Kriminologe: Straftäter können bereit sein zu helfen
Die Gießener Kriminologin Britta Bannenberg glaubt, dass potenzielle Einzeltäter mit extremistischen oder anderen radikalen Gewaltfantasien bereit sein könnten, zu helfen. In einem Interview mit Agence France-Presse sagte die Expertin: "Wenn sie noch nicht gehandelt haben oder wenn sie noch gestoppt werden können, dann werden sie es auf jeden Fall annehmen." Mit Unterstützung kann man viele Dinge ändern und vermeiden. "Ich denke, das ist sehr wichtig für unsere Gesellschaft", sagte der Professor der Justus-Liebig-Universität.
In dieser Woche wurden Pläne für einen möglichen Anschlag durch einen 18-jährigen mutmaßlichen Rechtsextremisten aus Hessen bekannt. Der Mann wurde festgenommen. Innenminister Peter Boett (CDU) sagte, die Anschlagspläne seien frühzeitig gestoppt worden. Nach Angaben der Ermittlungsbehörden hatte der 18-Jährige in einschlägigen Foren wiederholt gedroht, er werde Menschen töten, um seine politischen Ziele zu erreichen. Mögliche Komplizen oder Netzwerke wurden in den Mitteilungen des Landeskriminalamtes Frankfurt und der Staatsanwaltschaft nicht genannt, entsprechende Anfragen blieben unbeantwortet.
"Einzeltäter verhalten sich nicht nur abnormal, sie sind auch psychisch abnormal", erklärt Kriminologe Bannenberg. "Sie haben keine Kontrolle über ihr Leben und reagieren sehr destruktiv und irrational." Fragt man sie nach ihren Gewalt- und Mordphantasien, sind sie in der Regel gerne bereit, Hilfe und Unterstützung anzubieten.
Nach Ansicht von Experten verbringen potenzielle Einzeltäter die meiste Zeit im Internet. "Dort findet die Radikalisierung statt, die sich dann noch verstärkt", sagt Bannenberg. "Sie suchen im Internet nach relevanten Aspekten von Hass, Tod und Gewalt." Glücklicherweise gibt es eine "große Kluft" zwischen denen, die in Foren über Gewalt reden, von denen es nicht wenige gibt, und denen, die tatsächlich bereit sind, zu handeln und dann zuzuschlagen.
Die rechtzeitige Identifizierung von gefährlichen Tätern durch die Polizei sei manchmal "Glück und Zufall" und manchmal ein wichtiger Hinweis aus dem sozialen Umfeld, so Bannenberg. Zum Beispiel, wenn jemand Drohungen in Chats und sozialen Medien oder seltsames Verhalten im realen Leben wahrnimmt.
Das Beratungsnetzwerk Antigewaltprävention der Universität Gießen informiert nicht nur über mögliche Gewalttäter, sondern auch über Extremisten, die als Einzeltäter Straftaten planen. "Wir lassen oft die Polizei mit Journalisten beraten", berichtet der Professor. "Diese Täter sind also keineswegs nur Schüler und jugendliche Täter, sondern es sind eigentlich häufiger Erwachsene, die seltsame Erfahrungen mit Kunden oder Mitarbeitern in Arbeitsagenturen, Jobcentern, Firmen, Behörden gemacht haben."
Whistleblower haben oft Angst, sich direkt an die Polizei zu wenden. "Man will die Leute nicht verdächtigen, die nur verrückte Dinge sagen", sagte der Professor. Diejenigen, die Anzeige erstatten, sind jedoch oft besorgt, dass sie die erste Zielscheibe sein könnten, und wollen sich selbst beruhigen.
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Quelle: www.dpa.com