Deutschland ist im Kampf gegen politische und administrative Korruption seit einem Jahrzehnt nicht vorangekommen. Das ist das Ergebnis des von Transparency International veröffentlichten Corruption Perceptions Index 2022. Die Bundesrepublik erzielte hier im vergangenen Jahr mit 79 Punkten genau so viele Punkte wie im Index 2012.
Um hier insgesamt Fortschritte zu erzielen, sei es wichtig, die Korruptionsbekämpfung in die nationale Sicherheitsstrategie der Bundesregierung zu integrieren, sagte die Vorsitzende von Transparency Deutschland, Aleksandra Herzog. Konkret müssen Geldwäscheaufsichts- und Vollzugsbehörden entsprechend ausgestattet werden. Ihre Stellvertreterin Margaret Bowes sagte, Skandale wie der Maskenvorfall oder der Cum-Ex-Betrug hätten zwar auf Probleme in Deutschland aufmerksam gemacht, es werde aber immer „zu langsam, zu zögerlich und nicht ehrgeizig genug“ gehandelt.
Das Baltikum rückt vor, Ungarn bricht zusammen
Zu den europäischen Ländern mit einer Aufwärtskurve im letzten Jahrzehnt gehören die baltischen Staaten wie Lettland, Litauen und Estland. Auch Griechenlands Entwicklung wird favorisiert, immer noch nicht besonders gut, mit 52 Punkten, aber einem Plus von 16 Punkten.
Ganz anders sieht es laut Transparency International in Ungarn aus, das 2022 Bulgarien als schlechtestes EU-Land im Index ablöst. Dementsprechend ist Ungarn im Laufe des Jahrzehnts um 13 Punkte auf 42 Punkte gefallen und liegt damit auf dem gleichen Niveau wie Länder wie Kuwait und Vietnam.
Die Türkei fiel im gleichen Maße und hat nun einen Wert von 36 Punkten im Index. Im Vergleich zum Vorjahr verlor sie zwei Punkte. Die Türkei hat seit 2012 13 Punkte verloren.
Russland beeinflusst politische Entscheidungen in Deutschland
Laut Transparency International wächst die Gefahr von autoritären Staaten wie Russland, Aserbaidschan, Katar und Marokko. Diese Personen nutzen “strategische Korruption”, um “unzulässig Einfluss auszuüben und ihre Interessen voranzutreiben”. Deutschland ist aufgrund seiner wirtschaftlichen und politischen Bedeutung neben US-amerikanischen und europäischen Institutionen eines der Hauptziele dieser Form der Korruption.
Die langfristigen Folgen dieser Form der Einflussnahme staatlicher Akteure sind aus Sicht von Transparency International auch im Kontext des russischen Angriffskrieges in der Ukraine zu sehen. Der Verein setzt sich für die Korruptionsbekämpfung ein, und im Falle Deutschlands: „Russland hat über die Jahre mit erheblichen finanziellen Mitteln ein Einflussnetz auf Bundes- und Landesebene aufgebaut.“ Beispiele dafür sind nicht zuletzt erstere Die lukrative Position von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) oder die Finanzierung der Landesstiftung „Klima- und Umweltschutz MV“ und Desinformationskampagnen. Auf diese Weise beeinflusst Russland politische Entscheidungen Russlands, etwa die Energiepolitik, und stärkt seine geostrategische Position.
Nach seinem Ausscheiden aus der aktiven Politik war Schroeder unter anderem Vorsitzender des Aktionärsausschusses der Nord Stream AG. Anschließend war er Vorstandsvorsitzender von Nord Stream 2, Aufsichtsratsmitglied des russischen Ölkonzerns Rosneft und Aufsichtsratsmitglied des anglo-russischen Ölkonzerns TNK-BP, der heute zu Rosneft gehört.
Deutschland liegt auf dem neunten Platz
Die Klimaschutzstiftung wurde Anfang 2021 vom Land Mecklenburg-Vorpommern gegründet, um den Klimaschutz zu fördern und gleichzeitig die Fertigstellung der russisch-deutschen Gaspipeline Nord Stream 2 aktiv zu unterstützen. Hauptstifter der Stiftung sind die Gazprom-Tochter Nord Stream 2 AG mit 20 Millionen Euro und der Staat mit 200.000 Euro.
Transparenz vergleicht Korruption im öffentlichen Sektor in Wirtschaft, Politik und Verwaltung international. In einem Ranking von 180 Ländern belegte Deutschland im vergangenen Jahr den neunten Platz. Dänemark, Finnland, Neuseeland und Norwegen sind die besten Performer im Jahr 2022. Der Index bewertet Daten von zwölf unabhängigen Agenturen, die auf die Analyse von Governance und wirtschaftlichem Umfeld spezialisiert sind. Es gibt keine Aufzeichnungen über Steuerbetrug, Geldwäsche oder illegale Finanzströme im privaten Sektor. Quellen, auf denen der Index basiert, sind unter anderem Recherchen der Bertelsmann Stiftung, der Afrikanischen Entwicklungsbank und des Weltwirtschaftsforums.
Schlusslicht des Index ist immer ein Kriegs- und Konfliktgebiet, in dem staatliche Institutionen zusammengebrochen sind. Im vergangenen Jahr fiel Somalia zurück. Zu den unteren zehn zählen Syrien, Jemen, Libyen, Venezuela und Südsudan.