Psychologie - Klimakrise: Warum manche lieber die Augen verschließen
Unangenehme Dinge werden oft beiseite geschoben, etwa die nächste Steuererklärung oder ein verspäteter Zahnarzttermin.Klimawandel ist auch eines der Themen, die viele Menschen gerne ignorieren. Das Ausmaß der Folgen müsste die Menschen eigentlich in höchste Alarmbereitschaft versetzen: Rekordhitze, Dürren und Überschwemmungen sorgen in Deutschland längst für Schlagzeilen.
Doch Probleme werden oft auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, anstatt Maßnahmen zu ergreifen. Laut der Psychologin Lea Dohm ist dieses Verhalten typisch für den Menschen und an sich nicht ungewöhnlich: „Wir müssen unterdrücken, damit wir uns auf unser tägliches Leben konzentrieren können“, sagt Dohm. „Selbst geistig gesunde Menschen verdrängen immer etwas.“
Bestimmte Themen müssen ignoriert werden, um Dauerstress zu vermeiden. Der Experte ist Psychotherapeut bei der Deutschen Allianz für Klimawandel und Gesundheit und Mitbegründer der Vereinigung Zukunftspsychologen.
kein neues Phänomen
„Wenn es um Klimathemen geht, ist Repression immer noch sehr effektiv. Wenn ich bestimmte Nachrichten oder bestimmte Leute, die mich immer wieder zu diesen Themen befragen, einfach meide, kann ich sie in meinem täglichen Leben leicht ignorieren“, sagte Dohm. Dieses Phänomen dürfte in jüngster Zeit besonders offensichtlich sein, schließlich wird aufgrund der laufenden Weltklimakonferenz in Dubai viel über die Klimakrise berichtet.
Doch schon vorher gingen viele Menschen solchen Nachrichten aus dem Weg. Fast ein Drittel der etwa 1.000 Teilnehmer einer September-Umfrage des Projekts Planetary Action for Health (PACE) gaben an, wenig oder nie über den Klimawandel zu wissen.
Für junge Menschen ein besonders belastendes Thema
Kinder und Jugendliche hätten weniger stabile psychologische Abwehrstrategien als Erwachsene, sagte Dom. Daher empfinden sie die Klimakrise eher als Stress. Das liegt aber natürlich auch daran, dass sie die Folgen des Klimawandels länger spüren müssen, sagen Psychologen.
Vielen Menschen ist dieses Thema ohnehin egal – das zeigt zumindest eine in diesem Jahr veröffentlichte Studie des Bundesumweltministeriums und des Umweltbundesamtes (Uba). In der repräsentativen Bevölkerungsumfrage bewerteten 57 % der Befragten das Thema Umwelt- und Klimaschutz als „sehr wichtig“. 85 % der Teilnehmer erleben bereits sehr starke oder schwerwiegende Auswirkungen des Klimawandels, darunter anhaltende Dürre, niedrige Wasserstände und Dürre.
Die Klimakrise könne überwältigende Auswirkungen haben und unangenehme Gefühle hervorrufen, sagte Dom. Sie glaubt, dass viele Menschen ein starkes Bewusstsein zu haben scheinen, Probleme aber unterdrücken. Dies kann folgende Gründe haben:
„Das Problem ist, dass die Menschen keine wirksamen Handlungsmöglichkeiten kennen. Wir wissen, dass Wissen über die Klimakrise psychologisch besser verarbeitet werden kann und die Menschen das Problem eher bemerken, wenn sie auch den Eindruck haben: Ich kann aktiv handeln.“ etwas."
Lasst uns gemeinsam Schritt für Schritt vorgehen
Wer sich engagieren will, müsse nicht sein ganzes Leben auf einmal verändern, sagt der Psychologe. „Man kann Wurst essen und sich gleichzeitig für den Klimaschutz einsetzen.“ Niemand in der Gesellschaft sei unschuldig. Erstens kann durch kollektives Handeln eine enorme Wirkung erzielt werden.
Verbraucherforscher Michael Bilharz stimmt zu, dass der Einzelne Verantwortung trägt. Der Wissenschaftler ist verantwortlich für den CO2-Rechner des Uba, mit dem Nutzer ihre eigene Gleichgewichtstonnage an CO2 berechnen können.
„Wenn ich meine persönliche Spur wirklich verlassen wollte, musste ich zur Sache kommen“, sagte Billharz. Die sogenannten Big Points beziehen sich auf Bereiche, die einen besonders großen Einfluss auf den ökologischen Fußabdruck haben, darunter Wärmeenergie, Verkehr, Ernährung und Stromerzeugung. Generell gilt, je höher das Einkommen, desto höher der Konsum, erklärte Birharz.
Umweltschutz kann auch Ihren Geldbeutel schonen
Wäre es nicht teuer, Ihr Verhalten zu ändern? Nicht unbedingt, sagen Wissenschaftler. „Zum Beispiel kann ein maßvoller Konsum viel zur Schonung der Umwelt beitragen – kleinere Wohnungen, kleinere Autos, keine Flugreisen. Das sind alles Maßnahmen, die gut für das Klima und die Umwelt sind und viel Geld sparen.“
Dabei geht es nicht darum, jede Strategie auszunutzen. Jeder muss seine individuellen Möglichkeiten abwägen.
Der Wissenschaftler hält es für einen Fehler, sich mit kleinen Maßnahmen wie dem Kauf von Bambuszahnbürsten zufrieden zu geben. „Es gibt einem ein gutes Gefühl“, sagte Billharz. „Wenn wir unseren Wohlstand retten wollen, müssen wir die Klimakrise in den Griff bekommen und eine klimaneutrale Wirtschaft und Lebensweise erreichen.“
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Quelle: www.stern.de