in diesem Jahr statt.» Auch in anderen Kulturhauptstädten sei das Bid Book nicht zu 100 Prozent umgesetzt worden. Das finale Programm werde erst im Herbst 2024 feststehen.
In den kommenden Wochen laufen mehrere Ausschreibungen für Projekte, die das bisherige Spektrum erweitern sollen. Gesucht werden etwa Vorhaben an der Schnittstelle zu zivilgesellschaftlichem Engagement, Projekte zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Partnern in Tschechien und Polen, Ideen aus dem Bereich der urbanen Populärkultur sowie generationenübergreifende Vorhaben für Jung und Alt.
Chemnitz wird den Titel Kulturhauptstadt Europas 2025 gemeinsam mit Nova Gorica in Slowenien tragen. Unter dem Motto «C the Unseen» will die Stadt Verborgenes sichtbar machen und die «stille Mitte» in der Stadtgesellschaft aktivieren. Die Pläne werden überregional mit Interesse verfolgt. So konstatierte die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» im vergangenen Jahr: «Hier findet die wahre Documenta statt.» Das Konzept klammere die Zerrissenheit und Gefährdung der Stadt nicht aus, sondern mache sie zum eigentlichen Thema.